Idee für App-Entwicklung: gute Sache oder Finger weg?

Bietet Pflegebedürftigen, Angehörigen, Mitarbeitern, ehrenamtlich Engagierten, Berufsbetreuern und allen die Zeuge von Verletzungen der Menschenwürde sind, die Möglichkeit darüber zu berichten sowie Rat und Unterstützung einzuholen. Positive Beispiele und Vorbildhaftes kann hier ebenfalls hervorgehoben werden.
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bigsister
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Idee für App-Entwicklung: gute Sache oder Finger weg?

Beitrag von bigsister »

Hallo Pflegenetz!

ich entwickle Smartphone Apps, und überlege derzeit folgendes Projekt:

Eine App die auf einer Smartwatch läuft. Wenn der Träger der Smartwatch für einen Zeitraum an einem bestimmten Ort in der Wohnung ist, dann wird eine SMS an einen Kontakt (eines Angehörigen) abgeschickt.

Die Idee ist, beispielsweise bei einen Sturz im Badezimmer Hilfe zu holen. Verlässt der Träger oder die Trägerin das Badezimmer (oder das Treppenhaus, oder....) nicht für sagen wir 30 Minuten, dann ist was faul, und jemand sollte nachschauen.

Ich denke bei den Benutzern an Senioren die noch zu Hause ganz gut zurecht kommen, aber in manchen Situationen Hilfe brauchen. Es gibt bekanntlich Armbänder mit Notruf, hat aber den Nachteil dass der Benutzer noch in der Lagen sein muss den Knopf zu drücken. Schwiegermama hatte (bevor sie ins Pflegeheim kam) so ein Ding, als sie dann aber im Badezimmer stürzte hat sie vor lauter Aufregung nicht dran gedacht den Knopf zu drücken...

Das Risiko dabei ist, dass die Technik immer versagen kann, und falsche Sicherheit erzeugt. Man darf sich keinesfalls drauf verlassen. Ich bin selber unschlüssig ob die App eine Verbesserung wäre oder indirekt eine Gefahr.

Eure Meinung als Pros? Finger weg? Oder gute Sache?

Danke.



Benutzer 10209 gelöscht

AW: Idee für App-Entwicklung: gute Sache oder Finger weg?

Beitrag von Benutzer 10209 gelöscht »

IIIIIImmmm Prinzip `ne gute Idee !

AAAAAbbbeeerrrr - Ich neige dazu beim Fernsehen "wegzuschalten".
Willst Du jedesmal einen Vollalarm auslösen, wenn ich den Zapfenstreich
verpennt habe ???

Zu Deinem Fallbeispiel : Ich würde kein elektrisches oder elektronisches
Gerät beim Baden tragen.



bigsister
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AW: Idee für App-Entwicklung: gute Sache oder Finger weg?

Beitrag von bigsister »

[quote=""Elfriede""]IIIIIImmmm Prinzip `ne gute Idee !

AAAAAbbbeeerrrr - Ich neige dazu beim Fernsehen "wegzuschalten".
Willst Du jedesmal einen Vollalarm auslösen, wenn ich den Zapfenstreich
verpennt habe ???[/quote]


Hehe :sc hlaf
Die Idee ist, den Alarm nur in gewissen Bereichen auszulösten, Fernseher gehört nicht dazu... aber wenn du aufm Klo auch "wegschaltest", dann soll die SMS gesendet werden. Trotzdem noch ne gute Idee?

Nachtrag: Smartwatches gibts auch in wasserdicht.



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fmh
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AW: Idee für App-Entwicklung: gute Sache oder Finger weg?

Beitrag von fmh »

Hallo,

prinzipiell eine gute Idee, um die sich meines Erachtens auch schon andere gekümmert haben. Es gibt bspw. bereits Notrufsender, die einen Sturz, Ohnmacht oder epileptischen Anfall erkennen können und nach einer Vorwarnphase automatisch einen Notruf absetzen. Verfügbar von verschiedenen Herstellern, auch die Telekom war/ist in dieser Sparte aktiv.

Dann gab es mal Überlegungen/Entwicklungen zu einem "Sturzpflaster" (VigiFall). Der Sensor soll einfach auf die Haut geklebt werden und registriert ebenfalls einen Sturz und löst entsprechend den Notruf aus. Ist aber vermutlich noch nicht serienreif.

Die Frage wäre also: Wie hebt sich Deine Idee von den bereits vorhandenen Produkten ab? Hätte ich als Käufer/Anwender einen Preis- oder Nutzenvorteil im Vergleich zu anderen Produkten?

Beste Grüße
fmh


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bigsister
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AW: Idee für App-Entwicklung: gute Sache oder Finger weg?

Beitrag von bigsister »

Servus fmh, und besten Dank für die kompetente Antwort! Das hilft mir sehr, ich habe jetzt die vorhandenen Lösungen nochmal im Internet angeschaut und möchte gerne das besondere meiner App auf den Punkt bringen. Gleich vorneweg die Einschränkung: ich kenn mich nur mit Sensorik und Software aus, nicht mit dem Pflegeumfeld.

[quote=""fmh""]
prinzipiell eine gute Idee, um die sich meines Erachtens auch schon andere gekümmert haben. Es gibt bspw. bereits Notrufsender, die einen Sturz, Ohnmacht oder epileptischen Anfall erkennen können und nach einer Vorwarnphase automatisch einen Notruf absetzen. Verfügbar von verschiedenen Herstellern, auch die Telekom war/ist in dieser Sparte aktiv.
[/quote]

Die Erkennung von Stürzen aus Bewegungssensoren halte ich für technisch fragwürdig. Da würde mich mal die wissenschaftliche Grundlage interessieren, nach der die Hersteller sowas entwickelt haben. Eine Erkennung von einem "Sturz" vom Gerät selber ist einfach. Wenn das am Körper getragen wird, dann ists eine Frage der Fallhöhe und Fallgeschwindigkeit ob das detektiert werden kann, Der Körper wird den Fall dämpfen, das je nach dem wie man fällt. Ohne so ein Gerät getestet zu haben (ja, dünnes Eis) behaupte ich, dass die Sensorik in viel zu vielen Fällen den Sturz nicht von normalen Bewegungen unterscheiden kann. Wäre für mich kein Produkt was ich guten Gewissens anbieten wollte.

Erkennung von Ohnmacht ist interessant, habe ich aber nur im Zusammenhang mit Sturzerkennung und danach Bewegungslosigkeit gefunden. Nochmal zu meinem Beispiel Schwiedermama: sie ist nach ihrem Badezimmersturz einfach nicht mehr hochgekommen, was aber keineswegs bewegungslos.

Erkennung von Epilepsie ist vielleicht zu speziell, da kenne ich mich erst recht nicht aus, und würde auch keinen Vergleich mit meiner App suchen wollen.


[quote=""fmh""]
Dann gab es mal Überlegungen/Entwicklungen zu einem "Sturzpflaster" (VigiFall). Der Sensor soll einfach auf die Haut geklebt werden und registriert ebenfalls einen Sturz und löst entsprechend den Notruf aus. Ist aber vermutlich noch nicht serienreif.
[/quote]

Das Vigifall scheint eine Kombination aus Positionierungserkennung und Sturzsensor zu sein. Also teilweise ähnlicher Ansatz wie bei meiner App. Die Entwicklung wurde mit unglaublichen 2Mio EU-Geldern gesponsort. Krass. Ich mach was falsch.

[quote=""fmh""]
Die Frage wäre also: Wie hebt sich Deine Idee von den bereits vorhandenen Produkten ab? Hätte ich als Käufer/Anwender einen Preis- oder Nutzenvorteil im Vergleich zu anderen Produkten?[/quote]

* Hohe Akzeptanz, läuft auf cooler Smartwatch.
* Preisgünstig, Smartwatches sind noch recht teuer, aber das wird sich in den nächsten Jahren drastisch ändern.
* technisch zuverlässig

Ich erspare mir die Aufzählung der Nachteile ;)



Benutzer 204 gelöscht

AW: Idee für App-Entwicklung: gute Sache oder Finger weg?

Beitrag von Benutzer 204 gelöscht »

eine SMS an einen Kontakt (eines Angehörigen) abgeschickt.
Was dann bedeutet das die Angehörigen Tag und Nacht ein immer aufgeladenes Smartphone bei sich haben müssen ?
Viel Spass .
Was ist aber wenn die Angehörigen selbst noch berufstätig sind und während der Arbeitszeit (wie z.Bsp. bei uns) kein privates Handy in Gebrauch haben dürfen ?
bekanntlich Armbänder mit Notruf,
Ich kenne nur die mit Halsband .Und die werden gern getragen von den Menschen die ich kenne.



bigsister
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AW: Idee für App-Entwicklung: gute Sache oder Finger weg?

Beitrag von bigsister »

[quote=""pegean""]
eine SMS an einen Kontakt (eines Angehörigen) abgeschickt.
Was dann bedeutet das die Angehörigen Tag und Nacht ein immer aufgeladenes Smartphone bei sich haben müssen ?
Viel Spass .
Was ist aber wenn die Angehörigen selbst noch berufstätig sind und während der Arbeitszeit (wie z.Bsp. bei uns) kein privates Handy in Gebrauch haben dürfen ?
[/quote]

Hallo pegean

ich bin mir nicht sicher ob ich deinen Einwand verstehe. Du meinst, Einführung von solchen niederschwelligen Technologien führt zu sozialen Konflikten, da die Erwartungshaltung an die Angehörigen nicht zu deren Lebensumständen passt? Das ist könnte tatsächlich ein Problem sein. Muss ich drüber nachdenken.



[quote=""pegean""]
bekanntlich Armbänder mit Notruf,
Ich kenne nur die mit Halsband .Und die werden gern getragen von den Menschen die ich kenne.[/quote]

Meine Aussage bzgl. besserer Akzeptanz der Smartwatch im Vergleich mit den Halsbändern basiert letztendlich auf einer BMG Studie, in der steht zu Körpersensoren:

 Ggf. Ablehnung des „Fremdkörpers“ am Körper
 Empfindung als „Stigma“, wenn Sensor als solcher erkannt wird

Ist aber gut zu wissen dass die Menschen die du kennst das nicht so eng sehen. Studien sind halt auch nicht immer verlässlich.



Benutzer 204 gelöscht

AW: Idee für App-Entwicklung: gute Sache oder Finger weg?

Beitrag von Benutzer 204 gelöscht »

Einführung von solchen niederschwelligen Technologien führt zu sozialen Konflikten
Wenn eine Smartwatch genutzt werden soll muß doch ein Mobilfunkvertrag abgeschlossen werden .Also zusätzliche Kosten .
Sicherlich kann man die Smartwatch auch übers heimische WLan anmelden.Aber wer von den älteren/alten Menschen die allein zu Hause leben hat tatsächlich einen Router ?



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fmh
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AW: Idee für App-Entwicklung: gute Sache oder Finger weg?

Beitrag von fmh »

Hallo bigsister,

[quote=""bigsister""]
[...] Wenn das am Körper getragen wird, dann ists eine Frage der Fallhöhe und Fallgeschwindigkeit ob das detektiert werden kann, Der Körper wird den Fall dämpfen, das je nach dem wie man fällt. Ohne so ein Gerät getestet zu haben (ja, dünnes Eis) behaupte ich, dass die Sensorik in viel zu vielen Fällen den Sturz nicht von normalen Bewegungen unterscheiden kann. Wäre für mich kein Produkt was ich guten Gewissens anbieten wollte.
[/quote]
Das ist ein interessanter Punkt und ich muss sagen, dass ich von Sensorik und Software keine Ahnung habe ;-) Das ein Sturz anhand Fallhöhe/-geschwindigkeit erkannt werden kann, ist für mich nachvollziehbar. Das es hierbei zu "Konflikten" mit normalen Bewegungen kommen kann, klingt auch logisch (wenn nicht so etwas wie "Aufprallenergie" oder ähnliches mit einbezogen wird, um es als Sturz zu identifizieren).

Ich persönlich habe bisher nur ein Gerät der Firma Tunstall im Einsatz gesehen, bzw. konnte ich (bzw. wir = Studierende) es im Rahmen eines Studienprojektes testen. Hier wird ein Sturz (bzw. eine Erschütterung) registriert, die Folgezeit wird in die "Überlegung" mit einbezogen, d.h. wenn 30 Sekunden (evtl. auch länger, da bin ich mir nicht mehr sicher) keine Bewegung registriert wird, schläft das Ding Alarm. Dabei wird eine hinterlegte Rufnummer gewählt, egal ob Angehörige, Pflegedienst oder Servicezentrale. Ein paar Sekunden bevor der Alarm wirklich los geht, vibriert das Gerät noch, über einen Tastendruck konnte der Alarm dann deaktiviert werden.

In unserer "Versuchsreihe" haben normale Alltagssituationen, Stöße und auch einen Sturz simuliert. Selbst wenn es beim Gehen oder Laufen etwas wilder zugegangen ist, hat das Gerät keinen Fehlalarm ausgelöst. Ich würde auch behaupten, dass ein älterer Mensch - der sich so ein Gerät zulegt - solche Bewegungsabläufe aber auch schon gar nicht mehr ausführen wird. Den Sturz hingegen hat es zuverlässig erkannt. Was die Software da nun genau tut und welche Sensoren zum Einsatz kommen kann ich überhaupt nicht beurteilen. Die Funktion hat mich generell erst mal überzeugt.

[quote=""bigsister""]
Erkennung von Ohnmacht ist interessant, habe ich aber nur im Zusammenhang mit Sturzerkennung und danach Bewegungslosigkeit gefunden. Nochmal zu meinem Beispiel Schwiedermama: sie ist nach ihrem Badezimmersturz einfach nicht mehr hochgekommen, was aber keineswegs bewegungslos.
[/quote]
Das ist natürlich ein besonderer Fall und hier könnte es wirklich interessant werden, bzw. könnte hier das Besondere an Deiner App ins Spiel kommen (Sturz ohne folgende Bewegungslosigkeit, was ggf. bei anderen Geräten nicht als Notfall gewertet wird). Wenn sichergestellt wäre, dass das Gerät tatsächlich erkennt, dass ich 1. gestürzt bin, 2. nicht bewegungsunfähig bin und 3. dennoch den Raum längere Zeit nicht verlasse, wäre das ein zusätzliches Sicherheitsfeature (vorausgesetzt andere Geräte können das nicht auch schon in ähnlicher Weise). Nachdem Du schon danach fragst, gehe ich mal davon aus, dass es sich technisch realisieren lässt - wäre eine gute Sache.

[quote=""bigsister""]
* Hohe Akzeptanz, läuft auf cooler Smartwatch.
* Preisgünstig, Smartwatches sind noch recht teuer, aber das wird sich in den nächsten Jahren drastisch ändern.
* technisch zuverlässig
[/quote]
Der "Coolnessfaktor" ist momentan vermutlich noch nicht so relevant. Die heutige Klientel legt da meiner Einschätzung nach noch nicht so viel wert drauf. Aber das ist ein "Problem", dass sich mit der Zeit von alleine lösen wird. Irgendwann sind auch die Technikfreaks in dem Alter, in dem sie sich für solche zusätzlichen Features interessieren.

Momentan wäre vielleicht zu überlegen, ob eine spezialisierte Lösung nicht besser angenommen werden würde. Wir bewegen uns zwar immer mehr da hin, dass ein Gerät möglichst viel können soll/muss - manchmal ist eine Spezialisierung aber vielleicht auch nicht verkehrt. Also vielleicht lieber einfach "nur" einen gut funktionierenden Sturzdetektor, der sich mit seinem Leistungsumfang von bisherigen Angeboten abhebt, als eine überladene Smartwatch mit zu vielen Einstellungsmöglichkeiten (und damit ggf. auch leichterer Fehlbedienung?).

Zu überlegen wäre auf jeden Fall auch noch, wie pegean schon beschrieben hat, wohin der Notruf geleitet werden sollte. Aber der Notrufempfänger lässt sich ja vermutlich auch recht einfach festlegen, ggf. ist nämlich durchaus der Pflegedienst oder die Servicezentrale eines Hausnotrufanbieters, die bessere Anlaufstelle. Wenn die Technik tatsächlich ausgereift ist, wäre auch zu überlegen, ob verschiedene Empfänger für verschiedene Szenarien hinterlegt werden könnten: Sturz + Bewegungsunfähigkeit = Notrufzentrale, Sturz + Bewegung ohne Raum zu verlassen = Pflegedienst/Angehörige.

Und jetzt spinne ich noch weiter: wenn eine Smartwatch irgendwann zuverlässig dazu in der Lage sein sollte in einem gewissen Umfang auch Vitalzeichen (z.B. Puls) mit zu erfassen, wäre noch ein weiteres Merkmal vorhanden um zu entscheiden an wen der Notruf gerichtet werden soll.

Sorry für den langen Text. Insgesamt finde ich die Anwendung von technischen Hilfsmitteln in der Pflege ein sehr spannendes und wichtiges Feld. Ich finde es gut, dass Du Dir über so etwas Gedanken machst und könnte mir vorstellen, dass die Idee - mit der richtigen Ausgestaltung - durchaus Potenzial hat. Falls noch nicht geschehen, kannst Du Dich unter dem Schlagwort "AAL = Ambient Assisted Living" noch weiter einlesen (das Fraunhofer Institut ist da unter anderem aktiv, aber auch viele weitere andere Akteure).

Beste Grüße
fmh


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bigsister
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AW: Idee für App-Entwicklung: gute Sache oder Finger weg?

Beitrag von bigsister »

[quote=""fmh""]Hallo bigsister,

Ich persönlich habe bisher nur ein Gerät der Firma Tunstall im Einsatz gesehen, bzw. konnte ich (bzw. wir = Studierende) es im Rahmen eines Studienprojektes testen. Hier wird ein Sturz (bzw. eine Erschütterung) registriert, die Folgezeit wird in die "Überlegung" mit einbezogen, d.h. wenn 30 Sekunden (evtl. auch länger, da bin ich mir nicht mehr sicher) keine Bewegung registriert wird, schläft das Ding Alarm. Dabei wird eine hinterlegte Rufnummer gewählt, egal ob Angehörige, Pflegedienst oder Servicezentrale. Ein paar Sekunden bevor der Alarm wirklich los geht, vibriert das Gerät noch, über einen Tastendruck konnte der Alarm dann deaktiviert werden.

In unserer "Versuchsreihe" haben normale Alltagssituationen, Stöße und auch einen Sturz simuliert. Selbst wenn es beim Gehen oder Laufen etwas wilder zugegangen ist, hat das Gerät keinen Fehlalarm ausgelöst. Ich würde auch behaupten, dass ein älterer Mensch - der sich so ein Gerät zulegt - solche Bewegungsabläufe aber auch schon gar nicht mehr ausführen wird. Den Sturz hingegen hat es zuverlässig erkannt. Was die Software da nun genau tut und welche Sensoren zum Einsatz kommen kann ich überhaupt nicht beurteilen. Die Funktion hat mich generell erst mal überzeugt.
[/quote]

Das ist ja spannend! Es gibt eine schlechte Angewohnheit unter Ingenieuren: wenn man ein Fremdgerät in die Finger kriegt, dann versucht man das gleich an seine Grenzen zu bringen. Ich würde also mit dem Gerät drei Tests machen:
  1. Arm in die Luft senkrecht nach oben, und dann nach unten fallen lassen
  2. Arm in die Luft senkrecht nach oben, und dann auf einem Tisch aufprallen lassen (das geht in die Richtung "Aufprallenergie" die du oben erwähnt hast)
  3. Und jetzt wirds fies: Einen Sturz simulieren bei dem du dich mit der Hand versuchst festzuhalten, an der das Gerät getragen wird. Beispielsweise an so einem Handgriff in der Dusche.
Jeweils mit der Totzeit danach. Die ersten beiden Tests sind für Fehlalarme (und rausfinden worauf das Gerät detektiert ;-) . Der dritte Test ist ein mögliches Szenario wo ich mir vorstellen kann dass die Erkennung schwierig wird, weil der Arm die Sturzbewegung gar nicht mit macht, sondern genau entgegengesetzt bewegt wird, also kompensiert.

Um meine Kritik an den Geräten etwas nachzuschärfen: Ich glaube schon dass eine gewisse Art von Stürzen zuverlässig erkannt werden kann. Ich frage mich nur, ob das die Vielfalt von möglichen Stürzen zuverlässig abdeckt. Das ist die oben erwähnte wissenschaftliche Grundlage, die ich nicht kenne. Ohne eine Statistik wie genau Stürze aussehen, und welche Bewegung macht da der Arm macht,kommt das Feature für mich nicht in Betracht.

[quote=""fmh""]
Das ist natürlich ein besonderer Fall und hier könnte es wirklich interessant werden, bzw. könnte hier das Besondere an Deiner App ins Spiel kommen (Sturz ohne folgende Bewegungslosigkeit, was ggf. bei anderen Geräten nicht als Notfall gewertet wird). Wenn sichergestellt wäre, dass das Gerät tatsächlich erkennt, dass ich 1. gestürzt bin, 2. nicht bewegungsunfähig bin und 3. dennoch den Raum längere Zeit nicht verlasse, wäre das ein zusätzliches Sicherheitsfeature (vorausgesetzt andere Geräte können das nicht auch schon in ähnlicher Weise). Nachdem Du schon danach fragst, gehe ich mal davon aus, dass es sich technisch realisieren lässt - wäre eine gute Sache.
[/quote]

:D :D :D

[quote=""fmh""]

Zu überlegen wäre auf jeden Fall auch noch, wie pegean schon beschrieben hat, wohin der Notruf geleitet werden sollte. Aber der Notrufempfänger lässt sich ja vermutlich auch recht einfach festlegen, ggf. ist nämlich durchaus der Pflegedienst oder die Servicezentrale eines Hausnotrufanbieters, die bessere Anlaufstelle. Wenn die Technik tatsächlich ausgereift ist, wäre auch zu überlegen, ob verschiedene Empfänger für verschiedene Szenarien hinterlegt werden könnten: Sturz + Bewegungsunfähigkeit = Notrufzentrale, Sturz + Bewegung ohne Raum zu verlassen = Pflegedienst/Angehörige.

Und jetzt spinne ich noch weiter: wenn eine Smartwatch irgendwann zuverlässig dazu in der Lage sein sollte in einem gewissen Umfang auch Vitalzeichen (z.B. Puls) mit zu erfassen, wäre noch ein weiteres Merkmal vorhanden um zu entscheiden an wen der Notruf gerichtet werden soll.
[/quote]

Die Möglichkeiten, die mit dem Einsatz der Smartwatch entstehen sind grandios, ich spinne also mal mit: Ortung im Freien über GPS, Öffnen eines Sprachkanals (die Geräte haben ein Mikro), Spracherkennung, Fernsteuerung durch Gesten (Rolladen hoch/runter), Alarm bzw. Nachricht mit Vibration am Handgelenk (Besuch ist da!)

Das ist jetzt schon alles technisch möglich, wenn auch noch nicht ausgereift. Man muss kein Prophet sein, um zu ahnen dass das ein ganz großer Trend sein wird, auch für Senioren. Die Handhabung ist noch zu kompliziert, die Geräte sind zu teuer, die Menschen nicht dran gewöhnt, aber das wird sich auf absehbare Zeit ändern. Google himself forscht mit, wenn auch für einen etwas anderen Anwendungsfall.


[quote=""fmh""]
Sorry für den langen Text. Insgesamt finde ich die Anwendung von technischen Hilfsmitteln in der Pflege ein sehr spannendes und wichtiges Feld. Ich finde es gut, dass Du Dir über so etwas Gedanken machst und könnte mir vorstellen, dass die Idee - mit der richtigen Ausgestaltung - durchaus Potenzial hat. Falls noch nicht geschehen, kannst Du Dich unter dem Schlagwort "AAL = Ambient Assisted Living" noch weiter einlesen (das Fraunhofer Institut ist da unter anderem aktiv, aber auch viele weitere andere Akteure).
[/quote]

Danke für den langen Text. Ich werde mich weiter einlesen, mir liegt das Thema am Herzen. Ich sehe aber leider auch schon, woran das Projekt aller Wahrscheinlichkeit nach scheitert. Ich beherrsche die Technik, aber nicht den Vertrieb. Und leider ist das Umfeld nicht so, dass die Leute von alleine die technische Lösung da suchen, wo ich sie anbieten könnte, sondern eher im Orthopädieladen um die Ecke. Aber vielleicht hilft mir der Zufall: kennst Du oder ein Mitlesender eine Vertriebsmöglichkeit oder eine Firma, die da mit was anfangen könnten?



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fmh
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AW: Idee für App-Entwicklung: gute Sache oder Finger weg?

Beitrag von fmh »

Hallo bigsister,

im Nachgang bereue ich es ja schon ein bisschen, dass wir den Notfallsender damals nur "spielerisch" getestet haben. Für uns war nur wesentlich zu erfahren, ob er einen Sturz als Sturz erkennt. Das theoretische Ziel war es, eine zusätzliche Funktion mit reinzupacken (GPS). Deine Ausführungen machen für mich absolut Sinn und könnten die Grenzen eines solchen Gerätes sicherlich aufzeigen.

[quote=""bigsister""]
[...] Man muss kein Prophet sein, um zu ahnen dass das ein ganz großer Trend sein wird, auch für Senioren. Die Handhabung ist noch zu kompliziert, die Geräte sind zu teuer, die Menschen nicht dran gewöhnt, aber das wird sich auf absehbare Zeit ändern. [...]
[/quote]
Da stimme ich voll zu, in Zukunft wird Technik eine ganz andere Rolle spielen und heutige Speziallösungen werden sicherlich an Normalität dazu gewinnen.

[quote=""bigsister""]
[...] Ich sehe aber leider auch schon, woran das Projekt aller Wahrscheinlichkeit nach scheitert. Ich beherrsche die Technik, aber nicht den Vertrieb. Und leider ist das Umfeld nicht so, dass die Leute von alleine die technische Lösung da suchen, wo ich sie anbieten könnte, sondern eher im Orthopädieladen um die Ecke. Aber vielleicht hilft mir der Zufall: kennst Du oder ein Mitlesender eine Vertriebsmöglichkeit oder eine Firma, die da mit was anfangen könnten?
[/quote]
Konkrete Möglichkeiten sind mir da leider nicht bekannt, aber vorstellbar wäre für mich:
- Vorstellung auf Messen (Altenpflege Messe, Deutscher Seniorentag, Die 66, ...) zur Kontaktaufnahme
- Berichterstattung in Fachzeitschriften (sowohl im Pflege- als auch Technikbereich), um neugierig zu machen
- ggf. Kontaktaufnahme mit Krankenkassen, ambulanten Pflegediensten, stationären Pflegeeinrichtungen, ...
- Vertrieb letztlich über das Internet: wer eine Smartwatch tragen möchte, sucht im Internet danach (bzw. sucht der Angehörige, wenn er möchte, dass seine Mutter/Vater/... so etwas tragen)

Beste Grüße
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