Im Jahre 2010 werde ich 70 sein.....

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sporthotti
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Registriert: Fr 25. Mär 2005, 17:58

Im Jahre 2010 werde ich 70 sein.....

Beitrag von sporthotti »

Ich möchte mich Ihnen vorstellen, weil ich im Jahre 2010 siebzig sein werde und dann vieleicht eine Ihrer Patientinnen bin.

Da es mir dann vieleicht nicht mehr möglich ist, meine Wünsche auszudrücken, möchte ich Ihnen bereits jetzt erklären, wie ich als Langzeitpatientin behandelt werden möchte.

Erstens möchte ich meine Identität bewahren: Ich heiße Frau Mills und möchte auch so genannt werden.
Nicht Oma oder Rose oder die Dame von Bett Nr.9, sondern Frau Rosemary Mills-das ist der Name, mit dem ich am besten vertraut bin.
Auch sehr wichtig für mich ist mein Privatleben.
Könnte ich vieleicht ein eigenes Zimmer bekommen?
Wahrscheinlich nicht, aber, liebe Schwester, sorgen Sie doch bitte dafür , dass mein Bett durch eine Sichtwand abgeschirmt wird, während ich gewaschen und angezogen werde oder Toilette mache.
Wäre es möglich, das, wenn ich gewaschen werden muss, das Wasser angenehm warm ist und nicht nur lauwarm? Ich wasche mich nicht gern kalt, und wenn ich alt bin, bin ich noch kälteempfindlicher.
Bitte trocknen Sie mich sorgfältig ab; es ist so unangenehm, noch Feuchtigkeit auf dem Körper zu spüren. Und wenn dies in einem abgetrennten Raum geschieht, so das meine Würde nicht verletzt wird.
Als ich noch als Krankenschwester tätig war, habe ich immer besonders auf meine Fingernägel geachtet. Ich hoffe , dass man sie mir kurz und sauber hält. Außerdem werde ich alle paar Wochen eine Fußpflege benötigen. Falls ich mich nicht mehr alleine anziehen kann, hätte ich gern, das die Krankenschwester, die mir dabei hilft, sorgfältig vorgeht, damit ich so nett wie möglich aussehe. So sollen die Blusen und Pullover, die sie mir anzieht,zu meinen Röcken passen und meine Strickjacke zum jeweiligen Kleid. Ich würde nicht gern verschiedenfarbene Strümpfe und Strumpfhosen mit Laufmaschen tragen, oder sehen müssen, dass der Unterrock unter dem Kleit heraushängt und , bitte Schwester, drehen Sie nicht meine Strümpfe über dem Knie !
Wäre es möglich, dass man mich nach dem Anziehen kämmt und bitte , vergessen Sie nicht, mir die Zähne zu putzen!
Einmal in der woche hätte ich gern, dass man mir die Haare wäscht und legt, aber bitte-keien farbigen Spangen oder schleifen ins Haar.
Falls ich tagsüber im Gemeinschaftsraum sitzen muss-wäre es möglich, das hier zeitweilig Ruhe herrscht? Es ist doch sicher nicht nötig, den ganzen Tag das Fernsehen anzustellen, ganz gleich , ob jemand zuschaut oder nicht!
Wenn man mir ein Buch zum lesen gibt, wäre es schön, wenn auch meine Brille, falls ich eine brauche, in Reichweite läge.
Wenn ich bei den Mahlzeiten nicht mehr in der Lage bin, mein Essen mundgerecht zu verkleinern, würden Sie das dann für mich tun?
Falls nötig, werde ich auch mit dem Löffel essen, nur sollte das Gericht dann in einem tiefen Teller serviert werden, damit ich die Speise nicht um den Teller herumjagen muss. Könnte ich anstelle eines Lätzchens eine Serviette, selbst eine aus Papier bekommen?
Werden Sie nicht gleich ungeduldig, wenn ich etwas von meinem Tee verschütte oder zu langsam bin, und bitte, verfallen Sie nicht gleich darauf, mich "füttern" zu wollen, wenn ich etwas Mühe beim Essen habe.
Sollte ich Blase und Darm nicht mehr kontrollieren können-wäre es trotzdem möglich, mich weiterhin als einen normalen Menschen zu behandel?Könnten Sie versuchen, nicht die Nase zu rümpfen, wenn Sie beim Bett aufschlagen bemerken, das dieses verschmutzt ist?
Nennen Sie mich nie einen Schmutzfink", schimpfen Sie nicht mit mir und bringen Sie mich nicht in Verlegenheit.
Sie dürfen nich glauben , dass ich absichtlich das Bett beschmutzt habe. Darf ich in diesem fall hoffen, Binden und entsprechende Höschen zu bekommen, anstatt das mir aus Bequemlichkeitsgründen ein Katheter eingesetzt wird?
Ich möchte nicht mit einen Urinbeutel als ständigem Begleiter herumlaufen.
Dieses würde zwar die Neugier meiner Enkelkinder wecken, mich selbst aber in Verlegenheit bringen.
Könnte man mich auch trotzdem noch regelmäßig zur Toilette bringen, mir die Binden wechseln und mich nich den ganzen Tag im Stuhl sitzen lassen, obwohl es eine undankbare Aufgabe ist?
Es wäre sehr freundlich von Ihnen, wenn Sie sich für meine Familie interessierten, für die Fotografien auf dem Schrank, für meine Enkelkinder, wenn diese mich besuchen; es wäre jedoch nicht nett zu fragen, warum meine Tochter sich nicht um mich kümmert oder warum mein Sohn oder meine Familie mich nicht zu sich genommen haben.
Vieleicht bin ich bereits zu sehr behindert, als das sie mich pflegen können, oder sie wollen es erst gar nicht versuchen; was auch immer der Grund sein mag-ich möchte nicht darauf angesprochen werden.
Ich würde es schätzen, falls dies möglich ist, gelegentlich ausgeführt zu werden, vieleicht in einem Kleinbus, oder im Frühling dei Bäume blühen zu sehen oder die Lämmer auf den Weiden, und im Sommer ein Blick auf das Meer zu werfen, oder einfach bei schönen Wetter im Garten zu sitzen.
Sollte ich senil sein und Ihre Wünsche nicht verstehen-bitte schelten Si mich nicht, das macht mich nur unruhig und verwirrt.
Vieleicht werde ich auch aggressiv; behandeln Sie mich trotzdem freundlich und mit Nachsicht.
Meine Welt wird hier , auf der Langzeitstation immer kleiner-darum lassen SIE MICH an Ihrer Welt teilhaben.
Erzählen Sie mir von Ihrer Familie, Ihren Freunden oder was Sie an Ihrem freien Tag gemacht haben.
Meinerseits möchte ich Ihnen von früher erzählen.
Tun Sie doch so, als ob es Sie wirklich interessiert, wenn ich Ihnen das gleich wie gestern und vorgestern erzähle.....
Bedenken Sie, das etwa die Nachricht von der Heirat einer jungen Krankenschwester oder der Geburt eines Kindes, das Bild einer Braut in Ihrem Hochzeitsgewand oder der Blick auf ein Neugeborenes mich wochenlang beschäftigen und mir Gesprächstoff liefern können.
Meine Wünsche und Bedürfnisse scheinen kein Ende nehmen wollen, Schwester, doch sind sie so alle einfach zu erfüllen.
Was ich brauche , ist Wärme,richtiges Essen und jemanden, der mich liebevoll versorgt.
Ich habe Ihnen viel zum Nachdenken gegeben Sie werden jetzt nicht nur an mich, sondern auch für mich denken müssen.

Die Verfasserin dieses Briefes an eine Krankenpflegeschülerin war Krankenschwester in einem Altenpflegeheim in England.

Gruß Horst :wave



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Stift
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Registriert: Di 22. Mär 2005, 13:30

Beitrag von Stift »

danke das du diesen Text hier reingestellt hast!
sehr lesenswert! musste beim Leen einige Male schlucken, aber die Verfasserin des Textes hat absolut Recht, ihre Wünsche stellen ja nur da, wie man jeden pflegebedürftigen Mensch behandeln soll.



Snoopy77
Beiträge: 369
Registriert: Sa 26. Feb 2005, 21:22

RE: Im Jahre 2010 werde ich 70 sein.....

Beitrag von Snoopy77 »

hallo horst :wave ,ich hatte diesen brief schon irgendwo mal gelesen.aber als ich den grade las,musste ich nicht nur schlucken,z.T. auch mal lächeln.ja ja so ist das leben.aber mal ehrlich:selbst wenn eine bewohnerin oder patientin solche bitten ans personal hätte,wer bzw.WELCHE pflegekraft würde dies im dauerzustand wirklich machen :( ?????was soo schade ist,denn jeder mensch hat rechte egal in welcher form :music gruss luci


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Hohenstein
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Registriert: Fr 7. Jan 2005, 16:09

RE: Im Jahre 2010 werde ich 70 sein.....

Beitrag von Hohenstein »

das ist ja echt klasse, es öffnet einem mal die Augen, das auch ältere menschen normal behandelt werden möchten, aber es oft in den Pflegeheimen nicht werden und das ist traurig. Denn es sind ja keine unerfüllbaren Wünsche , sondern nur normale Dinge die man täglich selber macht.



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Stift
Beiträge: 56
Registriert: Di 22. Mär 2005, 13:30

Beitrag von Stift »

das schon aber die haben in der Regel Familie oder Angehörige...



sporthotti
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Beitrag von sporthotti »

@Hohenstein

Jeder Mensch ob alt oder jung, hat das Recht normal behandelt zu werden.

Leider wird es in stationären Einrichtungen nicht so gesehen :(

Das Problem in der Pflege ist, das es zum größten Teil nicht mehr möglich ist das die Pflegekräfte miteinander arbeiten.

Würden die Pflegekräfte miteinander arbeiten, wäre alles viel leichter, und man könnte die Bewohner die kleinen Dinge des täglichen Lebens erfüllen.

Gruß Horst :wave



sporthotti
Beiträge: 12
Registriert: Fr 25. Mär 2005, 17:58

Beitrag von sporthotti »

Wie euch ja schon bekannt ist, bin ich bei einer Leasingfirma tätig, das mir sehr gut gefällt.

Bevor ich zu einer Leasingfirma gewechselt habe, war ich in stationären Einrichtungen tätig wo ich nicht lange geduldet wurde, weil ich meinen Mund aufgemacht habe und nicht mit den Strom mitgeschwommen bin.

Dadurch bin ich des öfteren Arbeitslos gewesen, das mir aber völlig egal war.
Ich kann doch nicht zuschauen bzw. wegschauen wie Menschenunwürdig die Bewohner behandelt werden, dafür liebe ich meinen Beruf viel so sehr.

Gruß Horst :wave



sporthotti
Beiträge: 12
Registriert: Fr 25. Mär 2005, 17:58

RE: Wenn ich siebzig bin

Beitrag von sporthotti »

@Marie

Ich habe Pflegekräfte kennen gelernt die bei Bewohner die sich nicht mehr äußern können Macht ausüben X( , und wenn die Bewohner sich dann durch kratzen, beißen, hauen wehren wird gleich Bedarfsmedikation aufgrund der aggression eingesetzt.

Du glaubst garnicht wie oft ich schon Auseinandersetzungen mit Pflegekräften und Vorgesetzten ( PDL/WBL ) hatte.

Das dazu führte, das ich des öfteren entlassen worden bin, was mir aber egal war.

Und glaube mir, ich werde immer wieder meinen Mund aufmachen wenn Bewohner Menschenunwürdig behandelt werden.

Ich habe die Einstellung: Nicht wegschauen, sondern eingreifen.

Gruß Horst :wave



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DrRinderwahn
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Beitrag von DrRinderwahn »

ja das ist gut das du es reingestellt hast aber ich würde es an deiner stelle schriftlich beim Notar hinterlegen


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sporthotti
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Registriert: Fr 25. Mär 2005, 17:58

Beitrag von sporthotti »

@DrRinderwahn

Glaubst Du wirklich das es etwas bringen würde?


Gruß Horst



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