Miserere in der Finalphase?

[Lena V.]

Momentan haben wir einen Bew. (über 100), Z.n. SHF, Wundheilungsstörung mit Taschenbildung aus der nur noch reines Blut fließt > Drainagenbeutel, HA kommt fast täglich zur Spülung der Wunde, Sohn und HA möchten auch nicht mehr, dass Bew. ins Kh geht. Er soll in Frieden gehen dürfen. Seit gestern ist er sehr blass, erbricht immer nur etw bräunlich. Riecht sehr streng. Bew. hat aber auch täglich S. Isst und trinkt kaum noch, was auch okay ist.
Entweder dämmert er vor sich hin, oder er ist absolut unruhig, ruft laut: Ich will sterben, Schwester, ich will sterben! Wirft Arme und Beine hin und her.
Das Ganze geht jetzt schon seit 2 Wochen.

Man kann es schon nicht mehr mit ansehen...eine Kollegin musste sich heute nach Inkoversorgung und Mundpflege sogar übergeben. Bei jedem Schichtbeginn ist der erste Frage ob besagter Bewohner es endlich geschafft hat.

Dieser "Fall" geht einem ganz schön an die Nieren. So ein "Dahinsiechen" haben wir alle noch nicht erlebt...

[thorstein]

Hallo Lena,

ich hoffe, dass der HA auch eine palliativmedizinische Symptomkontrolle (Starke Unruhe?) vornimmt und den Bew. nicht auf die Wunde reduziert.

Ein Tip wegen des Geruchs. In solchen Fällen kann man sich etwas Pfefferminzöl unter die Nase reiben.

Ansonsten kann ich eurem Team nur raten: setzt euch zusammen und redet. Was macht euch Angst, was quält euch was ekelt euch? usw.

Auch in der Pflege hat jeder das Recht, in Einzelfällen an seine "professionellen" Grenzen zu stossen.

Grüsse

[schwarzer sonnenstrahl]

was auch gut hilft: mundschutz und einen geruch seiner wahl an die innenseite zu sprühen

[katzmaus67]

Seid stark für euren Bewohner!! Nichts ist für denjenigen der gehen wird schlimmer, als euch am Rande der Verzweiflung, Angst und Ekel zu sehen.

Ich kenne dieses Gefühl, die Gedanken lassen dich nicht los. Du fängst gerade den Dienst an u. könntest eigentlich schon wieder gehen.
Lasst es für euch nicht zu, dass ihr in die Situation geratet, an eure psychisch u. physischen Grenzen zu kommen.
Du hast Recht. Keiner verdient es so qualvoll gehen zu müssen, ich habe in meinen 13 Jahren der Pflege schon viel Schlimmes gesehen und gefühlt, es hat mich auch gestärkt und ich habe für mich einen Weg gefunden damit besser klar zu kommen.
Im Team reden ist oft nicht so einfach, doch ihr seid ein Team und ihr müsst da gemeinsam durch!!
Gibt es jemanden, der für Sterbebegleitung in eurer Einrichtung geschult ist?
Wir haben 2 Kolleginnen, die in solch schwierigen Situationen, die Pflege Stundenweise übernehmen. Unser HA sind glücklicherweise gut bei Schmerztherapie u. handeln entsprechend.
Das entlastet alle ein bisschen und hilft.
Ich hatte eine 102 jährige. Sie war in einer ruhigen Endphase, fragte aber in der Nacht "wann kann ich endlich gehen, wann holt er mich ".
Was sagt man auch so eine direkte Frage einer Sterbenden?
Ich sagte ihr, dass ich es nicht weiß. Ich habe nachts sehr oft nach ihr geschaut und war auch bei ihr als sie eingeschlafen ist...schreiend stöhnend und dann ganz ruhig.
Da gehen einem viele Gedanken durch den Kopf Tagenlang...Wochen.
Seit ich in der Pflege arbeite, hat sich mein Leben stark verändert....das leben ist so kurz.

Helfen kann ich euch dabei nicht, auch nur meine Erfahrungen mitteilen oder euch im Forum etwas Unterstützung geben.
Ich hoffe euer Bewohner hat es bald geschafft.
Ich wünsche dir und euch viel Kraft.
Versuche dich etwas abzulenken und gönne dir mal etwas Schönes...deine Seele braucht es gerade jetzt!!

ganz liebe Grüßle

[Lena V.]

Danke schon mal für die Antworten. Natürlich wird er gut vom HA betreut und auch wir, geschult in Sachen Sterbebegleitung von unserer Palliativstation in unserer Stadt, sorgen gut für ihn und tun unser Bestes. Unsere Betreuungsassis nehmen sich besonders Zeit für ihn und auch ein ambulanter Hospizdienst ist nachts bei ihm, da er nicht alleine sein kann, bzw. dann das "schreien" anfängt.
Ja wir, die wir in der Pflege arbeiten, haben wohl schon viel gesehen und mit erlebt und können offen sagen, dass der Tod irgendwann nicht das schlimmste Übel ist, dass einem Menschen zustoßen kann, sondern ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch Erlösung ist.
Also meine Gedanken sind bei meinem Bewohner und dass er es endlich schaffen wird.

[Monchichi]

Hi Du,

gegen strenge,übelriechende Gerüche durch Wunden etc. hilft ein Schälchen mit Kaffeepulver auf dem Nachttisch,tgl. erneuern.
Wegen den Unruhephasen wurde ich den Arzt nach einer Bedarfsmedikation fragen,wir hatten dieses Jahr eine Bew.,sie kriegte absolut nicht den Dreh,das sterben dauerte mehrere Wochen-trotzdem sie nur schlückchenweise trank,keine Infusionen.
Was ihr gut half wenn sie in Unruhephasen rein kam,sich hin und her wälzte,sie rief dann auch"Laß mich doch endlich sterben"was ja für den Betreffenden und für die Angehörigen,das Personal sehr belastend ist-Atosil Trpf.-schon 5° bei Bedarf reichten.

LG Monchi

[Benutzer 1685 gelöscht]

Hallo,

wenn ich deine Schilderung lese, dann frage ich mich, wieso man diesen Mann nicht besser einstellt. Wieso ist er so unruhig? Wieso fängt er an zu schreien, wenn er nachts alleine ist?

Bitte zieht einen erfahrenen Palliativmediziner hinzu, bei euch gibt es ja wohl eine Palliativstation. Macht euch deren Wissen zu nutze.

Ist dieser BW noch ansprechbar und orieniert? Gibt es eine Vorsorgevollmacht/Betreuung im Bereich Gesundheitsführsorge?

Ich würde diesem Mann eine adäquate Schmerztherapie und Sedierung zukommen lassen. Das muss allerdings zuvor abgesprochen werden, ob er damit einverstanden ist. Kann er selbst nicht mehr entscheiden, muss der Bevollmächtigte/Betreuer entscheiden.

Meiner Meinung nach muss man sowas nicht aushalten (und hier meine ich den BW).

Für euch: Es gibt Aromastreams die mit entsprechender Befüllung den Geruch neutralisieren. (bitte keine Aldi-Lidl-Duftöle, die vermischen sich nur). Vielleicht haben die Damen vom Hospizdienst hier eine Mischung für euch.


Sprecht im Team, wer diesen Mann noch versorgt. Wie oben schon erwähnt wurde, gibt es nichts schlimmers für einen solchen Menschen, der eurer Hilfe bedarf euren Ekel und Ablehnung zu spüren. Es ist nicht schlimm, zuzugeben, dass man hier an seine Grenzen stösst. Es gibt sicherlich auch Kollegen, die damit umgehen können.


Sophie

[Suse2]

Nilodor - Geruchsbinder bekommt ihr in der Apotheke

3-4 Tropfen in ein Medi- Töpfchen ins Zimmer

wird auf der Palliativ Station eingesetzt

[Benutzer 1685 gelöscht]

Hallo Suse,

das Nilodor ist aber "gewöhnungsbedürftig" vom Geruch her. Wir haben das auch schon benützt. Ich persönlich mag es gar nicht, riecht mir zu sehr nach vanille und das mag ich nicht.

Ich habe eine Duftmischung hergestellt mit Nadelhölzern und Citrus, habe die genaue Mischung nicht im Kopf, könnte ich aber bei Bedarf mal einstellen.
Das nimmt den strengen Geruch im BDK.

sophie

[*Angie*]

Meine Freundin, die ich im letzten Jahr beim Sterben begeitete hatte diese Unruhe auch von Zeit zu Zeit. Sie schmiss die Bettdecke weg, nestelte an ihren Klamotten usw.

In gewissem Masse ist das "normal" - Sterbende wollen alles was sie einengt und "belastet" loswerden und wollen, ähnlich wie eine Schmetterling aus seinem Cocon, endlich aus diesem Körper "schlüpfen".

Als sie ihren hilflosen Zustand (sie war 48 und hatte ein Glioblastome multiforma IV) offenbar nicht mehr aushielt, verabreichte der Palliativarzt ihr Palladon (Dilaudid) nach Bedarf, ein Hydromorphon, dass eigentlich gegen Schmerzen wirkt, aber den Patienten auch ruhig werden und endlich schlafen läßt.

So konnte sie ganz ruhig am 24.5.10 in meinen Armen "einschlafen", ohne sich noch quälen zu müssen - und wir alle hatten die Gewissheit, dass sie keine Schmerzen hat.

Manchmal muss man die Hausärzte DIREKT ansprechen, damit sie auch mal über ihren Tellerrrand hinaus handeln und nicht nur gewohnt "ärztlich Wund-versorgen". Einen Palliativmediziner hinzuzuziehen empfinde ich als guten Gedanken - manchmal reicht auch dass der behandelnde Arzt Kontakt zu einem aufnimmt und sich mit ihm bespricht.

Auf dass der Mensch sein Leben bald "loslassen" kann ...

[Suse2]

[quote=""sophie""]Hallo Suse,

das Nilodor ist aber "gewöhnungsbedürftig" vom Geruch her. Wir haben das auch schon benützt. Ich persönlich mag es gar nicht, riecht mir zu sehr nach vanille und das mag ich nicht.

Ich habe eine Duftmischung hergestellt mit Nadelhölzern und Citrus, habe die genaue Mischung nicht im Kopf, könnte ich aber bei Bedarf mal einstellen.
Das nimmt den strengen Geruch im BDK.

sophie[/quote]

ja Nilodor muss man sehr vorsichtig dosieren, sonst wird es zu "schwer" mich erinnert es eher an Mandel statt Vanille

aber gerne nehme ich ""deinen Duft" mit auf.. wenn es länger benutzt wird ist ja ein Wechsel nicht schlecht

[Lena V.]

Vielen Vielen Dank für die lieben Tipps.

Ein rießen Stein ist mir vom Herzen gefallen, denn unser lieber Herr ... durfte gestern nachmittag endlich hinüber gehen. Letzten Endes ist er friedlich und ganz ruhig eingeschlafen. Er bekam eine adäquate Schmerz - und Beruhigungstherapie, wollte das nochmal betonen. Die Hausärztin war sogar kurz vorher da um sich von ihm zu verabschieden. Als er starb war er nicht alleine.
Wir waren da und auch sein Sohn, der seinen Vater zum Abschied nocheinmal feste gedrückt hat und ihm eine gute letzte Reise wünschte. *schnief*

....

Übrigens das mit den Düften aus der Apo hab ich mir hinter meine Löffel geschrieben und werde es nicht vergessen und mal ausprobieren.

[Benutzer 1685 gelöscht]

Hallo Lena,

Er bekam eine adäquate Schmerz - und Beruhigungstherapie, wollte das nochmal betonen.

Das passt für mich nicht mit deiner obigen Schilderung zusammen. Vielleicht solltest du dir da als QM nochmal Gedanken machen und Infos einholen.


LG
Sophie

[Mendax]

Der Hausarzt kann eine Verordnung zur Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung ausstellen. Dann kommen zu euch ins Heim Palliativfachkräfte aus Pflege und Medizin. Nach Paragraph 37b SGB V eine reine Kassenleistung!

[Benutzer 1685 gelöscht]

Hallo Mendax,

ich fände es falsch, wenn wir nun für alle palliativen Patienten nur noch den Palliativ-Mediziner und die entsprechende Pflegekraft holen würden.

Ich glaube, dass die Sterbebegleitung und auch die adäquate Symptomkontrolle zur Altenpflege dazugehört. Lena hat ja geschildert, dass es Kontakte zu einer Palliativ-Station gibt, diese sollten genutzt werden. Die Hausärzte sind oft dankbar, wenn man Ihnen Vorschläge unterbreitet bzgl. Schmerzmedikation, etc.

LG
Sophie