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Bin ich zu Egoistisch???

Verfasst: Mo 5. Sep 2011, 19:30
von dead
Hallo zusammen

Ich muss mir meinen Frust von der Seele schreiben, denn zu Hause kann ich das nicht.
Meine Oma (90) ist seit 5 Jahren pflegebedürftig. Seit 2 Jahren stärker, da sie gefallen ist. Ich lebe mit ihr, meinem Vater und meinem Bruder in einem Haus. mein Vater hat vor 3 Jahren neu geheirtatet, sie wohnt nicht in unserem Haushalt. Mein Vater kümmert sich seit jahren um Oma. Nun ist es so das ich ihn entlasste, indem ich am Wochenende meistens Sa auf So zu Hause schlafe und er dann bei seiner Frau ist. So morgens mache ich dann den Haushalt usw. In der woche kommt ein Pflegedienst(morgens). Diese machen die Grundpflege. Dazu muss mna sagen Oma ist sehr anstrengend. Sie denkt nur an sich. Sie braucht keinen Pflegedienst, sie will in ihrem Bett schlafen und nicht in unsere Essecke. (da steht mittlerweile ein Pflegebett, Rollstuhl etc.)Den Gehstock braucht sie auch nicht usw. Nun fange ich im November eine Arbeit an. (Im Pflegeheim) auf 100%. ich frage mich echt wie das dann zu Hause laufen soll. die anderen Kinder meine Oma kümmern sich nicht und ich sehe es nicht ein an meinem freien we bei Oma zu sein. Ich brauche doch auch mal ruhe. Und mein Vater braucht auch entlasstung. Ich sehe uns schon in drei Monaten auf den Kniescheiben rumrutschen weil wir beide fertig sind. Meine Oma will nicht insd Altenheim und mein Vater kann sich nicht durchsetzten, will das alles nicht hören und wiegelt immer ab. Das wird schon, abwarten etc. Ich kann es nicht mehr hören. Bin ich egoistisch wenn ich ausziehe? Ich will ihn auch nicht im stich lassen. Ich dreh noch am rad.
Danke fürs zuhören

AW: Bin ich zu Egoistisch???

Verfasst: Di 6. Sep 2011, 07:55
von johannes
Gemeinsam leben funktioniert nur dann, wenn jeder bereit ist, dem anderen Luft zum Atmen zu lassen. Keiner hat das Recht, alle anderen zu vereinnahmen.

Wenn Jesus sagte: "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!" hat er damit klare Grenzen gesteckt. Er wollte nicht, daß ein Mensch sein Leben aufgibt. Genauso wenig wollte er, daß ein Mensch von einem anderen Menschen total vereinnahmt wird.

Mir scheint, ihr habt in der Vergangenheit versäumt, diesen Grundsatz in eurer Familie näher zu betrachten. Jetzt wird es sicher schwer sein, der Oma verständlich zu machen, daß auch sie Rücksicht zu nehmen hat auf euer Leben. Aber es ist nicht unmöglich. Ein Mensch, der voll im Arbeitsleben steht, hat auch einen Anspruch an persönliche Entfaltung. Daran ist überhaupt nichts Egoistisches zu finden.

Wenn Du zunächst mit Deinem Bruder und Deinem Vater über die veränderte Situation redest (Deine Berufstätigkeit) und ihr euch einigen könnt, ggf. den ambulanten Dienst stärker einzubinden, habt ihr den schwersten Schritt schon hinter euch. Wenn die Versorgung der Oma in eurer Eßecke einfacher zu handhaben ist, solltet ihr euch darauf verständigen, daß dieser Weg auch gegen den Willen der Oma beschritten werden muß. Ab und zu sollte man schließlich auch seinen Verstand walten lassen. Dieser Beschluß sollte dann von euch gemeinsam der Oma vermittelt werden.

Könnt ihr euch nicht einigen, hast Du immer noch die Möglichkeit, den anderen deutlich zu machen, daß Dein Einsatz sich auf gelegentliche Unterstützung beschränken wird (was Du dann auch durchziehen mußt). Merken sie, daß du es ernst meinst, kann dies zu einem Umdenken bei ihnen führen.

Du hast auch die Möglichkeit, Deiner Oma deutlich zu machen, daß Du sie nicht mehr so versorgen kannst wie bisher, weil Du jetzt Vollzeit arbeiten mußt. Sie wird aller Voraussicht nach nicht begeistert sein und meckern. Da solltest Du jedoch fest bleiben und einen Strich ziehen. Auch eine Oma hat keinen Anspruch auf Unterwürfigkeit. Es gibt auch für sie Grenzen.

Würde die häusliche Versorgung Deinen Vater und Deinen Bruder überfordern, bleibt immer noch die Überlegung, Oma stationär versorgen zu lassen und von der Familie menschlich zu begleiten. Das eine schließt das andere ja nicht aus. Verantwortung kann viele Seiten haben, die gleichwertig nebeneinander stehen.

AW: Bin ich zu Egoistisch???

Verfasst: Mi 7. Sep 2011, 20:02
von Regina Dettenrieder
Als pflegende und berufstätige Angehörige kann ich Johannes nur beipflichten. Vieles, was anfangs nur mit schlechtem Gewissen mach- oder gar unvorstellbar erschien, erwies sich im Nachhinein als ein für alle längst notwendiger Schritt. Veränderungen können Kräfte freisetzen, und zwar bei allen. Dass ein derartiger Prozess reibungslos abläuft, darf nicht erwartet werden und sollte nicht entmutigen.

Alles Gute wünscht

Regina Dettenrieder

Du bist nicht egoistisch!

Verfasst: Do 29. Sep 2011, 20:52
von Britta1980
Hey,
habe deinen Beitrag gelesen und die Gefühle kamen mir sehr bekannt vor. In dieser Situation ist man einfach total überfordert und seelisch und körperlich am Ende. Hinzu kommen diese Schuldgefühle. Ich habe auch immer geglaubt, dass ich das alles tun muss, weil ich meinen Lieben das schuldig bin. Immerhin waren Sie wie ich klein war auch für mich da. Und meine Eltern, nun die waren mit der Pflege meiner Großmutter auch überfordert. Immerhin waren wir alle Laien, hatten vorher nie etwas mit der Pflege zu tun. Meiner Großmutter wollten wir ein gemütliches Zuhause bieten und zum Schluss hatte meine Mutter eine Gürtelrose und mein Vater einen Bandscheibenvorfall. Hätte mit den richtigen Infos rund um die Pflege nicht wirklich sein müssen.
Seitdem versuche ich da immer ein bisschen auf dem Laufenden zu bleiben. Aktuell ist gerade im Bezug auf deine Schuldgefühl ein interessanter Beitrag online: http://www.curendo.de/psychologische-hi ... tigen.html
Fand das Portal insgesamt ganz cool. Ist noch ziemlich neu, aber haben auch einen ziemlich guten Newsletter. Schau doch einfach mal rein, vielleicht findest Du da ja noch ein paar Infos, die du brauchen kannst.
VG

AW: Bin ich zu Egoistisch???

Verfasst: Mo 10. Okt 2011, 23:34
von Lena V.
Hi dead,

wenn ich auch noch etwas dazu sagen darf...also, wenn ich das so lese...OMG ... irgendwann muss man auch mal an sich denken. Das ist absolut nicht böse gemeint, aber man hat auch noch ein eigenes Leben, eigene Familie und wem nutzt es was, wenn man nur schlecht gelaunt, frustriert und einfach nur fertig ist.???? Keinem. Deshalb wäre ich in deiner/eurer Situation für ein Pflegeheim. Es gibt viele gute Heime (arbeite selbst in einem ;) ) und da brauch man auch keine Angst vor haben. Fang erstmal mit einer 4 wöchigen Kurzzeitpflege an und dann kann man sehen. Oft habe ich auch erlebt, dass die Senioren im Pflegeheim nocheinmal richtig aufblühen. Daheim schauten sie tag ein tag aus die gleichen vier Wände an und hatten zu nichts mehr lust und kapselten sich ab, doch im Pflegeheim, unter gleichaltrigen, und den ganzen Beschäftigungen usw blühten sie förmlich auf.
Und was auch noch zu erwähnen ist, viell wird sie es euch anfänglich zum Vorwurf machen, aber euere Beziehung wird sich im Lauf der Zeit entspannen und du hast nicht immer den Druck hinter dir: Was ist mit Oma...