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bettgitter

Verfasst: Fr 23. Apr 2004, 09:14
von LARA
hi,
im fach betreuungsrecht kam die frage nach der rechtlichen seite auf, wenn man das bettgitter hochzieht und es passiert etwas. diese frage bezieht sich auf den ambulanten dienst, in heimen bekommt man das ja über einen fixierungsbeschluss abgesegnet. uns wurde geraten kein gitter selber hochzuziehen sondern das die angehörigen machen zu lassen .
wie macht ihr das ????

RE: bettgitter

Verfasst: Fr 23. Apr 2004, 22:46
von schensi
Die Fixierung z.B. mittels Bettgitter stellt nach BGB eine freiheitsentziehende Maßnahme dar. Sie ist nur möglich auf Wunsch des Bewohners / Patienten bzw. mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
In Ausnahmefällen, z.B. bei Selbstgefährdung des Bewohners, ist ein Hochstellen des Bettgitters für max. 24 Stunden möglich. Wichtig: Ihr solltet das unbedingt und lückenlos dokumentieren.

Allerdings verstehe ich die Unterscheidung zwischen ambulant und stationär auch nicht ganz.

RE: bettgitter

Verfasst: Sa 24. Apr 2004, 19:06
von LARA
Original von schensi
Die Fixierung z.B. mittels Bettgitter stellt nach BGB eine freiheitsentziehende Maßnahme dar. Sie ist nur möglich auf Wunsch des Bewohners / Patienten bzw. mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
In Ausnahmefällen, z.B. bei Selbstgefährdung des Bewohners, ist ein Hochstellen des Bettgitters für max. 24 Stunden möglich. Wichtig: Ihr solltet das unbedingt und lückenlos dokumentieren.

Allerdings verstehe ich die Unterscheidung zwischen ambulant und stationär auch nicht ganz.
hi,
der unterschied ist das man in öffentlichen einrichtungen(kh, altenheim) auf jeden fall einen fixierungsbeschluss braucht. im ambulanten dienst wird er auf wunsch des patienten oder der besorgten angehörigen hoch gemacht, deshalb meine frage danach wer haftet falls was passiert

lg

Verfasst: Sa 24. Apr 2004, 22:08
von schensi
Eine Unterscheidung zwischen ambulant und stationär gibt es nicht und kann es nicht geben. Vgl. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

RE: bettgitter

Verfasst: So 25. Apr 2004, 00:06
von Dirk Höffken
Hallo Lara.

Einen Unterschied zwischen ambulanter und stationärer Pflege bei freiheitseinschränkenden Maßnahmen gibt es nicht. Ebenso wenig gibt es einen Unterschied zwischen Pflegekräften und Angehörigen. Sind Angehörige gleichzeitig gesetzliche Betreuer können sie einmalige oder kurzfristige Fixierungen genehmigen (schriftlich!!!) . Wobei Unterbringung und unterbringungsähnliche Maßnahmen zum Aufgabenkreis gehören müssen. Bei längerer oder regelmäßiger Fixierung ist zusätzlich die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes nach § 1906 Abs. 4 BGB erforderlich, und zwar (entgegen dem Wortlaut der Vorschrift) auch bei bereits untergebrachten Betreuten.

Zu Beachten ist allerdings, dass meiner Meinung nach an Pflegefachkräfte höhere Ansprüche zu stellen sind als an Angehörige. Auch in der ambulanten Pflege.

Wie bereits in den vorherigen Beiträgen erwähnt wurde, sind freiheitsbeschränkende Maßnahmen wie z.B. Bettgitter mit Einwilligung des Pflegebedürftigen immer zulässig. Zu Beachten ist hierbei allerdings, dass der Pflegebedürftige verstehen muss, in welche Maßnahme er einwilligt. So ist z.B. die Einwilligung eines hochgradig desorientierten Patienten (Bewohners) unbeachtlich.

Wirksam ist auch eine Einwilligung, die im Zustand der Einwilligungsfähigkeit für einen späteren Zeitpunkt, zu dem die Einsichtsfähigkeit krankheitsbedingt eingeschränkt ist, gegeben wird. Hierüber sollte man sich unter anderem in Pflegeheimen ein paar Gedanken machen.

Das freiheitseinschränkende Maßnahmen kurzfristig auch ohne Einwilligung, richterlichen Beschluss, u.s.w. zulässig sind wurde ja schon Erwähnt. Hier greifen die sog. Rechtfertigungsgründe. Ich halte es allerdings für mehr als Fraglich ob eine zeitliche Festlegung juristisch haltbar ist. Eine Pflegekraft die eine Patienten im Krankenhaus 24 Stunden die Freiheit entzieht, wird sich im Falle einer juristischen Aufarbeitung mit Sicherheit einigen Problemen gegenübersehen. Selbst wenn ein Rechfertigungsgrund zweifelsfrei vorliegt. Hier ist unverzüglich ein Arzt zu benachrichtigen. Auch im ambulanten Bereich halte ich diese Zeitspanne für Unhaltbar. Zumal die Pflegekraft hier keine Kontrollmöglichkeiten mehr besitzt.

Bei der Haftungsfrage wird es ohne konkreten Fall bzw. Fallbeispiel schwierig. Zuerst einmal muss ja zwischen straf- und zivilrechtlicher Haftung unterschieden werden. Im Zivilrecht unterscheidet man dann noch einmal zwischen der Haftung aus Vertrag und der Haftung aus Delikt. Die Gerichte stützen ihre Urteile mittlerweile sehr Stark auf die pflegefachliche Seite. Das heißt z.B. nicht jeder Sturz ist ein Pflegefehler. Hier ist die Justiz zum Teil schon weiter als die Pflege.

Wenn du Konkreter wirst, helfe ich dir gerne. Ansonsten müsste man einen „Roman“ verfassen.

MfG DH

Zitat:
Der ehrgeizige Bürokrat träumt davon, dass seine Feder eines Tages zur Lanze befördert wird. - Zarko Petan (slowenischer Aphoristiker (geb. 1944))

RE: bettgitter

Verfasst: So 25. Apr 2004, 06:17
von LARA
Original von Dirk Hoeffken
Hallo Lara.



Wenn du Konkreter wirst, helfe ich dir gerne. Ansonsten müsste man einen „Roman“ verfassen.

MfG DH

Zitat:
Der ehrgeizige Bürokrat träumt davon, dass seine Feder eines Tages zur Lanze befördert wird. - Zarko Petan (slowenischer Aphoristiker (geb. 1944))
Hallo,
wir hatten das im rahmen des rechtsunterrichtes besprochen. ich erzählte von einer klientin die sehr depressiv ist und bei der auf eigenen wunsch das bettgitter hochgezogen wird. dies geschieht schon seit jahren. es steht nicht in der doku und der anwalt sagte er würde es nicht hoch machen an unserer stelle. dies sagte ich in der ambulanten einrichtung und fragte nach ihrer meinung. die pp´s sagten halt das der ehemann es wüsste und das sie meinen , wenn es z.b brennt und die frau kommt nicht aus dem bett, der ehemann nichts machen könnte weil er es verlangt hat.
im §1906 IV BGB stehen nur anstalt, heim oder sonstige einrichtungen , also nichts über den häuslichen bereich.
als fertige ex. altenpflegerin würde ich es dokumentieren oder wenn es garnicht nötig ist, es nicht hochziehen nur als schülerin bin ich da erstmal in einer anderen position. daher meine frage was ihr darüber denkt.

lg und lieben dank für alle bisherigen antworten

RE: bettgitter

Verfasst: So 25. Apr 2004, 10:19
von Dirk Höffken
Hallo Lara.

Ist eurer Klientin klar in welche Maßnahme sie Einwilligt bestehen keine rechtlichen Bedenken.

Aus welchem Grund setzt ihr nicht einfach ein kurzes Einwilligungsschreiben auf, welches dann von eurer Klientin unterzeichnet wird? Damit wäre das Problem aus der Welt. Wir haben z.B. einen Vordruck den ein einwilligungsfähiger Patient unterschreiben muss, bevor das Bettgitter angebracht wird. Zusätzlich wird es Dokumentiert. In Zweifelsfällen wird dann noch der ärztliche Dienst informiert. Kann der Patient nicht mehr rechtswirksam Einwilligen und sind freiheitseinschränkende Maßnahmen unumgänglich geht halt alles seinen Gang. Freiheitseinschränkende Maßnahmen mit der Genehmigung des Arztes, ggf. Information an den Betreuer und Antrag an das Vormundschaftsgericht.

Im Falle des nicht unter Betreuung stehenden Klienten (Patienten, Bewohners) ist im Zivilrecht u.a. eher der § 823 BGB (Schadensersatzpflicht) einschlägig:

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.


§ 1906 BGB findet hier gar keine Anwendung.

MfG DH

Zitat:
Die Menschenwürde ist so hoch angesetzt, dass ziemlich viel unten durch passt. - Norbert Schneider (zu Big Brother)