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Patientenverfügung part 2

Verfasst: Mo 17. Mär 2008, 08:01
von LYNNpascatrix
das alte thema Patientenverfügung ist schon zu alt um noch etwas dazu zu schreiben, deswegen leider titelwiederholung...

nun zu meinem problem:. :confused:

heute morgen im letzten rundgang meiner nachtschicht hatte meine liebe frau z. plötzliche atemnot, benutzte atemhilfsmuskulatur, brodelnde lungengeräusche, rr und puls ok, marmorierte beine, und schon seit längerer zeit seit einer schenkelhalsfraktur ödeme in den beinen... so. natürlich alles gemacht was man so macht, schon das handy gezückt und die bewohnerin sagt japsend "keinen arzt!" :eek:
hat aber in ihrer patientenverfügung stehen, sobald absehrbar ist das das hirn keinen schaden nimmt und ein würdevolles leben (genauer wortlaut gehlt mir jetzt) gewährleistet ist möchte sie erste hilfe und auch weitere maßnahmen, die ich jetzt leider auch nicht mehr im kopf habe...
:smile
vor lauter verzweiflung hab ich erstmal meine wbl angerufen, die meinte sie sei für sowas jederzeit erreichbar. sie meinte trotzdem den notarzt rufen. aber welches recht habe ich? wenn sie doch sichtlich sterben möchte - kann ich es dann einfach lassen? sie ist völlig orientiert und herr ihrer sinne!

ich bitte um antwort, auch wenn das thema schon etwas älter ist... denn ich mache mich wirklich große gedanken. ich habe nämlich den notarzt geholt, doch der konnte sie nicht mitnehmen, weil sie absolut gesagt hat: nicht in krankenhaus!!! jetzt kriegtse grad 5l O2 und hat ohne ne sättigung von 63!!!!

würde das als aktive sterbehilfe zählen, oder gar als unterlassenen hilfeleistung? :confused:

AW: Patientenverfügung part 2

Verfasst: Mo 17. Mär 2008, 13:28
von *Angie*
Also - ich hole immer den Arzt, denn das ist meine Pflicht. Sage dem aber auch am Tel dann schon, dass derjenige eine Patientenverfügung hat, Herr seiner Sinne ist (obwohl das ist bei uns nicht - bin im Dementenbereich) und eigentlich keinen Arzt will.

Die Arztinfo wird dann dokumentiert.

Habe bisher keinen Arzt erlebt, der dann nicht trotzdem gekommen wäre und meistens wollten dann die Patienten auch behandelt werden - wenn nicht sogar ins KH gebracht werden.

Ich werde trotz Patientenverfügung immer den Arzt informieren - was er daraus macht, ist letztendlich seine Entscheidung.
Will der Arzt dann allerdings den Patienten trotz dementsprechender Verfügung dann gegen dessen offensichtlichen Willen einweisen und behandeln, stelle ich mich auf die Hinterbeine für den Patienten.

Ich würde mich sonst fühlen, als hätte ich mich der "unterlassenen Hilfeleistung" schuldig gemacht ...

In Deinem Profil steht "beschützendes Wohnen" ........ und dann ist die Frau wirklich
völlig orientiert und Herr ihrer Sinne?
Das verstehe ich jetzt nicht ganz ....

„Was-Wäre-Wenn-Situation“!

Verfasst: Mo 17. Mär 2008, 16:56
von Dirk Höffken
Hallo LYNNpascatrix.

[quote=""LYNNpascatrix""]
... „würde das als aktive sterbehilfe zählen, oder gar als unterlassenen hilfeleistung? :confused: “ ...[/quote]
Es ist eine „Was-Wäre-Wenn-Situation“!

Hättest du keinen Arzt hinzugezogen und wäre bei dem beschriebenen Sachverhalt die Dame verstorben und würde sich ein Staatsanwalt damit beschäftigen wäre der Vorwurf mit einiger Wahrscheinlichkeit der des Totschlags in minder schwerem Fall (§ 213 StGB).

Einziger von dir begangener Fehler war der Anruf bei der WBL. Du hättest gleich einen Arzt hinzuziehen müssen.

Gruß Dirk

AW: Patientenverfügung part 2

Verfasst: Mo 17. Mär 2008, 20:27
von LYNNpascatrix
hallo Pflegeengel
ja, ich bin auf dem beschützenden bereich, aber ich hatte nachtdienst fürs ganze haus, alle drei stationen, da sind auch orientierte bewohner :)

Hallo Dirk
ja, das schlechte gewissen hatte ich auch schon. aber ich habe den "sachverhalt" nicht richtig beschrieben. als ich das erste mal rein kam hat sie nur etwas gehustet, wollte nur da fenster geöffnet haben. beim zweiten mal brodelte schon die lunge etwas, die bewohnerin sagte aber mit fester stimme: kein arzt! und weil ich nicht wusste was nu richtig ist, wollt ich mich über die wbl absichern, hab ihr alles durchgegeben, sie sagte erstmal: keinen arzt. erst als sie dann kam, sich der AZ in der zeit etwas verschlechtert hatte, riefen wir den notarzt über ihren kopf hinweg... glaub mir, ich habe mich mit dieser entscheidung wirklich nicht leicht getan...

AW: Patientenverfügung part 2

Verfasst: Mo 17. Mär 2008, 20:54
von lemuelreist
Hallo!

Die sogenannte Patientenverfügung ist nicht an Pflegekräfte adressiert, Adressaten sind lediglich Ärzte!
Pflegekräfte können also nicht über eine Arzt-Info aufgrund Patientenverfügung pro/contra entscheiden, müssen dies aus allein fachlichen Gründen tun.
Im Sinne der Beziehung Klient/Pflegekraft kann dies störend sein, rechtlich ist da m.E. aber kein Handlungsspielraum!

Liebe Grüsse,
Lemuel

AW: Patientenverfügung part 2

Verfasst: Mo 17. Mär 2008, 21:33
von *Angie*
Die sogenannte Patientenverfügung ist nicht an Pflegekräfte adressiert, Adressaten sind lediglich Ärzte!
Pflegekräfte können also nicht über eine Arzt-Info aufgrund Patientenverfügung pro/contra entscheiden, müssen dies aus allein fachlichen Gründen tun.
Im Sinne der Beziehung Klient/Pflegekraft kann dies störend sein, rechtlich ist da m.E. aber kein Handlungsspielraum!
Jepp - genauso sehe ich das auch! Danke - hast Du gut ausgedrückt ;) !

AW: Patientenverfügung part 2

Verfasst: Mo 17. Mär 2008, 21:46
von LYNNpascatrix
mir ging es jetzt auch nicht nur zwingend um die patientenverfügung, das sehe ich nämlich genau so.

aber die frage ist was hättet ihr gemacht, wenn eure bewohnerin ausdrücklich gesagt hätte: keinen arzt? das ist mein eigentliches problem!

AW: Patientenverfügung part 2

Verfasst: Mo 17. Mär 2008, 21:51
von *Angie*
Naja - Arzt angerufen und der Dame klargemacht, dass ich sie zwar verstehen kann, aber dass es MEINE PFLICHT ist, einen Arzt anzurufen und dass ich mich strafbar mache, wenn ich es nicht tue.
Aber ich würde der Dame auch dann sagen, dass sie die Behandlung durch den Arzt dann dem Arzt gegenüber verweigern kann, wenn er vor Ort ist.

Es gehört zu unseren Aufgaben, den Arzt zu rufen - da gibts kein "wenn und aber" ...

Kurzantworten

Verfasst: Mo 17. Mär 2008, 22:34
von Dirk Höffken
Hallo,

Kurzantworten zwingen zur Informationsreduzierung und bergen immer das Risiko der Fehlinterpretation. Im geschilderten Fall spielen mehrere Faktoren ineinander. Die Patientenverfügung ist nur ein Baustein, der zu meiner Antwort führt.

Grundsätzlich, setzen wir die Bindwirkung einmal voraus, wirkt eine Patientenverfügung gegen jeden. Nicht nur Ärzte sondern auch Pflegekräfte, Betreuer, Richter, Angehörige u.s.w. sind an den in einer wirksamen Patientenverfügung niedergelegten Willen gebunden.

Insgesamt scheint bei diesem Thema, das jede Pflegekraft täglich treffen kann, noch ein großes Informationsdefizit zu herrschen.

Gruß Dirk

AW: Patientenverfügung part 2

Verfasst: Mo 17. Mär 2008, 23:20
von *Angie*
Grundsätzlich, setzen wir die Bindwirkung einmal voraus, wirkt eine Patientenverfügung gegen jeden. Nicht nur Ärzte sondern auch Pflegekräfte, Betreuer, Richter, Angehörige u.s.w. sind an den in einer wirksamen Patientenverfügung niedergelegten Willen gebunden.
Das wäre dann aber zB völlig konträr zu meiner "Arbeitsplatzbeschreibung", in dem ich mich ja verpflichtet habe ..... blabla - Du weißt schon ...

AW: Kurzantworten

Verfasst: Di 18. Mär 2008, 09:23
von LYNNpascatrix
[quote=""Dirk Höffken""]
Insgesamt scheint bei diesem Thema, das jede Pflegekraft täglich treffen kann, noch ein großes Informationsdefizit zu herrschen.
Gruß Dirk[/quote]

ja, das stimmt. meine ausbildung habe ich erst im herbst beendet, bin damit aber das erste mal in kontakt getreten, und leider muss ich zugeben habe ich rechtskunde nicht gerade gut aufgepasst, wie mir scheint (aber ich bin mir sicher, das wie die patientenverfügung so nicht durchgesprochen haben).

durch fehler lernt man, und ich bin absolut lernbereit, sonst würde ich mich nicht täglich hier im forum aufhalten :D

AW: Patientenverfügung part 2

Verfasst: Di 18. Mär 2008, 16:22
von Dirk Höffken
Hallo Pflege-Engel.

[quote=""Pflege-Engel""]
Grundsätzlich, setzen wir die Bindwirkung einmal voraus, wirkt eine Patientenverfügung gegen jeden. Nicht nur Ärzte sondern auch Pflegekräfte, Betreuer, Richter, Angehörige u.s.w. sind an den in einer wirksamen Patientenverfügung niedergelegten Willen gebunden.
Das wäre dann aber zB völlig konträr zu meiner "Arbeitsplatzbeschreibung", in dem ich mich ja verpflichtet habe ..... blabla - Du weißt schon ...[/quote]
Nein, woher sollte ich deine Arbeitsplatzbeschreibung kennen?

Mir drängt sich die ganze Zeit eine Frage auf:

Wieso wird in diesem Fall soviel Wert auf die Patientenverfügung gelegt?

Gruß Dirk

AW: Patientenverfügung part 2

Verfasst: Di 18. Mär 2008, 18:47
von LYNNpascatrix
ich glaube, ich hätte des thema nicht nach meinem nachtdienst eröffnen sollen... so im nachhinein hab ich da ziemliches durcheinander geschrieben...

also MIR ging es jetzt eigentlich nicht um die patientenverfügung an sich (wie oben beschrieben) sondern eigentlich um ihre aktuelle aussage (keinen Arzt) die zu ihrem schriftlichen wunsch nach lebenserhaltenden maßnahmen irgendwie nicht passte. nach was ich mich dann da zu richten habe. nach der aussage oder dem schriftlich abgesichertem stück, aktuell war sie auf jedem fall aber ihre meinung scheint sich ja geändert zu haben, was die 1. hilfe an geht...

ich weiß das ich vom AG dazu verpflichtet bin, aber gegenüber der bewohnerin bin ich auch verpflichtet auf ihre wünsche einzugehen! für mich ist das einfach ein hin und her... jetzt etwas verständlicher? :confused:

AW: Patientenverfügung part 2

Verfasst: Di 18. Mär 2008, 23:41
von Dirk Höffken
Hallo LYNNpascatrix.

[quote=""LYNNpascatrix""]ich glaube, ich hätte des thema nicht nach meinem nachtdienst eröffnen sollen... so im nachhinein hab ich da ziemliches durcheinander geschrieben...[/quote]
Es gibt schlimmeres. Manchmal bin ich vielleicht zu kompliziert. Ich versuche mich zu bessern.

[quote=""LYNNpascatrix""]
also MIR ging es jetzt eigentlich nicht um die patientenverfügung an sich (wie oben beschrieben) sondern eigentlich um ihre aktuelle aussage (keinen Arzt) die zu ihrem schriftlichen wunsch nach lebenserhaltenden maßnahmen irgendwie nicht passte. nach was ich mich dann da zu richten habe. nach der aussage oder dem schriftlich abgesichertem stück, aktuell war sie auf jedem fall aber ihre meinung scheint sich ja geändert zu haben, was die 1. hilfe an geht... [/quote]
Eine Patientenverfügung ist der höchstpersönliche Ausdruck des Willens für den Moment, an dem ein Mensch nicht mehr selbst entscheiden kann. Es bedarf hier keiner Schriftform, diese dient primär der Klarheit. Solange die Dame orientiert ist, ist ihr Wille zu respektieren! Mag er auch im Widerspruch zur Patientenverfügung stehen. Problematisch wird es, wenn der Wille sich vermutlich geändert hat, eine Person ihn aber nicht mehr kundtun kann. Dem Problem müssen wir uns hier zum Glück nicht stellen.

Warum dann gegen ihren Willen einen Arzt rufen?

Nun hat sich deiner Schilderung nach der Zustand der Dame plötzlich verschlechtert, so das du Sorge um ihr Leben hattest oder bleibende Gesundheitsschäden befürchten musstest. Der Wille des Patienten ist auch für Juristen ein hohes Gut. Zwangsbehandlungen haben zum Glück seltenheitswert. In Notsituationen wird der Wille einer Person jedoch u.U. für unbeachtlich erklärt.

Im Zweifelsfall solltest du die Entscheidung ob eine Notsituation vorliegt und der Wille zu beachten ist oder nicht einem Arzt überlassen. Der mag das nicht unbedingt besser können, aber du bist soweit wie möglich auf der sicheren Seite.

Gruß Dirk