Seite 1 von 1

Zahnpflege bei Demenzkranken

Verfasst: Do 22. Sep 2005, 12:53
von Soleille
Hallo,

ich hoffe,daß ich ein paar gute Tipps von euch bekommen kann.
Ich finde es frustrierend,keine wirklich gute Zahnpflege hinzukriegen an den Zähnen,die noch vorhanden sind bei einigen unserer Bewohner.
Wie ich es bisher mache:

Eine elektrische Zahnbürste finde ich besser als eine mechanische - nur wird es auch hier schwierig,wenn die Bewohnerin den Mund fest zusammenpresst.
Ich vermute,sie macht dies,weil ihr das Zähneputzen Schmerzen bereitet (freiliegende Zahnhälse ,Paradontitis) oder einfach weil es unangenehm ist,daß jemand im Mund rumfuhrwerkt.
Und da fängt auch schon ein Dilemma an:
Wenn ich auf das Putzen verzichte,wird der Zustand der Zähne schlimmer und somit auch der Schmerz.
Putze ich gegen den Widerstand der BW,erlebe ich das schon wie Gewaltanwendung.
Ich probiere es zwischendurch auch mal mit einem Mullläppchen,klappt auch nicht immer.
Spülen geht auch nicht mehr.
Aber da habe ich mich bei einem Apotheker erkundigt,der mich beruhhigt hat,daß kleine Mengen Zahnpasta oder Mundwasser nicht gesundheitsschädigend seien.

Uns wurde schon von einem Zahnarzt mal die Rückmeldung gegeben,unsere Zahnpflege sei so schlecht ,daß man das melden müsse.

Aber ich habe auch in Pflegebüchern bisher noch keinen guten Hinweis entdecken können.

Also,ich wäre wirklich froh,wenn jemand was Hilfreiches schreiben könnte.

Bin gespannt

Soleille

RE: Zahnpflege bei Demenzkranken

Verfasst: Do 22. Sep 2005, 15:35
von andrea
Hallo,
auch wenn die elektrische Zahnbürste besser putzt solltest du auf die "alte" Zahnbürste zurückgreifen. Die Menschen kennen und erkennen sie so dass sie keine Angst haben und eher bereit sind den Mund auf zu machen und womöglich selbstständig zu putzen.
Alles was unter Zeitdruck geschieht wird von Dementen oft abgelehnt. Selten klappt es zu sagen machen sie den Mund auf, die Prothese muß raus oder die Zähne müssen geputzt werden.
Oft hilft das Zeigen der Prothesendose oder der Vorführeffekt. Meine persönliche Meinung dass viele demente BW die Zahnpflege ablehnen, ist der immense Zeitdruck bei der Pflege. Gerade diese BW benötigen Zeit um aufzunehmen und zu verarbeiten und fühlen sich völlig überrumpelt wenn man von ihnen erwartet schnellstmöglichst zu reagieren.
Bei Zahnproblemen gibt es immer die Möglichkeit das Gebiss in Vollnarkose zu sanieren.
Wenn ich BW habe die den Mund zusammenkneifen oder die Zahnpflege ablehnen lasse ich sie den Mund ausspülen oder gebe ihnen Wasser zu trinken um jedenfalls die Speisereste für die Nacht aus dem Mund zu befördern und dokumentiere das. Oft hat man auch einfach den falschen Zeitpunkt erwischt und sollte es zu anderen Zeiten wiederholen. Das Wichtigste ist der Zeit und Ruhefaktor, hier erreicht man meist sehr viel weil die BW sich nicht unter Druck gesetzt fühlen.
Gruß Andrea

Verfasst: Do 22. Sep 2005, 16:41
von Princess of Darkness
Hallo!
Ich bin gelernte zahnarzthelferin und arbeite jetzt als Altenpflegeschülerin in einem Altenheim.
Wir haben auch Bewohner die den Mund zu beißen und oder nicht mehr ausspülen können,
ich versuche die Mundpflege dann durchzufüheren, tolleriert dies der BW nicht dokumentier ich das, weil jeder hat ein recht auf Gesundheit sowie auch auf Krankheit.
Ich verwende lauwarmes Wasser mit ein paar Tropfen Odol (oder ähnliches) und tauche die Zahnbürste ins Wasser und putze dann, weil ich es selbst auch etwas unangenehm fände wenn jemand mir die Zähne mit Zahncreme putzt und ich diese nicht ausspülen könnte und diese dann im Mund hätte,
oder der zahnarzt sollte kommen und auf die freiliegenden Zahnhälse eine Füllung machen oder den BW zu einem Kieferchirurgen überweisen der das dann eventuell unter Narkose sanieren kann oder entfernen kann falls dies erforderlich sein sollte.

Hoffe dies hilft ein wenig.

Verfasst: Do 22. Sep 2005, 18:16
von Soleille
Danke für eure Antworten ,

das,was ihr über die Durchführung schreibt,kenne ich auch so.
(eben keinen Druck ausüben,zeigen,was ich machen will und so weiter)

Woran ich aber wieder mal nicht gedacht habe,daß die Bewohner das Recht haben,die Zahnpflege abzulehnen und ich dies gegebenenfalls eben dokumentieren kann und fertig.
Daß die Leute eigentlich genauso regelmäßig zum ZA müßten wie wir alle,versuche ich schon seit Jahren,meinem Stationsleiter nahe zu bringen.
Aber der schaut mich dann nur irgendwie irritiert an.

Der Tipp mit dem Mundwasser gefällt mir .

Das Ärgerliche an der Sache ist auch,daß ich stark vermute,daß in meiner Abwesenheit die Zahnpflege einfach vernachlässigt wird.
Denn immer dann dauert es ein paar Tage,bis sie überhaupt wieder einigermaßen möglich ist.
(Und das Zahnfleisch ist dann blutig)
Hauptsächlich die Helferinnnen,die ihre Arbeit seit 10 oder mehr Jahren auf immer dieselbe Weise durchführen,verstehen nicht,wie schnell Demenzkranke Fähigkeiten verlieren,die nicht regelmäßig angeregt werden.
Das ist schon frustrierend.

Jedenfalls ist jetzt etwas von dem Druck aus dem Problem.
Das kommt auch jenen Bewohnerinnen zu Gute. :)

Verfasst: Do 22. Sep 2005, 18:23
von Soleille
Noch ein Nachtrag wegen der Verwendung einer elektrischen Zahnbürste.
Inzwischen nehme ich auch nur noch die mechanischen .
Aber den Sinn sah ich eben darin,daß man eben in kurzer Zeit und ohne im Mund hin und her reiben zu müssen ,mehr erreichen konnte .
Ich habe mir schon immer gedacht,daß es gruselig sein muß,wenn man im Leben noch nie so ein Ding im Mund hatte und jetzt dieses laute Brummen und Rütteln erlebt.

Verfasst: Do 22. Sep 2005, 19:35
von Soleille
Ja, Marie
grundsätzlich mache ic h diese Arbeit gern.
Nur seit einigen Monaten hänge ich in einem Tief,das möglicherweise auch ausgelöst wurde durch das "Gegenarbeiten" mancher Helferinnen.
Keine Supervision,kein Rückhalt von der Leitung.
Und manchmal frage ich mich ,warum ich mich noch informiere,Ideen entwickle und Anregungen gebe.
Wenn alle an einem (meinem ;) ) Strang ziehen würden,könnte diese Arbeit sogar manchmal Spaß machen - dabei sind alle engagiert und meinen es gut - nur: sie wissen schon alles ?( und fassen daher selbst sachliche Kritik als Abwertung ihrer Tätigkeit auf.

Und jetzt wird es Zeit,daß ich mich entlaste.
Ich glaube,dieses Forum kann mir tatsächlich dabei helfen.

Den Tipp mit der Pflegeplanung werde ich gleich morgen umsetzen :)

RE: Zahnpflege bei Demenzkranken

Verfasst: Do 22. Sep 2005, 21:01
von andrea
Original von Marie
Einer Alzheimer Patientin mit Vollprothese gebe ich morgens lauwarmes Wasser zu trinken. Inzwischen versteht sie kaum noch was sie mit der Prothese anstellen soll. Wenn ich nachhelfe, reagiert mit Panik. Ich versuche es dann später noch mal.Marie
Wir hatten dieses Problem auch, war die Prothese drin hatten wir keine Möglichkeit sie wieder herauszubekommen und umgedreht auch nicht mehr in den Mund zu bekommen.
Wir haben uns dann entschlossen der Dame diese Panik zu ersparen, seither lebt sie ohne Prothese und ohne "Gewalt". Das Essen wurde dementsprechend auf sie abgestimmt so dass sie der Pflege morgens und abends Positives abgewinnen kann. Wir lassen sie morgens und abends mit Kamille spülen(schluckt sie meist herunter)

RE: Zahnpflege bei Demenzkranken

Verfasst: Sa 24. Sep 2005, 17:24
von andrea
[quote]Original von Gast Silvia
ich weiss nicht ob es so ein guter Gedanke ist den Bew. ohne Prothesen gehen zu lassen. /quote

Da stellt sich dann die Frage, wann ist die betroffene Person glücklicher. Diese Frage kann ich mit sehr gutem Gewissen für unseren BW beantworten, allein die Prozedur der Prothesenreinigung (rein u. raus) war für die BW schrecklich, denn sie hatte Angst, ihr war die ganze Situation nicht angenehm was man deutlich an ihrer Reaktion merkte, wir wären zum Schluß gezwungen gewesen Gewalt anzuwenden. Dagegen wehre ich mich jedoch , auch vor Angehörigen Ärzten usw. Ich habe meinen Beruf nicht gelernt um den mir Anvertrauten Gewalt anzutun und das wäre das doch wohl.
Wir haben das im Team besprochen, jeder Versuch und die Reaktion darauf wurde dokumentiert und die Versuche ihr die Prothese wieder einzusetzen dauerten sicher länger als die normale Mundpflege..................kann also niemand behaupten wir wären zu bequem.
Unsere Angehörigen waren jedoch mit uns einer Meinung und fanden es in Ordnung.
Wenn ich mir das Wenn und Aber für den BW ansehe bin ich mir ganz sicher dass das in ihrem Sinne ist somit kann es nicht falsch sein. In diesem Falle gab es keinen besseren Weg