Vater lehnt Hilfe ab

Bietet pflegenden und betreuenden Angehörigen die Möglichkeit, Erfahrungen auszutauschen, Unterstützung bei Konflikten mit Heimen oder ambulanten Pflegediensten oder fachkundigen Rat in speziellen Fragen zur Pflege und Betreuung.
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*SP58*
Beiträge: 6
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Vater lehnt Hilfe ab

Beitrag von *SP58* »

Hallo liebe Forumsmitglieder,

ich muss dringend was los werden:

meine Mutter (76) ist seit knapp 2 Jahren PS II (Steele-Richardson-Olszewski-Syndrom, Morbus Binswanger). Die Betreuung hat mein 78-jähriger Vater, der noch relativ fit ist, übernommen.

1 - 2 mal pro Woche kommt entweder meine Tante (74) oder ich, damit mein Vater zum Arzt oder einkaufen gehen kann, weil meine Mutter 24 Stunden Betreuung braucht. Außer Wäsche waschen/bügeln, was mein Vater nicht macht, dürfen wir aber nichts helfen. Nichts was wir machen, ist richtig oder gut genug. Besonders was mich betrifft, mein Vater hat mir noch nie etwas zugetraut. Dabei bin ich inzwischen 56 und habe einen eigenen Haushalt. Mein Vater nimmt auch keine Verhinderungspflege, stundenweise Ersatzpflege oder Hilfe durch einen Pflegedienst in Anspruch. Sich mal Zeit für sich zu nehmen oder sich mit anderen Angehörigen auszutauschen, lehnt er ab und eine Psyche hat er sowieso nicht. Dabei ist er aber unberechenbar jähzornig, ein falsches Wort oder ein kleiner Fehler reicht und es gibt wieder Streit. Ich weiß, dass meine Mutter das hasst, sie ist von der Friede-Freude-Eierkuchen-Fraktion. Immer den Mund halten und schlucken. Kein Wunder, dass wir beide seelisch so kaputt sind. Anders als früher kann ich nicht mehr ruhig sein. Ich bin kein Kind mehr, ich gebe meinem Vater keine Macht mehr über mich. Aber die Stimmung ist jedes mal so schlecht, dass ich am liebsten nicht mehr hinfahren würde. Ich mache es nur aus Mitleid mit meiner Mutter.

Meine Eltern wohnen in einer engen Mietwohnung, in der man nur schwer mit dem Rollstuhl rangieren kann, aus dem meine Mutter fast nicht mehr rauskommt. Die Türen sind sehr schmal, besonders die Badtür. Meine Mutter muss aus dem Rollstuhl aufstehen und allein ins Bad gehen, wo kaum zwei Leute Platz haben. Dabei ist sie schon oft gestürzt. Zudem gibt es in dem Ort bald nur noch einen Hausarzt, der keine Patienten mehr annimmt, außer einem Zahnarzt keine Fachärzte, kein Krankenhaus.

Mein Mann und ich haben den beiden vorgeschlagen, in die Stadt zu ziehen, wo wir wohnen. Und zwar in eine behindertengerechte Seniorenwohnung. Wir hätten auch den Umzug abgewickelt. Nicht nur, dass es bei uns viele Ärzte, 2 Krankenhäuser, viele Geschäfte gibt. Ich hätte auch öfter vorbeikommen können. Ich wohne mit meinem Mann zwar nur ca. 65 km entfernt, aber Hin- und Rückfahrt mit ÖPNV, Fußwege und Wartezeiten nehmen fast 4 Stunden in Anspruch. Dann wäre meine Mutter auch wenigstens mal wieder aus der Bude rausgekommen, was jetzt nicht der Fall ist.

Aber der Vorschlag wurde rigoros abgelehnt. Mein Vater sagt, das sei ihm zu teuer. Dabei weiß ich, dass sie genügend Geld hätten. Meine Mutter glaubt immer noch, dass sie irgendwann mal wieder besser laufen und bis zum Lebensende in dieser Wohnung bleiben kann. In ein Heim gehe sie sowieso nicht, vorher bringe sie sich um. Schöne Aussichten!

Mein Vater könnte von mir aus auch in Urlaub fahren, aber er tut es nicht, sondern hat versucht, meinen zu sabotieren. Es war ein acht Tage dauernder Nervenkrieg und ich war am Ende soweit, eine Kurzzeitpflege für meine Mutter zu organisieren. Ich habe nicht eingesehen, warum wir wegen solcher Spinnereien auf den Urlaub verzichten und das Geld in den Sand setzen sollen. Zumal mein Mann über eine Zeitarbeitsfirma beschäftigt ist und ich arbeitsuchend bin und wir durchaus nicht jedes Jahr oder gerade mal eben so nach Lust und Laune wegfahren können.

Ich hatte ein schlechtes Gewissen wegen der Kurzzeitpflege und ich weiß, meiner Mutter wäre es auch nicht recht gewesen, obwohl sie das Gegenteil behauptet hat. Meine Tante ist sowieso sauer auf mich, weil ich das überhaupt in Erwägung gezogen habe. Ich komme mir vor wie ein Monster, weil ich nicht nur an meine Mutter, sondern auch an meinen Mann und mich denke. Und ich habe grauenhafte Angst vor der Zukunft, wie das noch alles werden soll.
Zuletzt geändert von *SP58* am Mi 6. Aug 2014, 14:11, insgesamt 1-mal geändert.



resigniert
Beiträge: 318
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AW: Vater lehnt Hilfe ab

Beitrag von resigniert »

Ich war auch Angehörige.
Ich bin Krankenschwester.
Kenne also beide Seiten.
Meine Mutter war sehr schwierig, sie wusste bis zum Schluss was sie wollte, was sie brauchte, was ihr gut tat.
Das waren durchaus Dinge die ich anders sah.
Aber es war ihr Leben! Das ging mich nichts an, das musste ich nicht verstehen, nur akzeptieren.

Allerdings war ich dann auch meiner Mutter gegenüber erwachsen geworden.
Ich habe ihr meine Grenzen mitgeteilt und mich dann daran gehalten.
So konnte sie ihr Leben bis fast bis zum Schluss leben und ich hatte kein schlechtes Gewissen mehr.

Solange ein erwachsener Mensch nicht unter Betreuung lebt darf er durchaus anders leben als wir Kinder es möchten.

Wie dein Vater mit dir umgeht kannst du dir gefallen lassen oder du kannst ihm die Grenzen aufzeigen.

Ich habe meine Mutter übrigens von ganzem Herzen geliebt (noch immer), aber das war auch nur möglich weil ich uns beide als voll erwachsene Personen, die dann auch mit den Konsequenzen ihres Handelns leben müssen, gesehen habe.

Natürlich immer mit dem Auge auf Gefährdung

Alles Gute



*SP58*
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AW: Vater lehnt Hilfe ab

Beitrag von *SP58* »

Hallo resigniert,

ich versuche auch nicht mehr, meine Eltern zu verstehen, sondern zu akzeptieren, wie sie sich durchwursteln. Ich habe auch nie versucht, ihnen etwas aufzudrängen. Aber ich finde es einfach traurig, wenn Menschen sich selbst das Leben so schwer machen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob meine Mutter weiß, was ihr guttut. Wie gesagt, sie glaubt ja immer noch, dass sie eines Tages wieder besser laufen kann. Vielleicht tut sie auch nur so, eben als wenn man sich an den letzten Strohhalm klammert.

Meine Eltern machen einfach so weiter, als hätte sich nicht groß was verändert. In meiner Familie wird ignoriert und verdrängt, was unbequem ist, selbst wenn es das Leben so beeinträchtigt wie eine Krankheit. Einfach so, als wäre es nicht da.

Sollte ich in eine solche Situation kommen, möchte ich die Wahrheit über meinen Gesundheitszustand wissen, damit ich mich damit auseinandersetzen und mein Leben entsprechend ändern kann. Mein Mann und ich unterhalten uns oft darüber. Er ist auch der Ansicht, wenn man schon krank ist, soll man sich so gut es geht das Leben (z. B. durch Hilfsmittel) erleichtern.

Wir haben auch schon seit Jahren Patientenverfügungen, Betreuungsvollmachten, Organspendeausweise und einen Platz im Friedwald. Nicht, weil wir keine Kinder haben, sondern weil wir darüber selbst entscheiden wollten.

Wenn ich mich nicht darum gekümmert hätte, hätten meine Eltern sowas bis heute nicht, bekämen kein Pflegegeld und wüssten gar nicht, was ihnen alles zusteht. Ganz konnte ich mich also nicht heraushalten.



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doedl
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AW: Vater lehnt Hilfe ab

Beitrag von doedl »

Ich würde mal mit der Kasse der Mutter telefonieren und die fragen, ob sie keine Pflegeberater haben und ggf. hinschicken können.

Ein Rat von Familienangehörigen (zumal wenn solche Konstellationen vorhanden sind, wie bei Dir) stößt auf taube Ohren- der Rollenwechsel vom allmächtigen Vater, der IMMER weiß, was gut und richtig ist, zum Empfänger von Rat durch die Tochter funktioniert ja offensichtlich nicht.

Die Pflegeberaterin sollte aber eingeweiht sein, dass sie tunlichst nicht auf Deine Veranlassung kommt, sondern eben von der Kasse.

Vielleicht ein gangbarer Weg-

Gruß Doedl


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*SP58*
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AW: Vater lehnt Hilfe ab

Beitrag von *SP58* »

Hallo Doedl,

danke für Deinen Rat, aber ich glaube, das kann ich mir sparen. Es ist nicht so, dass meine Eltern nicht wissen, was gut und möglich ist. Sie WOLLEN es einfach nicht.

Z. B. haben uns beim Einkauf schon Leute angesprochen, ob wir noch nichts vom Fahrdienst für Behinderte gehört haben und wollten davon erzählen. Meine Eltern machten "pfft", winkten ab und ließen die Leute stehen. Die Frau von der Sozialstation hat sich auch schon den Mund fusselig geredet, was die Betreuung angeht.

Meine Eltern hören zu, machen dann aber doch, was sie wollen. Stur war mein Vater schon immer, aber jetzt ist meine Mutter genau so und es wird immer schlimmer.

Gruß



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AW: Vater lehnt Hilfe ab

Beitrag von doedl »

Hi Du,

wenn Deine Eltern keiner Logik zugänglich sind und darauf bestehen, dass sie ihr Leben alleine organisieren können und wollen, dann müssen sie aber auch mit den Konsequenzen leben.

DIE dürfen sie dann nicht auf Dich abschieben!!!

Ich finde es absolut unverantwortlich, wenn alte Menschen keinerlei Überlegungen anstellen, wie sie mit Alter, Gebrechlichkeit und Pflegebedürftigkeit umgehen werden, sondern Vogel- Strauß Politik betreiben und dann ihre Kinder "springen" zu lassen. Die haben dann gefälligst da zu sein, egal ob das geht, in deren Lebensplanung passt oder nicht.

Sowas nenne ich Egoismus pur und warne Dich eindringlich davor, das Spielchen mitzuspielen.

Gruß Doedl


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Benutzer 10209 gelöscht

AW: Vater lehnt Hilfe ab

Beitrag von Benutzer 10209 gelöscht »

Ein Problem, das ich täglich sehe.

Die Eltern können ihre Kinder einfach nicht als kompetent anerkennen.

Hochqualifizierte Kollegen haben hier die Konsequenz gezogen, und einen
ambulanten Pflegedienst eingeschaltet.

Plötzlich sind die Eltern einer Beratung zugänglich.



*SP58*
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AW: Vater lehnt Hilfe ab

Beitrag von *SP58* »

Hallo doedl,

schön, dass das außer meinem Mann noch jemand so sieht. In meiner Familie ist seit Generationen Selbstaufgabe an der Tagesordnung. Ich sehe das eben anders und ecke an.


Hallo Elfriede,

kann ich einfach einen ambulanten Pflegedienst einschalten? Ich bin nicht Betreuer/Vormund meiner Eltern.


Die letzte "Glanzleistung" meiner Eltern (von der ich nur zufällig durch meine Tante erfahren habe): Vor ein paar Wochen ist meine Mutter wieder gestürzt, weil sie nicht begreifen kann/will, dass es nicht mehr so wie früher geht. Mein Vater, der weniger wiegt als meine Mutter, wollte sie aufheben, hatte sich dabei selbst den Rücken verletzt und Schmerzen. Das haben sie nicht mal dem Arzt erzählt. Ich denke schon länger, dass es für alle Fälle besser wäre, wenn sie einen Hausnotruf hätten. Von meiner Tante habe ich gehört, mein Vater hätte dieselbe Idee gehabt. Aber jetzt will der Hausarzt meine Mutter plötzlich in Reha schicken (wenn die Krankenkasse mitmacht) und alle glauben, danach kann sie wieder besser laufen. Also ist dieses Thema auch vom Tisch.



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doedl
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AW: Vater lehnt Hilfe ab

Beitrag von doedl »

Neee lass sie in die Reha gehen!!!!

Am besten machst Du mit dem behandelnden Arzt vor Ort einen Gesprächstermin und schilderst ihm, wie es zu Hause bei Deinen Eltern "abgeht".

Dort muss Deine Mutter nämlich zuhören (und der Vater dann gezwungenermaßen auch)

Gruß Doedl


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Benutzer 10209 gelöscht

AW: Vater lehnt Hilfe ab

Beitrag von Benutzer 10209 gelöscht »

Ab in die Reha !

Inzwischen suchst Du nach dem nächsten "Pflegestützpunkt"
(frag die Kasse) und lässt Dich beraten.http://forum.pflegenetz.net/images/icons/icon3.gif



Benutzer 10209 gelöscht

AW: Vater lehnt Hilfe ab

Beitrag von Benutzer 10209 gelöscht »

Hausnotruf ist klar sinnvoll.
Wird bei vorhandener Stufe von der Pflegekasse übernommen.
(Bis auf einmalig geringe Anschlußkosten) Manche Anbieter
verzichten sogar darauf.
Nähere Infos --- Pflegestützpunkt



*SP58*
Beiträge: 6
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AW: Vater lehnt Hilfe ab

Beitrag von *SP58* »

Ich warte jetzt mal ab, ob die Reha zustande kommt.

Den behandelnden Hausarzt meiner Eltern interessiert bestimmt nicht, wie es bei denen zuhause zugeht. Der ist gedanklich schon im Ruhestand. Einmal hat er bei meinem Vater einen Hausbesuch gemacht und bei der Gelegenheit nicht mal meine Mutter gefragt, wie es ihr geht, sondern ist einfach an ihr vorbeigelaufen. Als meine Mutter sich mit der Reha einverstanden erklärte, motzte er herum, dass er sich dann abends noch eine Stunde lang hinsetzen müsste und ihren Antrag durchgucken/bearbeiten.

Was den Hausnotruf angeht, lasse ich mir mal Unterlagen vom Hausnotruf Deutschland schicken. Ist auf alle Fälle auch für mich und meinen Mann interessant. Pflegebedürftigkeit hat ja nicht nur mit Alter zu tun.



thomas09
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AW: Vater lehnt Hilfe ab

Beitrag von thomas09 »

Hausnotruf Deutschland?

Frage einfach mal bei den Hilfsorganisationen nach
Rotes Kreuz, Maltäser, Johanniter, ASB
die haben einen Hausnotruf
also "Schlüsseldienst",
ich drücke auf den Alarmgeber den ich um den Hals oder am Handgelenk habe oder 24Std. Alarm und es kommt einer mit nem Schlüssel und schaut
30-50€ /Monat
dann gibt es noch den

Pflegenotruf,
der dann auch einfache Pflegetätigkeiten verrichtet, der kostet dann meist etwas mehr.

Pflegenotruf bietet aber nicht jeder an.



*SP58*
Beiträge: 6
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AW: Vater lehnt Hilfe ab

Beitrag von *SP58* »

Hallo Thomas09, hallo Elfriede,

auf den Hausnotruf Deutschland bin ich hier durch ein Pflegenetz-Forum aufmerksam geworden.

Im Moment werde ich mich allerdings um gar nichts kümmern. Erst, wenn meine Eltern mich darum bitten. Das klingt vielleicht hart, aber mein Vater will alles selbst managen. Ich bin da irgendwie außen vor.

Euch allen ein schönes Wochenende.



resigniert
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AW: Vater lehnt Hilfe ab

Beitrag von resigniert »

:) das ist die richtige Einstellung, so hart es sich anhört :yo



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