Abmahnung erhalten... bitte um einen Rat

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Jolanta
Beiträge: 1
Registriert: Mo 22. Jun 2015, 22:41

Abmahnung erhalten... bitte um einen Rat

Beitrag von Jolanta »

Hallo,

ich bitte um einen Rat. Ich arbeite seit 8 Jahren in Betreutes Wohnen im Lande Bremen als eine Altenpflegehelferin ( 1 Jährige Ausbildung)
Ich war letzter Zeit wegen der schlechten Besetzung so unter Zeitdruck, dass ich bei der Klientin eine falsche Salbe unter die Augen angewendet habe. ( statt eine Salbe unter die Augen eine Salbe unter die Brust). Das war mei erster Fehler. Die Klientin hat sich angeblich über leichte Augenreizung beschwert. Ich habe mich bei der Klientin entschuldigt. Sie war gar nicht böse und ich dachte, dass die Sache erledigt ist. Nach ein paar Tagen habe ich eine schriftliche Abmahnung mit einer Kündigung- Drohung bei einem Wiederholungsfall. Mir wird eine schwerwiegende Vertragsverletzung vorgeworfen. Ich bin der Meinung, dass diese Abmahnung nicht ganz gerecht ist. Kann in meinem Fall über eine schwerwiegende Vertragsverletzung die Rede sein, wenn ich als Altenpflegehelferin nach 1 Jährigem Ausbildung keine Pflege-fachkraft, sondern nur Pflegekraft bin und das Ausführen von Behandlungspflege eigentlich nicht zu meinen vertraglichen Pflichten gehört. Kann ich eine Gegenstellung schreiben und diese Begründung angeben? Ich habe zwar die Behandlungspflege, auch früher gemacht, aber nur, weil unsere Einsatzleiterin hat das ausdrücklich angeordnet.
Für die sachlichen Antworten danke ich im Voraus.



Sa-Biene
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AW: Abmahnung erhalten... bitte um einen Rat

Beitrag von Sa-Biene »

Genau das ist doch das Problem, du hast etwas getan wozu du keine Befugnis hast. Dass dir das einerseits klar ist, du anderseits diese Handlungen auch früher schon durchgeführt hast, macht es nicht unbedingt besser.
Ich halte es für wichtiger zu klären, wer denn die Behandlungspflege abgezeichnet hat und was mit der Fachkraft ist, die für die sach- und fachgerechte Durchführung verantwortlich ist



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Griesuh
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AW: Abmahnung erhalten... bitte um einen Rat

Beitrag von Griesuh »

So wie du schreibst hättest du voll in die Schei..e gegriffen wenn du als einjährig examinierte Altenpflegehelferin keine Behandlungspflege ausführen dürfest und müsstest die vollen Konzequenzen tragen, da du deine kompetenzen überschritten hättest.

Jedoch darfst du als Altenpflegehelferin mit einjährigem Examen sehr wohl die sogenannte geringfügige Behandlungspflege erbringen, wo zu auch Behandlungen mit Salben gehören.
( jetzt bitte nicht wieder anfangen zu diskutieren ob APH Behandlungspflege erbringen dürfen oder nicht und auch nicht über das für und wider- es wurde hier schon hunderte male in etl. Beiträgen erklärt und aufgezeigt, dass AP die geringfügige Behandlungspflege erbringen dürfen)

Du stehst nun in der Verantwortung als APH, da du dich von dem richtigen Medikament - in dem Fall der richtigen Salbe - hättest überzeugen müssen.
Da hilft dir leider auch nicht die Voranstellung des Zeitdruckes.
In sofern wäre eine Abmahnung gerechtfertigt.

Nicht gerechtfertig ist die Aussage : du hättest eine Vertragsverletzung begangen.
Gegen welchen Vertrag sollst du verstoßen haben?
Du hast im Rahmen deines Tätigkeitsbildes gehandelt.
Gibt es eine Stellenbeschreibung für APH?)

Es könnte nun auch diskutiert werden ob ein Gespräch zur Klärung der Sache ausreichend gewesen wäre.
Das aber liegt nun im Ermessen der PDL.


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doedl
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AW: Abmahnung erhalten... bitte um einen Rat

Beitrag von doedl »

Nun bevor eine Abmahnung in den Personalakt kommt, hat der Mitarbeiter die Möglichkeit, dieser schriftlich zu wiedersprechen.

Also den Gang zum Betriebsrat.

Dann ist die Frage, ob die Abmahnung korrekt abgefasst wurde und ob bei Vorhandenseins eines Betriebsrates dieser auch in Kenntnis gesetzt wurde.

Ist dies nicht der Fall, ist sie nicht rechtsgültig.

Gruß Doedl


Wir müssen die Änderung sein, die wir in der Welt sehen wollen- Mahatma Gandhi

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Schwester Wolfgang
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AW: Abmahnung erhalten... bitte um einen Rat

Beitrag von Schwester Wolfgang »

. . . hm, doedl, ich widerspreche Dir nur ungern - aber bei Abmahnungen ist der Betriebsrat leider nicht zu informieren. Also wäre die Abmahnung erst mal von der Sache her okay. Ob sie inhaltlich auch richtig ist, das wissen wir nicht.
Nach Meinung eines mir befreundeten Rechtsanwalts sollte man wegen einer Abmahnung aber auch nicht unbedingt aus dem Häuschen geraten. denn:
1. müsste man genau den gleichen Fehler nochmal machen, um eine nachfolgende Kündigung zu rechtfertigen. Man kann - übertrieben gesagt -10 Abmahnungen haben - jede für ein anderes Fehlverhalten und wenn man die gleichen Fehler nicht wieder macht, ist das kein Kündigungsgrund (wobei 10 Abmahnungen schon heftig wären und davon zeugen, dass da jemand schludrig arbeitet).
2. wird bei einer nachfolgenden Kündigung die vorangegangene Abmahnung auf Antrag geprüft und wenn die nicht okay ist, dann ist auch die Kündigung unwirksam. Es ist also allemal besser eine unwirksame Abmahnung stehen zu lassen, als den Arbeitgeber aufmerksam zu machen, dass er im Zweifelsfall damit auf die Nase fällt.
3. Eine Gegendarstellung kann man schreiben und verlangen, dass diese zur Personalakte beigefügt wird. Wenn die Fronten jedoch verhärtet sind, sollte man darauf verzichten, um der Gegenseite nicht die entlastenden Argumente vorzeitig kundzutun.
4. Nach ca. 2 Jahren wäre die Abmahnung eh gegenstandslos - das ist in etwa die Zeit, in der Arbeitsrichter sie als relevant ansehen. Auf deutsch: aller 2 Jahre mal ein Fehler - das liegt in der Toleranzgrenze.
5. Wenn nichts dagegen spricht, kann eine Abmahnung auch eine arbeitsplatzerhaltende Maßnahme sein, indem der Arbeitgeber mitteilt, dass er mit dem gerügten Verhalten nicht einverstanden ist. Also nicht radschlagen, sondern künftig besser aufpassen und alles ist in Butter . . .
Zuletzt geändert von Schwester Wolfgang am Di 23. Jun 2015, 19:22, insgesamt 1-mal geändert.



Benutzer 1685 gelöscht

AW: Abmahnung erhalten... bitte um einen Rat

Beitrag von Benutzer 1685 gelöscht »

Hallo Jolanta,

wenn du Altenpflegehelferin bist, dann darfst du diese einfache Behandlungspflegen durchaus übernehmen. Wieso betont du denn dass du keine Fachkraft bist? Glaubst du nur Fachkräfte dürfen Abmahnungen für Fehlverhalten bekommen?
Du hast einen Fehler gemacht und du musst dafür grade stehen.

Sophie



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Schwester Wolfgang
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AW: Abmahnung erhalten... bitte um einen Rat

Beitrag von Schwester Wolfgang »

. . . Placebo, auch Dir muss ich widersprechen: weder BR noch MAV haben ein Recht auf Information bei Abmahnungen. Ist nicht böse gemeint - ich denke nur an eventuelle Mitleser . . .



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Schwester Wolfgang
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AW: Abmahnung erhalten... bitte um einen Rat

Beitrag von Schwester Wolfgang »

. . . sehe ich nicht so, denn eine Abmahnung ist kein Gesetz, keine Verordnung, keine Unfallverhütungsvorschrift, auch kein Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung. Ich bin zwar auch immer gerne bereit, das BetrVG zugunsten der MA großzügig auszulegen, würde es in diesem Fall vielleicht auch tun, aber sehe wenig Hoffnung, dass der Arbeitgeber das auch so sieht. Aber das müssen wir hier nicht vertiefen . . .



Benutzer 204 gelöscht

AW: Abmahnung erhalten... bitte um einen Rat

Beitrag von Benutzer 204 gelöscht »

"Fazit: Abmahnungen sind mitbestimmungsfrei. Betriebsräte sollten versuchen, durch eine Betriebsvereinbarung wenigstens ein Anhörungsrecht vor Ausspruch einer Abmahnung zu erhalten."

http://www.arbeitsrecht.org/arbeitnehme ... nzuhoeren/



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doedl
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Beitrag von doedl »

[quote=""Schwester Wolfgang""]. . . hm, doedl, ich widerspreche Dir nur ungern - aber bei Abmahnungen ist der Betriebsrat leider nicht zu informieren. Also wäre die Abmahnung erst mal von der Sache her okay. Ob sie inhaltlich auch richtig ist, das wissen wir nicht.
Nach Meinung eines mir befreundeten Rechtsanwalts sollte man wegen einer Abmahnung aber auch nicht unbedingt aus dem Häuschen geraten. denn:
1. müsste man genau den gleichen Fehler nochmal machen, um eine nachfolgende Kündigung zu rechtfertigen. Man kann - übertrieben gesagt -10 Abmahnungen haben - jede für ein anderes Fehlverhalten und wenn man die gleichen Fehler nicht wieder macht, ist das kein Kündigungsgrund (wobei 10 Abmahnungen schon heftig wären und davon zeugen, dass da jemand schludrig arbeitet).
2. wird bei einer nachfolgenden Kündigung die vorangegangene Abmahnung auf Antrag geprüft und wenn die nicht okay ist, dann ist auch die Kündigung unwirksam. Es ist also allemal besser eine unwirksame Abmahnung stehen zu lassen, als den Arbeitgeber aufmerksam zu machen, dass er im Zweifelsfall damit auf die Nase fällt.
3. Eine Gegendarstellung kann man schreiben und verlangen, dass diese zur Personalakte beigefügt wird. Wenn die Fronten jedoch verhärtet sind, sollte man darauf verzichten, um der Gegenseite nicht die entlastenden Argumente vorzeitig kundzutun.
4. Nach ca. 2 Jahren wäre die Abmahnung eh gegenstandslos - das ist in etwa die Zeit, in der Arbeitsrichter sie als relevant ansehen. Auf deutsch: aller 2 Jahre mal ein Fehler - das liegt in der Toleranzgrenze.
5. Wenn nichts dagegen spricht, kann eine Abmahnung auch eine arbeitsplatzerhaltende Maßnahme sein, indem der Arbeitgeber mitteilt, dass er mit dem gerügten Verhalten nicht einverstanden ist. Also nicht radschlagen, sondern künftig besser aufpassen und alles ist in Butter . . .[/quote]


Dank Dir, wieder schlauer geworden


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