Homosexualität im Alter

[Spencer]

Hallo. Ich möchte ein ziemlich pikantes Thema aufgreifen.
Nämlich Homosexualität im Alter. Ich betreue eine alte Dame, die lesbisch ist. Am Anfang war sie sehr, sehr zurückhaltend und scheu. Als ich eine Biografie von ihr erstellen wollte, merkte ich, dass sie schwer mit sich zu kämpfen hatte. Erst als ich mit viel Einfühlungsvermögen ihr Vertrauen gewonnen hatte, erzählte sie mir ihre Geschichte.
Sie hat mir aus der Nazizeit erzählt und auch von der Intoleranz der Menschen. Sie mußte sich ihr Leben lang "verstecken".
Das alles hat meine Neugierde geweckt, und ich beschäftige mich seitdem mit diesem Thema. Leider habe ich bisher nur über die Stiftung "Leben und Umwelt" eine DVD ("Anders leben-Lesben im Alter")über dieses Thema gefunden
Hat jemand ähnliche Erfahrungen mit seinen Patienten gemacht?

LG
Spencer

[Suse2]

Hallo Spencer,

ich kann von einem BW berichten, den ich in unserer Einrichtung 1993 gepflegt habe, er lebte in homosexueller Gemeinschaft mit seinem Lebensgefährten(12 Jahre) war HIV positiv und ist mehr oder weniger durch Zufall bei uns gelandet, die beiden waren Nachbarn unserer Chefin, Bruno war im Dez im Krankenhaus - Pneumonie HIV weit fortgeschritten ganzschlechter AZ - und wurde dort sehr unschön behandelt : ihr Freund stirbt eh bald , da dann er auch auf dem Flur stehen, wir sind voll , so fragte er ob wir ein problem hätten ihn aufzunehmen , er war 52 und so kam er dann kurz vor Weihnachten zu uns, und ist bei uns nach einigen Wochen verstorben, begleitet durch seinen Lebensgefährten.
Die beiden gingen seht offen mit dem Thema um und es gab kaum Probleme, natürlich gab es MA die eine Hemmschwelle im Kontakt mit ihm hatten, wobei es da eher um HIV als um die Homosexualität ging. Alles in allem war es für alle eine Erfahrung, schon allein wie die beiden miteinander umgegangen sind!!

Das Schöne ist, das der zurück gebliebene Partner seit ca 6 Jahren einen neuen Partner hat, den hat er uns vorgestellt und mit diesem taucht er sporadisch immer noch bei uns auf.
Zwischenzeitlich war er selber sehr krank und kam dann immer mit den Worten, pflegt ihr mich auch so schön wie Bruno wenn's mal nötig ist?

Das sagt mir, das wir doch einen positiven Eindruck hinterlassen haben müssen.

[*Angie*]

Hallo Spencer,

im März habe ich Sterbebegleitung bei einer Dame machen dürfen, die
seit über 40 Jahren in einer lesbischen Beziehung lebte. Sie war vor Beginn
dieser Beziehung verheiratet und hatte 4 Kinder. Nach der Scheidung lernte sie diese Frau kennen, mit der sie ihr Leben verbrachte.

Sie zogen gemeinsam die Kinder groß, bauten sich ein Haus und ihre Frau
kam sie zum Zeitpunkt als ich sie pflegte täglich besuchen (fuhr täglich je Weg 120 km mit über 80 Jahren!!!!) um bei ihr sein zu können. Auch zum Zeitpunkt des Sterbens war sie an ihrer Seite...kam mitten in der Nacht den weiten Weg gefahren.

Leider wollen viele Leute nicht verstehen, dass auch einer solchen Beziehung eine tiefe Liebe zugrundeliegt...und reduzieren gleichgeschlechtliche Beziehungen nur auf Sexualität.

Aber dieses Paar hatte viele nette Freunde und Nachbarn, die von ihrer Liebe wußten und dieses immer akzeptiert haben. So kamen viele Menschen zu Besuchen zu der alten Dame und waren auch im Nachhinein für die Hinterbliebene da, um sie in ihrer Trauer aufzufangen und zu unterstützen.

LG,A.

Wenn zwei Seelen sich lieben, ist es gleich, in welchen Körpern sie wohnen.....

[nikol]

ich kenne keiner soclher Patienten, aber...ich weiß das hier in HH ein Heim/einrichtung speziell für für die Leute erichtet wurde...

ich habe damit keinerlei Probleme

[Teddy]

Ich muß dann doch mal meine Bestürtzung darüber zum Ausdruck bringen, dass es überhaupt noch nötig ist, über "dieses Thema" in der Form zu disskutieren!!!Wir haben Ende 2006 und nicht meht die 70er Jahre.
Lasst doch Menschen Menschen lieben, so sie erwachsen sind und es in Freiwilligkeit tun!!

hi paros,
ich denke mal eher das es in diesem Thread darum geht, wer noch solche oder ähnliche erfahrungen gemacht hat. Ich sehe keinen der hier "blöd" rumdiskutieren, eher sehe ich dies als Erfahrungsaustausch, mehr nich.
Oder sehe ich da irgendwas falsch?
hm

gruß Teddy

[Spencer]

hi paros,
dein e Antwort ist völlig am Thema vorbei. erstens habe ich mit Menschen zu tun, die ihre Jugend und junges Erwachsenenalter in den 70gern schon lang hinter sich hatten. Zweitens ist es sher wohl noch ein Diskussionsthema. Aber nicht um mir über irgendwen das Maul zu zerreissen. Und auch 2006 ist Homosexualität noch eine Sache, die viele ihre berufliche Existenz kosten kann.
Alte homosexuelle Menschen haben andere Bedürfnisse. Und ich möchte ihnen helfen, damit sie wenigstens im Alter ihre Neigung zumindest ein bisschen ausleben dürfen.

Gruß Spencer

[*Angie*]

Hm....Spencer,

da haben wir aber noch viel Arbeit vor uns!

Hab leider noch nicht mal gesehen, dass NICHT- Homosexuelle im Alter noch die Möglichkeit haben, Sexualität zu leben (jedenfalls nicht in irgendeinem der Heime, in die ich bisher Einblick hatte), selbst wenn sie als Paar ein Zimmer bewohnen. Nicht mal kuschelnd hab ich sie wahrgenommen - mangels Intimsphäre/Privatsphäre...

Ist ganz schön schade.....

Das zu verändern, bin ich SOFORT dabei!

LG,A.

[Spencer]

Hallo Pflege-Engel

Nun, ich in der Ambulanz erlebe ganz oft die Intimität der einzelnen Paare die ich betreue. Aber im eigenen Zuhause haben die Leute auch die erforderliche Privatsphäre, ganz klar.
Ich will das Thema auch nicht auf Sex beschränken. Homosexualität bestimmt das ganze Leben.
Ich habe jetzt über das Kuratorium Deutsche Altershilfe Literatur bekommen. Das Thema heißt "Gay and grey" (Thema Nr.173), und ist momentan meine Bettlektüre. Übrigens haben die auch sonst ganz interessante Themen. Kannst ja mal schauen unter http://www.kda.de.

Liebe Grüße

Spencer

[*Angie*]

Danke Spencer,

hab auch dort schon einiges bezogen...allerdings zum Thema Demenz.
Die haben wirklich klasse Lektüre!

Werd ich gleich mal guggen,ggg!

Liebe Grüße,A.

[*Angie*]

Hallo Paros,

zunächst: DU bist sicher NICHT die einzige hier im Forum, die weiß was es bedeutet sich zu outen - soviel mal dazu.

Ich glaube eher Du hast da was falsch verstanden...und daher find ich es nicht wirklich nett, jemandem Intoleranz zu unterstellen, der sich dafür einsetzen möchte, dass auch Bewohner die homosexuell sind, sich ausleben können.

....was damit beginnt, dass auch zwei Frauen oder Männer die sich lieben, im Pflegeheim wie selbstverständlich ein Doppelzimmer beziehen können (nicht nur Ehepaare oder zwei sich völlig Fremde) und dass man Möglichkeiten eröffnet, die ihnen vermitteln "DU MUSST KEINE ANGST HABEN, ICH VERSTEHE DICH UND HIER KANNST DU SEIN WIE DU BIST", ohne diese Menschen (auch vor sich selber) bloßzustellen ...und damit endet, dass sie
ihre Sexualität (wie jeder andere Mensch auch) sofern sie möchten auch miteinander ausleben können.

Denn wenige alte Menschen sehen die Entwicklung der heutigen Zeit, dass sich mittlerweile das gesellschaftliche Ansehen Homosexueller doch im Wandlungsprozeß befindet.

Menschen, im Krieg Angst haben mußten wegen ihrer Homosexualität umgebracht zu werden, werden sicherlich heute nicht so offen damit umgehen können wie wir. Ist das nicht verständlich???

Das Denken der meisten alten Menschen diesbezüglich ist noch immer von Angst geprägt, aufzufliegen, zum Gespött der Leute zu werden etc.

Wo haben ALLE Menschen z B in Heimen denn wirklich die Möglichkeit sich in den Arm zu nehmen, zu kuscheln, sich körperlich nah zu sein???
- Im Fahrstuhl?
- in der Wäschekammer?
- im 2-Bett-Zimmer während die Mitbewohnerin Frau x anwesend ist oder
jederzeit ins Zimmer kommen kann?

(Es geht doch nicht immerzu und nur um Sex...)

Daher möchte ich Dich bitten, Dich nochmal zu reflektieren und Deinen Beitrag nochmals zu überdenken.


In diesem Sinne, LG,A.

[Spencer]

Hallo paros,

wie Pflege-Engel schon geschrieben hat, bist Du nicht die Einzige die weiß, was ein Coming-out bedeutet.
Und ich habe dem, was Pflege-Engel geschrieben hat, nichts mehr hinzuzufügen. Sie hat mir 100%ig aus der Seele geschrieben.
Dank an Pflege-Engel

Gruß Spencer