Was ist der Tod?

Hier könnt ihr euch melden, wenn ihr Fragen zu den Themen Sterbebegleitung und Pflege Sterbender habt.
Dirk Höffken
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Registriert: Mi 18. Jun 2003, 20:00

Was ist der Tod?

Beitrag von Dirk Höffken »

Hallo.

Zuerst einmal ein herzliches Willkommen an Dodger im Team Pflegenetz. Die Eröffnung dieses Unterforums freut mich ganz besonders. Der Tod und damit das Sterben gehört (noch) zu unser aller Leben und doch ist er etwas Besonderes ja Einzigartiges. Etwas das wir nur allzu gerne verdrängen.

Die vielleicht wichtigste Frage als erstes Thema:

Was ist der Tod?

Diese Frage muss jeder, ob er will oder nicht, irgendwann für sich beantworten! Ich blicke eher aus einer naturwissenschaftlichen Perspektive auf den Tod:

Der Tod des einzelnen Individuums nach der Weitergabe des Erbgutes ist bedeutungslos für die Population. Durch das erlöschen der Hirnfunktion erlicht das Bewusstsein. Das Bewusstsein ist untrennbar mit dem Körper verbunden. Mit dem Bewusstsein erlischt die personale Identität. Es gibt kein Weiterleben! Das einzige, was bleibt, ist die Erinnerung in den Köpfen der Überlebenden, die Weichenstellungen, die aufgrund des Wirkens der Person im gesellschaftlichen oder privaten Leben der Menschen aufgetreten sind, der materielle Rest des Leichnams und eben, im Regelfall, ein Teil seines Genoms.

Eine sehr pragmatische und zugegebenermaßen auch unbefriedigende Perspektive, die den Umgang mit Sterbenden und ihren Angehörigen erschwert. Hält man sich jedoch an Beobachtungen, und nicht an religiöse Lehren und spirituelle Versicherungen, mit den Toten kommunizieren zu können, so gibt es keinen Grund, an ein, wie auch immer geartetes, Leben nach dem Tode zu glauben. Zwar bietet die Sterbeforschung zum Teil schweres Geschütz auf um Nahtod – Erfahrungen nicht auf Halluzinationen, Sauerstoffmangel biochemische respektive physiologische Reaktionen, z.B. Endorphinausschüttung, zurückführen zu müssen, vergessen wird dabei allerdings allzu gerne das wir nur einen geringen Teil der in Organismen ablaufenden Prozesse verstehen. Züchtungsversuche zeigen, dass die Lebensspanne einiger Tierarten nicht unverrückbar feststeht. In Experimenten mit Würmern konnte sogar mit Eingriffen in die DNA deren Lebensspanne verdoppelt werden (Noch nicht ohne Nachteile!). Sollte es dem Mensch jedoch irgendwann gelingen den Traum der Unsterblichkeit zu verwirklichen, wäre meiner Meinung nach das Aussterben der Spezies Mensch aufgrund evolutionärer Prozesse vorprogrammiert.


Gruß Dirk



andrea
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AW: Was ist der Tod?

Beitrag von andrea »

Ja Gast ich stimme dir zu, verwunderlich ist sehr oft, wie ruhig die Sterbenden plötzlich dem Tod entgegentreten obwohl sie vorher große Ängste hatten.
Ich habe mich sehr intensiv mit dem Tod beschäftigt weil ich während der Schulzeit einen praktischen Einsatz auf der Palliativstation hatte und dort notgedrungen ständig damit zu tun hatte.
Die Geburt ist ein Vorgang an den sich die Gebärende erinnert, der neue Erdenbürger jedoch nicht. Laut bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen soll diese Prozedur für das Kind sehr schmerzhaft sein.
Wie es ist wenn man stirbt weiß niemand sicher, ob Nahtoderfahrungen nun "echte" Erfahrungen sind oder einfach ein individuelles Empfinden sind kann wohl niemand genau sagen.
Vielleicht erlebt man den Tod ähnlich wie die Geburt??
Ganz sicher erleben Menschen kurz vor dem Tod ihre Mitmenschen intensiver, deshalb finde ich es auch ganz wichtig bei der Begleitung von Sterbenden wirklich echt zu sein und sich auf den Sterbenden wirklich einzulassen.
Jeder Mensch geht anders mit dem Tod um, so hatte ich mal eine Dame die nicht mehr lange zu leben hatte. Im Gespräch vertraute sie mir an doch große Angst zu haben denn sie wäre nicht immer brav gewesen. Sie war beruhigter als ich ihr meine Meinung dazu sagte, die dann war dass der liebe Gott wahrscheinlich nicht alle Forderungen erfüllt sehen will die die Kirchen uns vorschreiben(in ihrem Fall waren es mehrere Beziehungen) denn nicht umsonst sind wir tiefer Gefühle fähig und handeln oft instinktiv.
Was nach dem Tod kommt vermag ich genauso wenig zu sagen wie wir alle. Ich glaube jedoch(oder will glauben) dass der Körper stirbt und meine Seele erhalten bleibt und irgendwo erneut einen Körper füllt(menschlich oder tierisch)Ich habe jedoch auch erkannt dass meine Vorstellung dazu immer ein wenig variiert 8)
@Dodger
Super dass du mit deiner Seite nun dem Pflegenetzteam angehörst, ich finde das fehlte auch! Gerade in unserem Beruf ist es sehr wichtig sich mit dem Tod auseinanderzusetzen da er schon allein aus Altersgründen unseres Klientels, allgegenwärtig ist, oft angesprochen wird und von Pflegekräften nicht einfach weggewischt werden sollte.
Herzlichen Glückwunsch dir als neues Teammitglied :D :p rost
liebe Grüße andrea



Dirk Höffken
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Tod als Zentrum der Sterbebegleitung

Beitrag von Dirk Höffken »

Hallo.
@Gast
... „Wenn ich ehrlich sein soll, ich mache mir selbst weniger um den Tod als solchen Gedanken,“ ...

@andrea
... „deshalb finde ich es auch ganz wichtig bei der Begleitung von Sterbenden wirklich echt zu sein und sich auf den Sterbenden wirklich einzulassen.
Jeder Mensch geht anders mit dem Tod um, so hatte ich mal eine Dame die nicht mehr lange zu leben hatte. Im Gespräch vertraute sie mir an doch große Angst zu haben denn sie wäre nicht immer brav gewesen. Sie war beruhigter als ich ihr meine Meinung dazu sagte, die dann war dass der liebe Gott wahrscheinlich nicht alle Forderungen erfüllt sehen will die die Kirchen uns vorschreiben(in ihrem Fall waren es mehrere Beziehungen) denn nicht umsonst sind wir tiefer Gefühle fähig und handeln oft instinktiv..“ ...
Wie kann ich einem Sterbenden und seinen Angehörigen gegenüber echt sein? Gerade dann, wenn ich eben nicht Glaube, dass der Sterbende seinem Schöpfer gegenübertritt, sondern einfach aufhört zu existieren.

Die eigene Einstellung zum Tod ist zentraler Bestandteil der Sterbebegleitung. Ohne sie kann der Begleiter nicht echt sein und sich auf den Sterbenden einlassen.


Gruß Dirk



andrea
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AW: Tod als Zentrum der Sterbebegleitung

Beitrag von andrea »

Dirk Höffken hat geschrieben:
Wie kann ich einem Sterbenden und seinen Angehörigen gegenüber echt sein? Gerade dann, wenn ich eben nicht Glaube, dass der Sterbende seinem Schöpfer gegenübertritt, sondern einfach aufhört zu existieren.
Ich möchte behaupten, dass ich echt sein kann ohne die Einstellung der Angehörigen oder des Sterbenden zu teilen. Zur (Sterbe)begleitung gehört Empathie was wohl soviel heißt sich in den Anderen hineinzuversetzen ohne selbst zu leiden. Wenn ich vorgaukeln würde dass ich den gleichen Glauben vertrete würde ich unecht sein aber den Glauben der Anderen zu respektieren hat nichts mit unecht(unaufrichtigkeit zu tun)
Wenn ich jemanden begleiten würde der wie du der Auffassung ist, alles ist vorbei wenn er verstorben ist dann wäre es an mir diese Auffassung zu akzeptieren............nicht aber für mich selbst anzunehmen wenn ich diese Meinung nicht vertreten kann und will. Die Gespräche würde ich in diesem Sinne führen.
Genauso kann es funktionieren wenn ich den Glauben vertrete vor den Schöpfer treten zu müssen. Wie gesagt man sollte sich immer vorher mit dem Tod auseinandergesetzt haben und den Glauben Anderer versuchen zu verstehen.
Ich habe schon mit einigen Menschen Gespräche über den Tod führen können, dabei ist mir aufgefallen dass es überhaupt nicht darum geht welcher Glaube relevant ist, es geht nur um die Akzeptanz und Verstehen von Glauben und Gefühlen.
Wenn ich versuche mich in den Glauben einzudenken, einzufühlen kann ich nur echt sein, denn ich versuche nicht ihn oder mich davon zu überzeugen dass ich ebenso denke sondern begebe mich auf seine Ebene um zu verstehen wei er vielleicht fühlt um auch ehrlich mit ihm sprechen zu können.
Dirk Höffken hat geschrieben: Die eigene Einstellung zum Tod ist zentraler Bestandteil der Sterbebegleitung. Ohne sie kann der Begleiter nicht echt sein und sich auf den Sterbenden einlassen.
In diesem Punkt gebe ich dir absolut Recht.



Dirk Höffken
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Reicht Empathie?

Beitrag von Dirk Höffken »

Hallo Andrea,

vermutlich kennst du meine große Vorliebe für empathisches Verhalten. Ich betrachte es als zentralen Bestandteil meiner Arbeit und des Umgangs in fast allen Lebensbereichen.

Es gibt Situationen in denen aber auch das Konzept der Empathie an seine Grenzen stößt. Situationen in denen es eben nicht mehr ausreichend ist, sein Gegenüber „nur“ zu akzeptieren. Für mich gehört Sterben und Tod dazu.
@andrea
... „Jeder Mensch geht anders mit dem Tod um, so hatte ich mal eine Dame die nicht mehr lange zu leben hatte. Im Gespräch vertraute sie mir an doch große Angst zu haben denn sie wäre nicht immer brav gewesen. Sie war beruhigter als ich ihr meine Meinung dazu sagte, die dann war dass der liebe Gott wahrscheinlich nicht alle Forderungen erfüllt sehen will die die Kirchen uns vorschreiben(in ihrem Fall waren es mehrere Beziehungen) denn nicht umsonst sind wir tiefer Gefühle fähig und handeln oft instinktiv.“ ...
Du setzt deine Meinung bzw. Perspektive an die Stelle einer anderen Person bzw. sagst ihr was sie hören will. Es handelt sich nicht um empathisches Verhalten! Ein schmaler Grat.

Menschen, insbesondere in Ausnahmesituationen wie z.B. der des Sterbens, erwarten etwas. Die Frage bleibt immer: Was erwarten sie?

Sterben und Tod wird in Institutionen noch immer zu sehr instrumentalisiert. In Standards und Artikeln wird von Zuwendung, Ruhe, leiser Musik, Geistlichen u.s.w. konfabuliert. Welche Bedürfnisse sollen hier befriedigt werden? Die der Sterbenden oder der Lebenden?

Mit meiner persönlichen Vorstellung und meinen Wünschen während der letzten Stunden hat dies alles nun wirklich gar nichts gemeinsam.


Gruß Dirk



andrea
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AW: Reicht Empathie?

Beitrag von andrea »

Dirk Höffken hat geschrieben: Du setzt deine Meinung bzw. Perspektive an die Stelle einer anderen Person bzw. sagst ihr was sie hören will. Es handelt sich nicht um empathisches Verhalten! Ein schmaler Grat.
Natürlich handelt sich es um empathisches Verhalten. Ich sage nicht was die Person hören will sondern versuche zu fühlen wie sich ihre Situation gerade anfühlt. Das was ich dann fühle ist mein Gefühl und nicht etwas was die Person hören will. Nur so kann ich mit Gesprächen auf Fragen, Ängste usw. tiefer eingehen.
Dirk Höffken hat geschrieben: Menschen, insbesondere in Ausnahmesituationen wie z.B. der des Sterbens, erwarten etwas. Die Frage bleibt immer: Was erwarten sie?
Das Herauszufinden schafft man eben nur mit genauer Beobachtung, Zuhören, Zusehen............ Ich bin mir sicher, dass der Sterbende in dieser Situation manchmal völlig andere Bedürfnisse hat, als die, die er in gesunden Zeiten in Bezug auf das eigene Sterben in Erwägung zog und vielleicht auch verschriftlicht hat. Wir alle können uns dieses Sterben nur vorstellen was wirklich an Bedürfnissen da sein wird entscheidet der Augenblick selbst denn erst dann kennt man das Gefühl und merkt was fehlt auch wenn man sich evtl. nicht unbedingt dazu äußern kann.
Dirk Höffken hat geschrieben: Sterben und Tod wird in Institutionen noch immer zu sehr instrumentalisiert. In Standards und Artikeln wird von Zuwendung, Ruhe, leiser Musik, Geistlichen u.s.w. konfabuliert. Welche Bedürfnisse sollen hier befriedigt werden? Die der Sterbenden oder der Lebenden?
Ich denke, auch hier gilt die Individualität, was würde es dir bringen wenn man dir einen Geistlichen ans Bett setzen würde, der womöglich mit dir das Vater unser beten will. Was für den Einen gut ist, ist für den nächsten noch lange nicht gut. Nicht jeder wird ruhiger wenn im Hintergrund Enspannungsmusik läuft oder immer jemand am Bett sitzt. Zur Sterbebegleitung gehört auch sehr oft die Begleitung der Angehörigen(manchmal intensiver nötig als beim Sterbenden selbst), also werden auch deren Bedürfnisse befriedigt.
Ich denke für die Begleitung Sterbender kann man wie eigentlich bei jeder Arbeit mit Menschen, den Standard nur als Grundgerüst gebrauchen.
Grüßli andrea



Dirk Höffken
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Was ist der Tod? Was das Leben?

Beitrag von Dirk Höffken »

Hallo Andrea.
@andrea
... „Wir alle können uns dieses Sterben nur vorstellen was wirklich an Bedürfnissen da sein wird entscheidet der Augenblick selbst denn erst dann kennt man das Gefühl und merkt was fehlt auch wenn man sich evtl. nicht unbedingt dazu äußern kann.“ ...
Ja, mag sein. Vielleicht prägt aber auch die während des Lebens gehegte Vorstellung vom Tod die Bedürfnisse des Sterbenden.

Wir suchen während des Lebens immer nach Menschen, die sich nicht „nur“ in uns einfühlen können, sondern die gleichen Gefühle hegen. Reicht es dann am Sterbebett einen einfühlenden Menschen, aber keinen mit den gleichen Gefühlen zu haben? Wäre es nicht besser wenn dieser Mensch unsere Vorstellung vom Tode teilt? Müssen wir als professionelle Sterbebegleiter dafür nicht unsere Vorstellung vom Tod kennen, um manchmal einfach zu akzeptieren das wir nur eine „Krücke“ auf dem letzten Weg, aber keine wirkliche Hilfe sein können?

Was ist der Tod? Oder besser: Was ist Leben?


Gruß Dirk



sumsum
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AW: Was ist der Tod?

Beitrag von sumsum »

Hallo,
ich möchte mich auch mal dazu mitteilen.
Ich habe schon viele Sterbende bei uns im Heim begeleitet und habe viele unterschiedliche erlebnisse damit gehabt.
ich arbeite in der EV und eines ist mir gesagt worden und ich habe es immer wieder erlebt, den Glauben an Gott, haben die meisten Bewohner irgendwo und irgendwann aufgegeben und andere halten fest daran.Im laufe der Pflege weiß man wie jeder darüber denkt.
Ich habe einmal eine alte Dame begleitet, die Angst hatte zu sterben, sie wollte ihren Mann nicht wiedersehen. Auch da musste ich lernen, das es Grenzen gibt. ich habe ihr aus einem ihrer Bücher vorgelesen, statt aus der Bibel etwas runter zu lesen, in ihrem radio liefen Schlager, sie tantze gerne und ich gab ihr eine kleine Glocke in die Hand, was wir so ausgemacht hatten. Damit wollte Sie klingeln, wenn Sie gut angekommen ist. Sie ist ganz friedlich in meinen Armen eingeschlafen,und im laufe der Schicht hat es dann so richtig angefangen zu donnern. Vielleicht war es ein Zeichen, vielleicht auch Zufall.
Auch habe ich einen Bewohner samt Bett bei uns auf die Terasse geschoben, damit er die Weinberge noch einmal sieht, er hat meine Hand gehalten und durfte gehen.
Sterben kann auch sehr furchtbar sein, wo man nur still sein muss, dafür zu sorgen hat, das der sterbende nicht alleine ist.
Für mich ist es immer wieder ein einschneidendes Erlebnis, wenn einer von meinen Bewohnern verstirbt und am Ende bleibt ein leeres Bett und die Erinnerung.



andrea
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AW: Was ist der Tod?

Beitrag von andrea »

Gast hat geschrieben: Ich habe das Gefühl ihr verthoretisert das ganze, das ist schade, da es insbesondere den jüngeren Pflegekräften keine Hilfe ist. Sicherlich gibt es bestimmte sicher immer wiederholende Abläufe, aber das Sterben ist etwas so individuelles, das wie es gar nicht anders in der Pflege sein kann, denn hier treffen min. zwei Individueen auf ein ander. Sterbender und Pflegekraft.
Hallo Gast
ich empfinde diese Diskussion keinesfalls als reine Theorie und glaube dass sie Pflegekräften(auch jüngeren) ohne etwaiige Erfahrungen, nützlich sein könnten. Wer sich intensiv mit dem Thema befasst, der wird im allgemeinen sehr viele Standpunkte durcharbeiten und irgendwann zu "seiner" individuellen Erkenntnis erlangen. Bis dahin ist es ein weiter Weg und man hat viele Meinungen Standpunkte, Erfahrungen durchlaufen.
Wie ich oben schon erwähnte, obwohl ich mich sehr intensiv mit diesem Thema befasst habe bin ich mir noch immer nicht sicher was ich wirklich glauben soll. Wer weiß vielleicht geht es vielen Anderen ja auch so.
Im Übrigen denke ich die Pflege ist an sich individuell, da spielt es keine Rolle ob jemand im Sterbeprozess begleitet wird oder bei seinem letzten Lebensabschnitt...................immer prallen 2oder mehr Individuen aufeinander und jeder dieser Phasen lässt sich nicht einfach mit einem Standard verallgemeinern sondern benötigt sehr viel Feingefühl.

Hallo sumsum
so wie du es beschreibst sollte es sein, der Tod ist wie der Mensch selbst, individuell also bei jedem irgendwie anders. Schön wenn wir uns soweit einfühlen können, dass wir den Sterbeprozess des Menschen hilfreich begleiten können und durch unsere Beobachtungen das Gefühl haben wir konnten ihm etwas geben. Aber auch wenn wir nicht die Möglichkeit hatten uns einzufühlen, wichtig ist dass man da war, bereit gewesen wäre etwas in seinem Sinne zu tun und der Sterbende nicht das Gefühl haben mußte allein zu sein.
Gruß andrea



sumsum
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AW: Was ist der Tod?

Beitrag von sumsum »

Hallo Andrea,
danke! ich muss allerdings auch noch erwähnen, das ich viele schon in meiner Freizeit begleitet habe oder meine pause nicht gemacht habe. der alltag sieht doch so aus, das die zeit niemals wirklich da ist um sich intensiv um die Sterbenden zu kümmern, es ist schade aber leider die Wirklichkeit ich denke mal nicht nur in unserem Heim.
Wir alle werden auch diese erfahrung machen, wie und wann, das weiß man gottseidank nicht, aber ich wünsche mir, das ich dann auch würdevoll gehen darf und mir jemand die Hand hält.
alles Liebe
sumsum



Dirk Höffken
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Meine Themen zu Sterben und Tod

Beitrag von Dirk Höffken »

Hallo Gast
@Gast
... „Ich habe das Gefühl ihr verthoretisert das ganze, das ist schade, da es insbesondere den jüngeren Pflegekräften keine Hilfe ist.“ ...
Ja, du hast recht! Aber der Frage „Was ist der Tod?“ wird man sich noch eine lange Zeit nur über theoretische Überlegungen nähern können. Eine Grundvoraussetzung des Sterbebegleiters ist für mich aber eine eigene Vorstellung vom Tod.

In folgenden Beiträgen geht es dann mehr um praktische Ansätze. Mir ist z.B. immer wichtig gewesen zu Beginn des Sterbeprozesses klare Verhältnisse zu schaffen, z.B. offenes Gespräche mit dem Sterbenden und den Angehörigen über den bevorstehenden Tod, Reanimation und/oder intensivmedizinische Maßnahmen oder nicht, Beistand durch Pflegepersonal, Pfarrer, etc. oder nicht, Pflegemaßnahmen auf das absolute Minimum reduzieren u.s.w.. Einfach um sich im Sterbeprozess und insbesondere in der Terminalphase um das Wesentliche kümmern zu können:

Dem Sterbenden das Gefühl zu geben „Er darf jetzt gehen!“ und den Angehörigen das loslassen zu erleichtern.

Das sind u.a. meine Themen. Wir freuen uns aber alle über Themen von dir und anderen! :-)


Gruß Dirk



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*Angie*
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AW: Was ist der Tod?

Beitrag von *Angie* »

Hallo Ihr Lieben,

finde diese Diskussion sehr aufschlußreich und interessant.

Habe während meiner Arbeit im Hospiz die Erfahrung gemacht, dass dass was wirklich wichtig ist in einem kleinen aber bedeutungsvollen Wort steckt:
Ehrlichkeit. Das ist das, was die Menschen erwartet haben und erwarten.
"Tut Sterben weh?" fragte mich ein Sterbender. Ich antwortete:" Das weiß ich auch nicht,ich will es nicht hoffen. Aber was ich weiß ist, dass ich Sie nicht allein lassen werde. Und wenn es weh tut, drücken Sie ganz fest meine Hand und geben einen Teil davon an mich weiter. Zusammen werden wir es vielleicht besser aushalten." Ehrlichkeit beinhaltet auch, das man als Begleitender seine Traurigkeit nicht verstecken muss, weil man sich für sein Gegenüber etwas anderes gewünscht hätte. Und all das was man selbst (natürlich im Rahmen, so dass nicht der Sterbende damit noch mehr belastet wird) empfindet zu zeigen und zu sagen, ist wichtig für den der da seinen letzten Weg geht.

Mechanisches Danebensitzen bringt niemandem etwas, denn auch der Sterbende oder grad der Sterbende muss sich einlassen auf den der ihn begleitet. Und dazu muss er vertrauen können....und dieses aufzubauen bedingt absoluter Ehrlichkeit.


» Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich. Man wird ja auch kein Auto, wenn man in einer Garage steht. « (Albert Schweitzer)

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Pflegehosenmechaniker
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AW: Was ist der Tod?

Beitrag von Pflegehosenmechaniker »

Zuerst mal möchte ich meine Begeisterung darüber ausdrücken, dass es dieses Unterforum jetzt gibt.
Im Verlaufe meiner Ausbildung hat sich mein Bild vom Lebensende (Tod) und dem Weg dorthin (Sterben) sehr gewandelt. Ich habe zwei Jahre vor meiner Ausbildung als Pflegeassistent der exam. Nachtwache in einer recht grossen Einrichtung gearbeitet und sehr sehr viele Menschen in dieser Zeit sterben sehen oder auch tot aufgefunden. Es waren für mich immer sehr unangenehme Erlebnisse und ich konnte mir lange nicht erklären, warum das so ist. Irgendwann bin ich dahinter gekommen. Es war die fehlende Beziehung zu den Menschen, die dort ge- und verstorben sind. Ich kannte sie nur im schlafenden Zustand, mal von einem Toilettengang oder aus den Berichtsblättern der Doku. Natürlich ist der Tod nicht angenehm, werden jetzt sicher einige sagen. Nur warum sagen sie es? Auf persönlichen Erfahrungswerten wird es sicher nicht beruhen.. ;)

Meine Definition von Tod ist folgende:

Es ist einfach das Ende des Lebens.
Wie der Tod und das davor stattfindende Sterben sich für den Betroffenen anfühlt, hängt wohl auch massgeblich davon ab, wie sehr der Sterbende mit sich und seiner Umwelt im Reinen ist und ob sein Leben den eigenen Maßstäben am Ende des Lebens genügen kann.
Eine würdige Sterbebegleitung ist für mich ein essentiell wichtiger Teil unserer Arbeit, und ich finde es einfach klasse, dass hier nun Raum dafür geschaffen wird, sich über dieses schwierige Thema austauschen zu können.
Und es gibt sicher eine ganze Menge auszutauschen.


P.S.: Es sollte heissen "Pflege und Begleitung Sterbender



Dirk Höffken
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Tod = Trennung von Körper und Geist?

Beitrag von Dirk Höffken »

Hallo,

ist die Seele bzw. das Bewusstsein mit dem Nervensystem gleichzusetzen? Oder handelt es sich um eine eigenständige Größe, die mit dem Nervensystem lediglich assoziiert ist? Vielleicht ist der Tod nicht das Ende, sondern nur die Trennung von Körper und Geist. Das Sterben somit eine Art Trennungsprozess.


Gruß Dirk



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AW: Tod = Trennung von Körper und Geist?

Beitrag von Pflegehosenmechaniker »

Dirk Höffken hat geschrieben:Hallo,

ist die Seele bzw. das Bewusstsein mit dem Nervensystem gleichzusetzen? Oder handelt es sich um eine eigenständige Größe, die mit dem Nervensystem lediglich assoziiert ist? Vielleicht ist der Tod nicht das Ende, sondern nur die Trennung von Körper und Geist. Das Sterben somit eine Art Trennungsprozess.


Gruß Dirk
Die Frage finde ich sehr spannend und nach meiner Erfahrung beschäftigen sich auch viele Sterbende mit dieser Frage. Wenn man es jetzt rein wissenschaftlich betrachten möchte, dann würde ich sagen, dass mit dem Ende der funktionellen Exsistenz des Gehirns auch alles darin enthaltene stirbt. Aber was ist die Seele? Ist sie nur ein Abbild des in unserem Gehirn gespeicherten Funktionsschemas, das wir über unser gesamtes Leben hinweg anlegen?
Aber das wäre doch völlig sinnlos, zumindest für mich. Deswegen glaube ich auch an einen Übergang der Seele in eine andere Existenzform, wie auch immer die aussehen mag.

Folgendes Zitat von Schopenhauer zum Thema Tod finde ich sehr gut (wie es auch von etlichen anderen Philosophen sehr interessante Sichtweisen gibt).
Arthur Schopenhauer (3, Bd. 2: 357), Die Welt als Wille und Vorstellung hat geschrieben:Was wir im Tode fürchten, ist keineswegs der Schmerz: denn teils liegt dieser offenbar diesseits des Todes; teils fliehn wir oft vor dem Schmerz zum Tode [...]. Wir unterscheiden also Schmerz und Tod als zwei ganz verschiedene Übel: was wir im Tode fürchten, ist in der Tat der Untergang des Individuums, als welcher er sich unverhohlen kund gibt, und da das Individuum der Wille zum Leben selbst in einer einzelnen Objektivation ist, sträubt sich sein ganzes Wesen gegen den Tod.



Dodger
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AW: Was ist der Tod?

Beitrag von Dodger »

Der Tod ist nicht das Ende, es ist ein Anfang.

ich weiss leider nicht welch schlauer das gesagt hat.
Recht hat er auf jeden Fall, der Tod kann auch immer ein Anfang sein. Von was?? Nun, wenn ich das wüsste, wäre ich schlauer.



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Pflegehosenmechaniker
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AW: Was ist der Tod?

Beitrag von Pflegehosenmechaniker »

Dodger hat geschrieben: Recht hat er auf jeden Fall, der Tod kann auch immer ein Anfang sein. Von was?? Nun, wenn ich das wüsste, wäre ich schlauer.
Nun ja, das ist eine Erfahrung, die Du irgendwann machen wirst, so wie jeder Mensch.
Für die einen ist der Tod der Beginn des ewigen Lebens oder ewiger Verdammnis, für andere die Chance auf eine Wiedergeburt (entweder Auf- oder Abstieg). Viele betrachten es als Ende aller Existenz. Jeder macht sich eben so sein Bild, um den Konflikt des Lebenserhaltungstriebes mit dem Sterben bewältigen zu können.
Die Erfahrung steht am Schluss (oder eben am Anfang..) und man kann zuversichtlich darauf zugehen oder sich eben fürchten.

Für mich ist das auch ein zentrales Thema meiner täglichen Arbeit, Menschen in diesem Konflikt zu begleiten. Nur leider hatte ich aufgrund sehr starrer dienstlicher Strukturen und mangelndem Verständnis vieler Kollegen und Vorgesetzter fast keine Möglichkeit, sterbenden Menschen eine Begleitung zu sein. Das finde ich sehr schade, weil Sterben imho für den Menschen die existenzielle Erfahrung des Lebens ist.



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