Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Bietet Pflegebedürftigen, Angehörigen, Mitarbeitern, ehrenamtlich Engagierten, Berufsbetreuern und allen die Zeuge von Verletzungen der Menschenwürde sind, die Möglichkeit darüber zu berichten sowie Rat und Unterstützung einzuholen. Positive Beispiele und Vorbildhaftes kann hier ebenfalls hervorgehoben werden.
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Monchichi
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Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von Monchichi »

Hallo,

ich beschäftige mich derzeit viel mit ethischen Fragestellungen,habe bisher immer gedacht,daß Einstellen der Sondenkost auf Wunsch vom Angehörigen--"sowas geht gar nicht" und wenn die Entscheidung zur PEG einmal gefällt wurde,dann muß das durchgezogen werden,bis der Mensch von allein stirbt.-so nach dem Motto,was sagen die Angehörigen auch zu,wenn der mutmaßliche oder geäußerte Wille bestand,daß der Betreffende keine Sonde möchte.
Hinzu kommen ja auch Gedanken an den Ruf des Heimes,die sowas durchziehen,wie kommen die unterschiedlichen PK klar mit so einer Entscheidung und auch der Gedanke"Sterbehilfe-niemals bei uns und das geht gegen unsere Einstellung".
Nicht zu allerletzt auch der Gedanke an das Bett im Heim,das frei wird und eine Pflegestufe 3 wegfällt...

Manche Ärzte,die dagegen sind- reden von --nicht verhungern und verdursten lassen können(das geht nicht) und diese Form der Sterbehilfe sei verboten,aber das weiß ich durch meine Weiterbildung das beides falsch ist,Thema Terminale Dehydration,nix mit verhungern und verdursten,körpereigene OPiate,die gebildet werden,der euphorisierende Effekt der Ketose,der eine leidensmildernde Wirkung hat und es gehört zur passiven Sterbehilfe,die nicht verboten ist.

Es gibt da ja diesen einen Fall---les hier http://www.sueddeutsche.de/leben/urteil ... n-1.965047

Und dann habe ich einen Artikel von der Uni Tübingen,aus dem Institut für Ethik,für diejenigen,die sich da auch weiter für interessieren,danach fühle ich mich als Unmensch,daß ich jemals gedacht habe"das geht doch nicht,weil dieses und jenes" man macht sich am Menschen schuldig,fügt den Angehörigen viel Leid zu,die sich einsetzen dafür und man sagt "Nein,nicht bei uns" der Mensch,der da liegt,nie so liegen wollte und das schon jahrelang,keine Aussicht auf Besserung,reines vegetieren-- hat einfach das Recht darauf,daß die Behandlung unterbrochen wird...

Hier ist er:http://www.egt.med.uni-muenchen.de/pers ... dlagen.pdf

Gibt es Erfahrungen hier zu dem Thema,die das durchgeführt haben?

LG,Monchi
Zuletzt geändert von Monchichi am Sa 15. Sep 2012, 18:09, insgesamt 1-mal geändert.


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doedl
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AW: Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von doedl »

Hallo Monchichi

ich hatte mal so einen Fall im Heim: eine Patientin im Wachkoma, seit Jahren an der PEG. Der Ehemann und die Kinder der Frau entschieden, die PEG abzustellen. Sie hatten seinerzeit einen Anwalt aus München (habe leider den Namen vergessen), der sie über die rechtlichen Schritte aufklärte.

Das Vormundschaftsgericht erklärte auf Anfrage, für solche Entscheidungen sei es nicht zuständig; der Ehemann war der gesetzliche Betreuer.

Zuerst war es ziemlich dramatisch, weil die meisten Pflegekräfte ein Riesenproblem damit hatten- man kann doch die Frau nicht verdursten lassen usw. Wir holten dann Professor Gründel, einen Moraltheologen, um mit ihm gemeinsam einen Weg für die Gewissensnöte der Mitarbeiter zu finden.

Die PEG wurde abgestellt, die Frau starb (allerdings weiß ich nicht mehr, wann genau nach Abstellen).

Nach diesem Vorfall war es mir ein Anliegen, Angehörige, die von Ärzten zu einer PEG Anlage überredet werden sollten, das Gegenteil anzuraten (natürlich bei solchen Patienten, bei denen es ethisch mehr als fraglich war). Seinerzeit waren auch die Ärtze schnell dabei beim PEG Legen. Ich denke, mit Stärkung der Patientenrechte hat sich auch diese Einstellung sehr geändert.

Wenn Ihr im Heim jemand habt, bei dem die PEG abgestellt werden soll, dann klärt sehr sehr schnell mit den Pflegekräften, wie diese dazu stehen. Wenn jemand sich außerstande sieht, einen solchen Patienten zu versorgen (weil er nicht zusehen kann), dann muss das machbar sein.

Auch rechtliche Bedenken kommen vor- was ist wenn, mache ich mich schuldig usw. Die Mitarbeiter müssen wissen, was die Rechtsgrundlage ist, was Sterbevorgang bedeutet, dass nicht trinken beim normalen Sterben auch nicht vorgesehen ist usw.

Hoffe ich konnte Dir etwas helfen

Gruß Doedl


Wir müssen die Änderung sein, die wir in der Welt sehen wollen- Mahatma Gandhi

RR77/38
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AW: Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von RR77/38 »

Ich denke Heimleitung und Pflegeteam müssen sich bei jedem Sterbenden über eine gemeinsame Linie einigen, und diese dann mit Hausarzt, Betreuer und nächsten Angehörigen ggflls anhand einer vorliegenden Patientenverfügung "durchziehen".
Wenn man die Linie des Heims als Pflegekraft nicht mit dem Gewissen vereinbahren kann, bleibt evtl nur ein Wechsel des Arbeitsplatzes.
Eine Fortbildung über die rechtlichen Grundlagen passiver Sterbehilfe wäre unter Umständen auch sinnvoll, da sich die Gesetzeslage AFAIR erst 2009/10 geändert hat. Jüngere Pflegekräfte werden dieses wohl schon als Thema in der Ausbildung haben.
Ich denke dieses Thema ist Hardcore, bei dem man ein starkes Rückgrat braucht.



thorstein
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AW: Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von thorstein »

Ich habe schon öfter BewohnerInnen betreut, bei denen die PEG-versorgung eingestellt wurde. In einem Fall wurde dazu ein ethisches Konzil abgehalten, was für mich sowieso der Goldstandard wäre.
Rechtlich sehe ich da überhaupt keine Probleme, wenn sich alle Beteiligten einig sind. Wichtig im Heim scheint mir aber zu sein, dass die Pflege bei der Entscheidung miteinbezogen wird. Dafür gibt es wohl aber keine rechtliche Grundlage oder eine rechtlchen Anspruch.
Jemanden in der Sterbephase künstlich zu ernähren halte ich persönlich für Körperverletzung. Wie sollte da die Indikation lauten: Die PEG liegt doch? etwas absurde Argumentation.



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Monchichi
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AW: Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von Monchichi »

Ein Angehöriger kam Freitag zu mir mit Tränen in den Augen und der Bitte,daß ich als Pall. Care Kraft ihm helfe,bzw. seiner Mutter,es unterstütze,daß die Sondenernährung eingestellt wird,zuvor kannte ich ihn gar nicht,seine Mutter lebt auf einem anderen Wohnbereich.Er hätte schon überlegt,den Schlauch durchzuschneiden,traut sich dies aber dann doch nicht-der Hausarzt wäre letztes Jahr komplett gegen eine Einstellung gewesen und hätte gesagt,da müßte er sich einen anderen suchen für dieses Thema.
Ich bin schon ziemlich aufgewühlt deswegen,habe ihm gesagt,daß ich mich mit dem Arzt in Verbindung setze und daß ich ihm zeige,wie er seiner Mutter gutes tun kann(Massagen,Duftlämpchen,vorlesen etc.-er sagt,er sitzt immer hilflos am Bett und weiß nicht,was er dort machen soll).

Ich wußte ein paar Tage vorher schon,daß da was ist,daß er Unterstützung/Begleitung braucht,da wurde ich von PDL informiert,mit der Bitte,mich zu kümmern,auch daß er diese Gedanken hegt und als er mich sah,platzte er sofort mit seinem Wunsch raus.Seine gesamte Familie,Umgebung steht da hinter ihm...

Weiteres möchte ich aber jetzt nicht dazu schreiben,auch nicht,wie es weiter geht,bitte nicht fragen.

Schreibt mir einfach,wer dieses Thema auch schon hatte,wie ihr damit umgegangen seid...

Vom Team her,wenn die aufgeklärt sind und gut begleitet werden,die auch wissen,wie sie der Frau die verbleibende Zeit so angenehm wie möglich machen können,ich denke schon,daß die meisten das mittragen können.

Aus meinem Team kenne ich es so,daß die meisten Pflegekräfte "froh",erleichtert sind,wenn es jemand geschafft hat,der lange lag,wo keine Kommunikation mehr möglich war,daß bei solchen oft gesagt wird,Mensch,was zieht sich das hin und hoffentlich wird er/sie bald geholt,ist ja kein Zustand und wer will so liegen etc...

Wer damit Probleme hat,sollte natürlich das Zimmer nicht betreten müssen--natürlich das kann passieren.

Würde mich jedoch wundern bei vernünftiger Begleitung und Aufklärung.

Ein Drama und Geheimnis braucht man da ja echt nicht draus machen,man braucht nicht mal eine richterliche Genehmigung.

Falls das bei uns geschieht,hätte ich jedoch auch gerne eine Ethikberatung dabei...damit das ganze professionell läuft.

Aber wer weiß,was der Arzt nun sagt,meine Leitungen,ich habe das Gefühl,ich altere um 20 Jahre bei solchen Themen,es zermürbt,macht Kopfschmerzen,ja es ist Hardcore...

LG,Monchi
Zuletzt geändert von Monchichi am Sa 15. Sep 2012, 22:06, insgesamt 1-mal geändert.


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RR77/38
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AW: Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von RR77/38 »

In solchen Situationen, in denen Ernährung nicht mehr gewünscht wurde hatten wir im Heim quasi als Palliative Care für das Team s.c. NaCl-Lösung gegeben. Ist zwar letztlich Unsinn, beruhigt aber das Gewissen einiger Pflegekräfte und Angehöriger. Frag mal mendax, der hat ja schon länger Erfahrung als PC-Pflegekraft.

Es ist und bleibt Hardcore. Gewissensentscheidungen gibt es nicht zum Nulltarif!



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Monchichi
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AW: Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von Monchichi »

Die Unwissenden würde es beruhigen mit Infusionen,mir würde es Albträume bescheren,weil es das sterbendoch erschwert und hinaus zögert.
Da würde ich dann schon aufklären über die Terminale Dehydration,welche Effekte,Vorteile das bringt und gegen das Durstgefühl gibt es gute Mundpflege :) .Die wenigsten Sterbenden saugen an einer Kompresse.Wäre schön,wenn Mendax seine Erfahrungen mitteilt.

LG,MOnchi
Zuletzt geändert von Monchichi am So 16. Sep 2012, 22:39, insgesamt 1-mal geändert.


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Monchichi
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Beitrag von Monchichi »

Doedl-ja ,Du hast mir sehr geholfen,ich danke allen,die hierzu schreiben...


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RR77/38
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AW: Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von RR77/38 »

Guck mal im Palliative Care Thread oben oder schreib eine PN an Mendax!



A.v.Stösser
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AW: Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von A.v.Stösser »

Auch von meiner Seite, vielen Dank an alle Beteiligten, für diese wünschenswerte Form der Auseinandersetzung mit einem schwierigen Thema.

Bei unserem nächsten PflegeTreff in Köln: "Welche Nahrung brauchen Sterbende wirklich?, geht es ebenfalls um die hier aufgeworfenen Fragen. http://www.pflege-shv.de/uploads/pflege ... 9.2012.pdf

Hier nochmals meine Vorstellung einer Regelung: http://www.pflegekonzepte.de/uploads/Mu ... 0Ethik.pdf



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Monchichi
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AW: Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von Monchichi »

Es sind ja doch mehr als ich dachte,die Erfahrungen mit dem Thema haben,über PN haben sich einige gemeldet-danke dafür.

Mich macht das Thema ganz fertig,egal in welche Richtung,bin nur noch am futtern,schiebe das Arztgespräch raus...möchte am liebsten dicht machen und verdrängen.

Einfach weil es son riesen Brocken ist,den man da vor sich hat,das macht man nicht mal einfach so-auch wenn der Sohn das denkt,der hätte am liebsten gestern schon alles geregelt gehabt und meint,das wäre alles ganz easy.#

Daß da Menschen (Pflegekräfte)begleitet werden müssen,aufgeklärt werden müsssen,falls der Arzt sein o.k. gibt,diese Ethikbesprechung,muß ich ihm noch beibringen.

Was mich so konfus macht,diese riesen Aufgabe alles zu besprechen und zu begleiten,die Sorgen und Ängste,klappt das reibungslos mit der alten Dame,wird sie ruhig und friedlich versterben oder wird es zu Schwierigkeiten kommen auch der Gedanke,wer zahlt denn die Ethikerin(muß ja im Grunde der Sohn),aber auf anderer Seite versuchen das Thema abzublocken und weitermachen wie bisher-geht nicht,die alte Dame hat das Recht auf Behandlungsabbruch.
Wer selber eine Patientenverfügung in der Richtung hat,wird sich da besonders gut reindenken können.
Wenn die Frau das gesagt hat,daß sie in einem solchen Zustand nicht leben möchte,nicht will,daß ihr Leben dann verlängert wird,da ist jedes Jahr was nun vergangen ist und jeder weitere Tag ein "Verbrechen"an der Frau.
Der Sohn hätte da schon viel eher reagieren sollen im Sinne seiner Mutter,aber es ist nun wie es ist...

Mit dem Arzt spreche ich heute noch und zu morgen nach meinem Frühdienst bitte ich den Sohn zu kommen,da werde ich ihm verschiedenes zeigen,wie er seiner Mutter gutes tun kann...

LG,MOnchi


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BiFi
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AW: Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von BiFi »

Sag mal Monchi, wirst du denn von deiner PDL nicht unterstützt??
Was sagt die denn dazu, die kann das doch nicht alles auf dich abschieben??
Hat die denn keine Ideen oder führt Gespräche mit dem Sohn und dem Arzt??
Das ist doch ihre Einrichtung, sie muss doch die Entscheidung mittragen! :eek:

LG BiFi



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Monchichi
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AW: Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von Monchichi »

Hi Du-keine Panik Bifi :) .
PDL und ich stehen in engen Kontakt zu dem Thema,ich checke heute erst mal die Meinung des Arztes ab und dann besprechen wir zusammen weiter...Am liebsten würde man es verdrängen,wir ,also PDL und ich brauchten jetzt jeder für sich auch erst mal ein paar Tage,um das sacken zu lassen,ich habe bisher nicht mal mit der WBL darüber geredet,das kommt alles noch--nach dem Arztgespräch...


LG,MOnchi


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thorstein
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Beitrag von thorstein »

Grundsätzlich ist es nicht Aufgabe der Pflegekräfte, die Rechte der BewohnerInnen durchzusetzen.
Wir begleiten den Prozeß, sollten ihn aber weder lenken noch leiten.



BiFi
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AW: Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von BiFi »

Ach so, okay!! :smile
Ich war nur so entsetzt weil du dich so verzweifelt angehört hast.
Ich dachte, dir wird die ganze Last auf die Schultern gepackt...

Nix für ungut!!
LG BiFi



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Monchichi
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AW: Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von Monchichi »

Der Arzt bzw. die Ärtzin ist sehr offen,was das Thema betrifft,kann da persönlich gut mit umgehen(hätte ich nicht gedacht,weil letztes Jahr hieß es noch,der Sohn müsse sich für seinen Wunsch einen anderen Arzt suchen).Sie meint,da können wir uns drauf einstellen,daß Thema kommt vermehrt durch all die vorschnell gelegten PEG´s...
Zu Hause sieht sie keine Probleme,im Heim ist das ganze erschwert,weil so viele Menschen dies mittragen müssen.
Sie meinte,wenn es ein ethisches Konzil gibt und alle eiverstanden sind,steht dem nichts im Wege.

Nun erzählte mir gestern eine PK von dem Wohnbereich,daß es der Bew. nicht gut geht,habe ihr alles erzählt und wir hoffen nun,daß sich das Thema von allein erledigt...

LG,MOnchi


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johannes
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AW: Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von johannes »

Die Anlage einer PEG in der Finalphase des Menschen würde ich in den Bereich der unzulässigen Instrumentenmedizin einordnen. Sie ist Ausdruck der Hilflosigkeit angesichts des nahenden Todes. Wie Doedl bereits geschrieben hat, halte auch ich eine Sonde in der Finalphase für fragwürdig.

1 Angehörige können nicht loslassen
2 Pflegekräfte und selbst Ärzte können nicht loslassen
3 der Sterbende wird entrechtet

Das sind die Hintergründe und Zusammenhänge, die ich hier sehe. Bisher wurde auch in diesem Tread nicht offengelegt, warum die Menschen nicht loslassen können. Erst, wenn die Hintergründe offen zutage treten, wird es m. E. auch echte, tragfähige Lösungen geben.

In unserem Hause haben wir nicht mit den in diesem Tread beschriebenen Problemen zu kämpfen, obwohl sowohl die Mitarbeiter als auch die Pflegebedürftigen und Angehörigen in den unterschiedlichsten ethischen Ursprüngen verankert sind.

1 bereits bei Aufnahme ins Heim wird auf die Art der Bestattung eingegangen. Das ist eine Selbstverständlichkeit, so daß bisher (in den letzten 20 Jahren) von niemanden darüber Fragen kamen.

2 bereits bei Aufnahme ins Heim wird auf eine Generalvollmacht mit Patientenverfügung aufmerksam gemacht, bevor der Pflegebedürftige nicht mehr entscheidungsfähig ist

Seit Mitte letzten Jahres steht ein Entwurf einer Generalvollmacht mit Patientenverfügung auf der Homepage des Hauses zum download zur Verfügung - auch für jene, die nicht bei uns wohnen können. Dies fördert die Beschäftigung mit den Gegebenheiten auch um den Tod herum und kann bei der Entscheidungsfindung helfen.

3 Altern mit der letzten Folge - dem Tod - wird hier auch in den Gesprächen als etwas ganz "normales" behandelt. Der Mensch muß sterben, weil er sich von der Quelle des Lebens gelöst hat. Das ist nun mal die logische Folge.

4 Wenn ein Bewohner im Sterben liegt, wissen das auch die anderen Bewohner und nehmen Anteil. Nicht in der Form des "Bedauerns", sondern in der Form des "Begleitens", des "Anteil nehmens".

5 Die Mitarbeiter sind aufgeklärt, daß in der Sterbephase der Mensch seine körperlichen Aktivitäten immer mehr einschränkt, daß dadurch immer weniger Nahrung und Flüssigkeit erforderlich ist, daß der Mensch also weder verhungert, noch verdurstet.

6 Die Angehörigen werden von uns und der behandelnden Ärztin in gleicher Weise aufgeklärt, so daß sie sich keine Schuldgefühle einreden müssen, der Sterbende würde verhungern und verdursten gelassen. Sie lernen also, daß nicht Essen und Trinken, sondern Begleiten in dieser Phase erforderlich sind.

Sie wurden ermuntert, mit dem Sterbenden zu reden, Dinge anzusprechen, die vielleicht noch zwischen ihnen standen, von Versöhnung zu sprechen, um dem Sterbenden die Möglichkeit zu geben, mit sich und seiner Umwelt ins Reine zu kommen.

Fast alle, die nicht durch einen plötzlichen Tod überrascht wurden, haben so auch die Gelegenheit genutzt, ihren Angehörigen auf seinem letzten Weg zu begleiten. Durch die Begleitung wurde es ihnen erleichtert, richtig Abschied zu nehmen, ihn ohne "schlechtes Gewissen" gehen zu lassen.

7 Dem Sterbenden werden Nahrung und Trinken oral angeboten nach dem Grundsatz: was er freiwillig isst und trinkt ist für ihn ausreichend. Eine PEG in der Finalphase kommt gar nicht in Betracht - auch in Abstimmung mit dem behandelnden Arzt und den Angehörigen. Die Frage, ob die Angehörigen sein Sterben und sein evtl. damit verbundenes Leiden wirklich verlängern wollen, hat sich als eine klare Entscheidungshilfe erwiesen.

8 Die religiösen Gewohnheiten werden gezielt berücksichtigt - z. B. bei katholischen Gläubigen, daß sie die letzte Ölung wünschen. In einem Fall wurde da eben der Pfarrer sogar 3 mal gerufen, weil es so aussah, als ob es zu Ende geht.


Ein Mensch existiert nicht - er lebt!
Keiner ist so blind wie der, der nicht sehen will.
Ich vertrete nicht immer die herrschende Meinung - aber ich habe eine Meinung!
Einer sucht für ein Problem eine Lösung - ein Anderer sucht für eine Lösung ein Problem

Aldepflecherin
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AW: Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von Aldepflecherin »

Johannes, klasse Antwort! Applaus!



Benutzer 1685 gelöscht

AW: Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von Benutzer 1685 gelöscht »

Hallo Johannes,

auch ich finde deinen Beitrag sehr gelungen und auch wir gehen so mit diesem Thema um.

Monchichi hat wohl aber das Problem, dass eine PEG liegt, und jetzt der Sohn dies nicht mehr möchte. Mir fiel, dazu auf Anhieb dieser Fall ein, wo ein Sohn die Sonde einfach abgeschnitten hat.

Vielleicht findet sich im Fall von Monchichi, eine weniger dramatische Lösung.


Mir wichtig hier zu erwähnen ist noch folgendes. Ich habe in all den Jahren, keinen Arzt oder Pflegeteam erlebt, dass sich dieses Thema (eine PEG zu legen) leicht gemacht hat. Im Pflegekonzept von Frau A. von Stösser gewinnt man den Eindruck, dass Klienten, wenn sie mehrere Tage schlecht gegessen/getrunken hätten, aus dem Pflegeheim direkt ins KH verlegt würden um eine PEG zu legen, ohne zuvor zu reflektieren.
Ich persönlich, habe das in 22 Jahren Pflege noch nie erlebt und halte es auch nicht für realistisch.

Sophie



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Monchichi
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AW: Sterben ermöglichen durch Einstellen der Sondenkost...

Beitrag von Monchichi »

Ja klasse,was Johannes schreibt,paßt jedoch nicht zu meinem Beitrag,aber macht ja nichts :) .

Das in der Finalphase eine PEG gelegt wird,sowas habe ich noch nie gehört...

Von den Heimen kenne ich es auch nicht,daß da vor Jahren schnell zu einer PEG geraten wurde,die kommen von zu Hause oder aus dem KH so zu uns.
Ich habe nicht einen Bew. erlebt,der vom AH ins KH kam,damit eine PEG gelegt wird!
Der Sohn unserer betreffenden Dame,um die es geht,der erzählte mir,daß er sein Einverständnis damals nicht gegeben hat,er kam ins KH und das Ding lag.Sie kam wegen einem Apoplex ins KH und dann mit der Sonde zu uns ins Heim.Anfangs war wohl noch sowas wie Lebensqualität da und die Sonde hatte da auch ihre Berechtigung,aber nun liegt sie seit mehreren Jahren,zu keiner Kommunikation fähig,bettlägerig-ich meine 6 Jahre hätte er gesagt.

Na ja,aber wie schon geschrieben,es geht ihr nicht gut,sie hat einen Infekt,der nicht mehr behandelt wird-Symptome werden behandelt,Med. sind schon so weit wie möglich runtergefahren und wenn sie sich eindeutig in der Sterbephase befindet(ich hoffe,daß es nun dazu kommt),dann wird die Sondenkost natürlich eingestellt ohne Trara vorher mit ethischem Konzil und so,das ist dann logisch und in meinen Augen auch Körperverletzung,wenn ein Sterbender Sondenkost erhält...

LG,MOnchi
Zuletzt geändert von Monchichi am So 23. Sep 2012, 17:48, insgesamt 1-mal geändert.


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