"Haaallooo? Hört mich denn keiner?" - eine Buchempfehlung

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iceage
Beiträge: 1061
Registriert: Mi 2. Jun 2010, 10:49

AW: "Haaallooo? Hört mich denn keiner?" - eine Buchempfehlung

Beitrag von iceage »

Da stellt sich mir die Frage :
Wieso gehen ehrenamtliche Kräfte soviel anders an die Aufgabe ran,als wir,die wir das als Beruf machen und warum gehen ehrenamtliche Kräfte mit offenen Augen in und durch diese spezielle Welt des Seniorenheims ?



Benutzer 204 gelöscht

AW: "Haaallooo? Hört mich denn keiner?" - eine Buchempfehlung

Beitrag von Benutzer 204 gelöscht »

Die ehrenamtl.MA kümmern sich weniger um die Pflege sondern mehr um den
Menschen mit seinen Sorgen .....
Das steht ja auch in der Inhaltsbeschreibung :

"Sie schildert darin ihre ehrenamtlichen Besuche in einem Seniorenheim von den ersten zaghaften Schritten über viele erschütternde Begegnungen mit den ehemals aktiven Menschen ihrer Stadt, bewegende Momente der Erinnerung, verzweifelte Augenblicke von eingebildeter Gefahr, quälendes Verlassensein und peinigende Schmerzen. – Sie versucht einfühlsam, etwas Gegengewicht aufzubauen, etwas Trost und Freude, Zuversicht und Geborgenheit zu vermitteln. Die alten Leute wollen nicht unbedingt „unterhalten“ werden. Sie brauchen einen Menschen, der sich für sie interessiert, ihnen zuhört, wenn sie reden wollen, mit ihnen schweigt, wenn sie nur die stille mitfühlende Anwesenheit wünschen, der ihnen die Hand reicht und lässt, wenn sie sie haben möchten. "

LG



überflüssig
Beiträge: 371
Registriert: Sa 7. Aug 2010, 21:11

AW: "Haaallooo? Hört mich denn keiner?" - eine Buchempfehlung

Beitrag von überflüssig »

Hallo iceage,
ich glaube (ebenso,wie Du vermutlich) nicht, dass die Ehrenamtlichen mit offeneren Augen , sensibler, oder menschlich interessierter an die Aufgabe herangehen. In jeder Sparte, die irgendwie in die Betreuung, Pflege, Vormundschaft und und und involviert ist, gibt es solche und solche. Die Einen sehen Missstände und ergreifen Initiative, die Anderen übersehen und schweigen.
Insofern passt für mich die blosse Kopie der Inhaltsangabe als Antwort auf Deine Frage nur sehr bedingt bis gar nicht.
In diesem speziellen Fall ist es eben eine ehrenamtliche Helferin, die erschütternde Erfahrungen gemacht hat. An anderer Stelle sind es „Undercover“-Pfleger, die Missstände und schreckliche Erlebnisse als Buch öffentlich zugänglich machen (wird aktuell gerade in einem anderen Thread diskutiert).
VG überflüssig



Benutzer 204 gelöscht

AW: "Haaallooo? Hört mich denn keiner?" - eine Buchempfehlung

Beitrag von Benutzer 204 gelöscht »

Bei uns wohnen einige Bew. die während des Krieges furchtbares erlebten (Hinrichtungen der Failien ,einsperren in Häuser welche dann angezündet wurden usw..)
Wenn dann ehrenamtl.MA gebeten werden sich um z.Bsp. diese Bew. zu kümmern sind sie oft geschockt wenn sie die Biografie lesen .
Und gerade diese enschen sind es die
nicht unbedingt „unterhalten“ werden
aber eben
nur die stille mitfühlende Anwesenheit wünschen, der ihnen die Hand reicht und lässt, wenn sie sie haben möchten. "
LG



iceage
Beiträge: 1061
Registriert: Mi 2. Jun 2010, 10:49

AW: "Haaallooo? Hört mich denn keiner?" - eine Buchempfehlung

Beitrag von iceage »

Hallo >überflüssig<,
Du hast meinen Gedankengang richtig nachvollzogen :smile .
Auch interessiert mich weniger die Kurzfassung des Inhaltes des Buches,sondern vielmehr die Beweggründe,die jemanden dazu bringen,ehrenamtlich seine Zeit mit alten Leuten zu verbringen.

Allerdings stört mich aber auch die unterschwellige Aussage,dass eben die hauptberuflichen Pflegekräfte nicht das leisten können,was eine ehrenamtliche Hilfe vermag.



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*Angie*
Beiträge: 5490
Registriert: Sa 17. Jun 2006, 15:54
Beruf: Mensch & ex. AP

AW: "Haaallooo? Hört mich denn keiner?" - eine Buchempfehlung

Beitrag von *Angie* »

Naja
dass eben die hauptberuflichen Pflegekräfte nicht das leisten können,was eine ehrenamtliche Hilfe vermag.
das liegt ja schon in dem Vorhandensein des Minutenkataloges begründet. Es könnten von der menschlichen Qualität her sicher viele leisten, aber eben die liebe Zeit ... und ich glaube darauf spielt die Aussage eher an.

Warum jemand ehrenamtlich sowas macht?
Für mich kann ich Dir das beantworten:
ich war schon als Kind gerne mit alten Menschen zusammen, fand spannend was sie so zu erzählen haben und ich fühlte mich bei ihnen immer wohl. Wahrscheinlich war es die Ruhe de alte Menschen auf mich ausstrahlten durch ihr (zwangsweise) reduziertes Lebenstempo.
Der Chirurg hat genauso seine Intention, Chirurg zu werden, eine Iceage ihre Intention in der Notaufnahme zu arbeiten, wie ein Ehrenamtlicher sich aussucht, alte Menschen zu besuchen und zu begleiten.

Alte Menschen sind sehr liebe und faszinierende Geschöpfe, wenn man denn den "Schlüssel" zu einem jeden findet. Ich habe noch niemanden getroffen, der wirklich biestig war, wenn er auch nach außen den Eindruck machte.
Bringt man ihnen ehrliches Interesse an ihrer Persönlichkeit entgegen
sind die Begegnungen meist sehr bereichernder Natur.
Ganz oft stelle ich fest, dass alte Menschen eigentlich so jung sind wie Du und ich - nur in einem alten Körper ;o)

Aber im Alltag und auch leider in vielen Einrichtungen zählt die Erfahrung dieser Menschen nicht mehr, sie sind eben keine Persönlichkeiten mehr - außer in den pflegerelevanten Bereichen, wo ihre Wesenszüge dann unterteilt werden in "Probleme" oder "Ressourcen". Und wenn man sich mal umschaut in solch einem Zimmer ist es schon traurig, was von der Lebensarbeit eines menschen manchmal so übrigbleibt:
- Unterwäsche
- ein paar Paare Socken
- nicht passende Oberbekleidung
und einige wenige persönliche Dinge.

Das Pflegebett gehört ihnen nicht, nicht der Einbaukleiderschrank ...
da kann ich Frust und Traurigkeit sehr nachvollziehen.

All das Alleinsein (gemeinsam einsam sein) wird, denke ich, (manchmal LEIDER) in den Medien genug mitgeteilt - und warum soll ein Mensch, der viel Zeit hat und es gerne möchte, dann nicht einem anderen ein Freude dadurch machen, dass er ihn besucht?

Es geht hier um "innere Einsamkeit", "ich tauge nichts mehr" und "bin nichts mehr wert".
Diese innere Einsamkeit füllen auch keine 26 Personen im Speisesaal oder die netten Pfleger in den wenigen Minuten die ihnen verbleiben.
Sie können den Menschen in dieser knapp bemessenen Zeit zwar Wertschätzung und Freundlichkeit entgegenbringen, aber viele kriegen nicht einmal das hin, weil sie mit dem Kopf schon beim nächsten VW sind oder in Gedanken schon das telefonat mit dem Arzt von Frau XY haben.
Nicht umsonst entsteht soviel Altersdepression ...
Fordern die Menschen dann was ein, werden sauer und unbequem, weil sie sich eben nicht wohlfühlen und alleingelassen, werden sie
sediert oder blöd angeguckt. Das ist die Realität die ich leider oft gesehen habe.

Auch zuhause ist es oft nicht anders. Sprich mal mit Deinem Postboten - sie sind oftmals der einzige Kontakt, den alte Menschen neben dem Pflegedienst noch haben. Ein Ohr und eine kleine Abwechsung am ach so langen Tag.

Pfleger die eben MEHR wollen arbeiten oft gegen Windmühlen bis hin zum Burnout. Man muss schon ziemlich abgestumpft sein, wenn man
es wirklich IMMER schafft, den Beruf beim Verlassen des Heimes Beruf sein zu lassen.
Ich denke, unser Beruf ist mehr Berufung und man merkt sehr schnell den Unterschied im Umgang mit den alten Menschen:
wer ist Pfleger weil er es sich so ausgesucht hat und weil es ihm entspricht
und: wer ist pfleger weil er diesen Beruf lernen musste.

Denke ich da an meine Gretel ... sie war nach einem KH-Aufenthalt seit
fast 8 Monaten nicht mehr draußen (wegen der Gesundheit und des strengen Winters) ... seit 8 Monaten guckt sie tagein tagaus aus ihrem Wohnzimmerfenster gegen eine Bretterwand, an der nun der Vermieter ihr die letzte Freude nahm -> er fällte den Nussbaum, bei dem wenigstens vorher noch Vögel und immer wieder 2 Eichhörnchen zu Gast waren. Seit Jahren erfreute sie sich daran.
Als sie im KH war - schwupp war der Baum weg. Menschen machen sich über so etwas oft gar keine gedanken .... dass ein kleiner Baum eine so große Freude für jemanden sein kann.

Zu Gretel geh ich auch immer zwischendurch, zB wenn ich vom Einkaufen komme. Manchmal nur 10 Minuten, die für sie aber soviel wert sind wie für andere vielleicht "in Urlaub fahren" ... ich möchte auch nicht vereinsamt meine "Lebenszeit absitzen", wenn ich irgendwann nicht mehr kann.
Oft denke ich und sag ihr das auch, dass ich sie bewundere dafür, dass sie morgens überhaupt in Erwartung des Anblicks ihrer Bretterwand noch aufsteht ... ich glaube ich könnte das so nicht aushalten.
Zuletzt geändert von *Angie* am Fr 25. Mär 2011, 09:55, insgesamt 1-mal geändert.


» Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich. Man wird ja auch kein Auto, wenn man in einer Garage steht. « (Albert Schweitzer)

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