Einmal an die Luft

Bietet Pflegebedürftigen, Angehörigen, Mitarbeitern, ehrenamtlich Engagierten, Berufsbetreuern und allen die Zeuge von Verletzungen der Menschenwürde sind, die Möglichkeit darüber zu berichten sowie Rat und Unterstützung einzuholen. Positive Beispiele und Vorbildhaftes kann hier ebenfalls hervorgehoben werden.
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Siery
Beiträge: 14
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Einmal an die Luft

Beitrag von Siery »

Hallo Ihr Lieben. Ich bin Neu und erst einmal nur Praktikantin bevor ich in der Pflege oder Betreuung arbeiten werde.
Bin mir nicht sicher ob ich im richtigem "Abteil" schreibe. Wenn dann bitte verschieben.

Auf meiner Station lebt eine Dame die sehr Dement ist. Aber so noch ganz fit. Allerdings hört sie sehr schlecht. Ich würde sagen, sie hört gar nicht mehr. Unterhalte mich mit Karten. Wie ich mitbekommen habe sind ihr Wege immer nur vom Zimmer zum Speisesaal.
Ich fand es eine gute Idee wenn sie mal raus kommt und ihr "gesagt" dass wir ein wenig spazieren gehen. Mir war aber lieber dass sie im Rollstuhl sitzt da ich nicht wusste ob sie "schlapp" macht wenn Sie mal 10 Minuten am Stück läuft. So weit, so gut.

Ich fuhr sie 10 Minuten auf dem Gelände und sie erzähle viel. Als wir dann rein fuhren, ich sie ins Zimmer brachte war sie wie ausgewechselt. Fragte warum sie jetzt hier ist und warum ihre persönlichen Dinge hier sind und wer sie gebracht hatte.

Die eigentliche Frage ist, wenn sie nach solchen Ausflügen so reagiert, sollte man dann solche Spaziergänge unterlassen und sie im täglichem Trott (von A nach B...von B nach A) belassen? Wäre es zu viel Stress für die Dame?

Vielleicht habt ihr ja ein paar Tipps für mich. An Aktivitäten nimmt sie sonst gar nicht teil, leider.


Der Mensch ist die größte Naturkatastrophe aller Zeiten

Benutzer 10209 gelöscht

Re: Einmal an die Luft

Beitrag von Benutzer 10209 gelöscht »

Moin Siery !

Was Du beobachtet hast, ist ganz typisch für eine Demenz im fortgeschrittenen Stadium.
Das Kurzzeitgedächtnis ist verloren: Sie hat - während der Ausfahrt - vergessen, dass sie im Heim lebt.
Das Langzeitgedächtnis ist noch intakt: Sie erinnert sich an ihre persönlichen Dinge.
Ob solche Spaziergänge sinnvoll sind, solltet Ihr im Team besprechen:
--- Unsere Freundin - die Ferndiagnose - ist leider kürzlich verstorben. ---
Grundsätzlich ist sind solche Anregungen (Ausfahrten) aber positiv zu bewerten.
... (von A nach B...von B nach A) ... : Hört sich i´wie nach Viehtrieb an.
Dass dann der menschliche Geist retardiert ist ein Selbstläufer.
Stress ist (per se) physiologisch: Kein Mensch hat keinen Stress, und "an Anforderungen
wachsen wir" (auch unsere Bewohner) !

Nur Mut
Frieda



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doedl
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Re: Einmal an die Luft

Beitrag von doedl »

Hallo Siery,

Anregung bedeutet viel für den Menschen und Dein Spaziergang war sicherlich nicht falsch.

Wenn die Dame sich danach wieder zeitweise in der Realität befand, so zeigt das doch eher einen positiven Effekt, statt Stress.

Wer erzählt, teilt sich mit und hat etwas mitzuteilen; das völlige Gegenteil erlebt ja oft in Heimen, wenn die Bewohner stumpfsinnig vorm Fernseher sitzen und trotz Gemeinschaft mit vielen anderen keinerlei Gespräch stattfindet.

Demenz bedeutet ja auch nicht, ständig in der Welt des Vergessens zu leben, sondern die Erinnerung ist a) sehr abhängig von der Demenzform, weiterhin von der Tagesform, von der Gemütslage und eben auch von der erfolgten Anregung.

Eine Gruppenleiterin erzählte mir Samstag von einer Teilnehmerin, die so angetan ist von der Gruppe, dass ihr Mann sich schon wunderte, wie lebhaft seine Frau nach diesen Nachmittagen ist.

Gruß Doedl


Wir müssen die Änderung sein, die wir in der Welt sehen wollen- Mahatma Gandhi

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