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Artikel & Leserbrief Pflegekammern

Verfasst: Mi 10. Aug 2005, 05:51
von Dirk Höffken
Hallo,

gerade wollt ich mich nach einer langen Nacht vor den Büchern ins Bett legen als mir ein Artikel aus der Zeitschrift „Pflege Aktuell“ des DBfK in die Hände fiel. Ich kam nicht umhin ganz schnell einen Leserbrief zu verfassen. Den überarbeite ich zwar noch mal, aber ich würde mich jetzt schon über Meinungen sowohl zum Artikel als auch dem Leserbrief freuen.

MfG DH

Zitat:
Sag deinem Nächsten nicht die Meinung, sondern deine Meinung. - Unbekannt

Mangelnde Resonanz

Verfasst: Mi 10. Aug 2005, 19:58
von Dirk Höffken
Hallo,

die mangelnde Resonanz überrascht mich in diesem Fall so ein bisschen. Ihr werdet schließlich in Zukunft die Pflegekammer finanzieren! Da hat man doch eine Meinung, oder?

Folgende Zeilen gehen an die Autorin des obigen Artikels. Mal sehen ob und wenn ja wie sie antwortet.

Sehr geehrte Frau Skibicki,

ich stehe der Errichtung von Pflegekammern eher skeptisch gegenüber. Diese Skepsis wird durch ihren Leserbrief "Brauchen wir eine Pflegekammer" erschienen in der Verbandszeitschrift "Pflege Aktuell" Juli/August 2005 noch gestärkt.

Zu Beginn versuchen Sie in einem Drittel des Gesamttextes die Errichtung von Pflegekammern über die Existenz von Kammern in anderen Berufen zu rechtfertigen. Natürlich muss der Pflege die selben Rechte wie allen anderen Berufsgruppen zugestanden werden! Sie verschweigen aber, dass die bereits bestehenden Kammern anderer Berufsgruppen zum Teil heftiger Kritik und massivem Widerstand ihrer Zwangsmitglieder, der zahlenden Basis, ausgesetzt sind. Sie verwenden das Zitat eines Herrn RA Roßbruch " Berufskammern fördern auf Grund ihrer Nähe zu beruflichen Wirklichkeit die Ausbildung eines solchen Expertentums". Vielen Zwangsmitgliedern bereits bestehender Kammern würde dieser Satz die Tränen in die Augen treiben. Entweder vor Lachen oder vor Zorn. Mit dieser, in weiten Teilen berechtigten, Kritik an der Zwangsverkammerung setzen Sie sich in keiner Weise auseinander. Ohnehin verzichten Sie wohlweislich auf das Wort Zwang.

Ihrer Aussage "Der Berufsstand muss sich klar und eindeutig für eine grundsätzliche Vertretung aussprechen" kann sich jede berufspolitisch engagierte Pflegekraft nur anschließen. Darauffolgend offenbart sich aber, was Sie damit meinen. Die angeblichen Interessensvertreter der Pflegekräfte, z.B. die Berufsverbände müssen der grundsätzlichen Vertretung zustimmen. Nicht die in Zukunft zur Zahlung verpflichteten Pflegekräfte! Woher soll denn auch die pflegerische Basis wissen was gut für sie ist? Sie müssen sie zu ihrem Glück zwingen!

"Wer aber in Zukunft im Gesundheitswesen eine Rolle spielen will, muss in den sauren Apfel einer Pflichtmitgliedschaft beißen. Der Beitrag ist gering, gegenüber den Vorteilen, die eine Verkammerung bringen würde." schließt die Aneinaderreihung Ihrer Behauptungen ab. Wie gering wird der Beitrag denn ungefähr sein? Gering für Sie als Pflegedirektorin? Was ist mit den unzähligen Pflegekräften die am Existenzminimum leben? Die in letzter Zeit erhebliche Einschnitte bei den Gehältern und die Erhöhung ihrer Arbeitszeit hinnehmen mussten. Ist der Beitrag für diesen Teil der Pflegekräfte auch gering? Welche Vorteile ergeben sich für die pflegerische Basis durch eine Zwangsverkammerung? Konkret! Sicherheit den gleichen Qualitätsstandards zu unterliegen und legitimiert Pflege auszuüben sind Phrasen. Ist die Altenpflegerin im Pflegeheim nicht weit von mir etwa gegenwärtig nicht legitimiert Pflege auszuüben?

Versprechungen sind wie Schneebälle - leicht zu machen, schwer zu halten. Mehr als Versprechungen bieten Sie der pflegerischen Basis aber nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Höffken

MfG DH

Zitat:
Sie können meinen Enthusiasmus nicht wecken. Ich habe keinen. - Unbekannt

Hoheitliche Aufgaben – Aufgaben Pflegekammer

Verfasst: Mi 10. Aug 2005, 21:20
von Dirk Höffken
Hallo Fibula.

Hoheitliche Aufgaben sind alle Maßnahmen die auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts stattfinden. Also Aufgaben die im Prinzip dem Staat obliegen. Der Staat kann diese Aufgaben z.B. durch Gesetz auf beispielsweise eine Pflegekammer übertragen. Die Pflegekammer wäre dann eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Ihre Aufgabe wäre z.B. die Abnahme des Examens. Diese Übertragung hat auch andere juristische Auswirkungen. So wäre eine Pflegekammer berechtigt Verwaltungsakte zu erlassen. Dies können die jetzigen Berufsverbände als privatrechtliche Organisationen nicht. Gegen Verwaltungsakte besteht die Möglichkeit des Widerspruches. Anschließend öffnet sich die Tür zu den Verwaltungsgerichten. Privatrechtlich sind die ordentlichen Gerichte z.B. Landgericht zuständig. Der Verwaltungsrechtsweg ist gem. § 40 I 1 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung) eröffnet, wenn es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt. Dies wäre allerdings zum jetzigen Stand der Dinge keine Änderung, denn gegen hoheitliche Entscheidungen der Behörden z.B. der Regierungspräsidien ist auch der Widerspruch gegeben und anschließend die Klage vor den Verwaltungsgerichten.

Die Aufgaben einer Pflegekammer in Niedersachsen (Information vom Förderverein)

- Überwachen und Kontrolle der pflegerischen Taetigkeiten zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger des Landes Niedersachsen vor gesundheitlichen Nachteilen und Schäden durch unsachgemäße Pflege.

- Unterstützung der Maßnahmen zur Gesundheitsförderung zum Wohle der Allgemeinheit.

- Förderung, Regelung, Anerkennung und Sicherung von Aus-, Fort- und Weiterbildung für ganz Niedersachsen.

- Beratung des Gesetzes- und Verordnungsgebers; Beteiligung bei Gesetzgebungsverfahren; Kooperation mit der öffentlich-rechtlichen Verwaltung, insbesondere der Ausbildungsreform.

- Implementierung und Durchsetzung einer für alle Angehörigen der Pflegeberufe in Niedersachsen gültige Berufsethik.

- Gutachtertätigkeit und bestellen von Sachverständigen für Niedersachsen.

- Professionalisierung der Pflegeberufe.

- Fördern der Qualitätssicherung; Zusammenarbeit mit anderen Qualitätssicherung - Stellen.

- Schiedsstellentätigkeit zur Beilegung von Streitigkeiten, die sich aus der Berufsausübung zwischen Mitgliedern oder zwischen diesen und Dritten ergeben.

- Abnahme von Prüfungen aller prof. Pflegeberufe in staatlicher Beauftragung.

- Registrierung der prof. Pflegenden in Niedersachsen.

- Vergabe von Lizenzen und Zertifikationen aller Pflegekräfte in Niedersachsen.

- Kooperation und Zusammenarbeit mit anderen Nationalen und Internationalen Organisationen im Gesundheitswesen.

MfG DH

Zitat:
Jeder Zwang ist Gift für die Seele. - Ludwig Börne (1786 - 1837), deutscher Publizist, eigentlich Löb Baruch

Links - Informationen

Verfasst: Mi 10. Aug 2005, 21:59
von Dirk Höffken
Hallo Fibula,

hier mal ein paar Links. Nach dem Lesen dürfte meine Abneigung gegen alle Kammern hoffentlich etwas verständlicher sein. Es gibt noch wesentlich mehr Gründe:

http://www.pflegekammer-niedersachsen.de

http://www.ihk-zwang-nein.de

http://www.welt.de/data/2005/02/15/463730.html

http://www.taz.de/pt/2005/05/14/a0009.nf/text

http://www.gasthof-achalm.de/ihk.html

Der Widerstand gegen die bestehenden Kammern und deren Zwangsmitgliedschaft ist groß und wächst täglich. Die Pflege hat nichts besseres zu tun als sich so ein Monstrum aufzuhalsen. Bis man es dann wieder los wird vergehen Jahre wenn nicht Jahrzehnte.

Insgeheim hoffe ich ja doch auf eine Antwort auf meine Mail, wobei ich nicht glaube das diese kommen wird.

MfG DH

Zitat:
Freier Mann hasst allen Zwang. - Deutsches Sprichwort

Antwort auf meine Mail

Verfasst: Fr 12. Aug 2005, 22:51
von Dirk Höffken
Hallo.

Frau Skibicki hat auf meine E-Mail geantwortet. Wofür ich mich an dieser Stelle noch einmal herzlich bedanken möchte. Um beide Seiten der Medaille zu beleuchten ihre Antwort:


Sehr geehrter Herr Höfken,

leider kenne ich Ihren beruflichen Hintergrund nicht, nehme aber an , dass Sie in der Pflege tätig sind. Ich freue mich über jede Reaktion, auch wenn sie an manchen Stellen mir Dinge im Tun und Handeln unterstelllen. Dieser Aufruf ist ein erster Schritt um mehr Öffentlichkeit herzustellen. Die Pflicht- oder Zwangsmitgliedschaft ist überhaupt kein Tabuthema. Das wir die Mängel und Probleme anderer verkammerter Berufe kennen, darauf können Sie sich verlassen. In der beruflichen Selbstverwaltung gibt es leider aber keinen anderen Weg als eine Kammer. Unsere Vorstellungen gehen daher auch in die Richtung, in Form eines Beirates Öffentlichkeit herzustellen, Patienten und Angehörige mit einzubeziehen und keine berufsinterne Nabelschau zu betreiben. Ich unterstelle keinesfalls der Altenpflegerin in dem Heim neben Ihnen, dass sie nicht gut pflegt. Unser Anliegen ist aber gerade, dass die aufkommenden und schon vorhandenen Probleme im Gesundheitswesen nicht der Einzelne vor Ort durchstehen muss, sondern durch eine starke Vertretung geschützt wird. Diese Vertretung ist leider zu finanzieren, auch wenn ein Teil öffentlich rechtliche Aufgaben sind, muss ein Teil durch die Berufsangehörigen finanziert werden. Wir gehen zur Zeit von einem Betrag von ca 10 Euro pro Monat aus. Ich stehe nicht dahinter, weil ich Ihrer Meinung nach als Pflegedirektorin das Geld spielend bezahlen kann, sondern weil ich als Pflegedirektorin erlebe, wie überall Pflege auf Grund finanzieller Bedingungen definiert wird und ein Arbeitsplatz nach dem anderen wegrationalisiert wird. Ich engagiere mich seit über 20 Jahren und habe mein ganzes Berufsleben, auch als Krankenschwester in der direkten Pflege, immer Beiträge für Verbände und Vereinigungen bezahlt, da ich erkannt habe, dass der Einzelnen nicht ausrichten kann.

Ich würde mich über einen weiteren Dialog mit Ihnen freuen.

Mit freundlichen Grüßen

M.Skibicki


Ich hoffe das das Thema Pflegekammer im Forum und der gesamten pflegerischen Öffentlichkeit auf mehr Resonanz, ob nun positiv oder negativ, stößt. Es geht um eure Zukunft!

MfG DH

Zitat:
Meinungen sind gute Vertreter von Standpunkten. - © Erhard Blanck (*1942), deutscher Heilpraktiker, Schriftsteller und Maler