ich habe folgenden Sachverhalt beim jetzigen AG:
AG ist ein großer ambulanter Pflegedienst im Dachverband der Diakonie-Württemberg, zur Anwendung kommt der Tarif "AVR-Württemberg".
Im ambulanten Bereich gibt es bekanntermaßen keine festen Schichtzeiten (wie im stationären Bereich), sondern lediglich "Touren". Diese Touren sind bei allen (mir bekannten) amb. Pflegediensten mit bestimmten "Zeiten" versehen. Diese "Arbeitszeit" ist jedoch nur eine grobe Planung.
Die tatsächlichen Arbeitszeiten in der jeweilgen Tour und am jeweiligen Tag variiert erfahrungsgemäß täglich um einen gewißen Zeitkorridor (zwischen 5 Minuten und 1 Stunde). Die Ursachen für diese zeitlichen Schwankungen sind vielfältig und reichen von verkehrsbedingten Gründen über normale Schwankungen (zeitlich) bei der Versorgung der einzelnen Patienten, bis zu Notfällen und Sterbefällen. Dadurch ergibt sich:
Es gibt de facto keine festen Arbeitszeiten für die jeweiligen Dienste bzw. Touren. Sondern immer nur eine "angedachte Arbeitszeit", die aber täglich leicht bis stark variiert. Daher wird bei allen amb. Pflegediensten die tatsächliche Arbeitszeit täglich ermittelt (per Software oder per Stundenzettel auf Papier).
Problem:
Im Krankheitsfall und bei Urlaub berechnet mein AG auf unterschiedliche Weise die anzurechenen Stunden je Tag.
Für Urlaubstage wird die Sollarbeitszeit genommen. Diese beträgt bei einer 100%-Stelle 7,8 Stunden / Tag bei einer 5-Tage-Woche und 39-Stunden-Woche.
Jedoch für Krankheitstage werden lediglich die laut Tourenplan "geplanten" Zeiten genommen. Dadurch ergibt sich in vielen Fällen weniger anzurechenen Arbeitszeit an einem Krankheitstag als tatsächlich anfällt.
Meine MAV teilte mir auf nachfrage mit, dass diese vorgehensweise Rechtens sei und schickte mir folgende Zitate:
Besonders das letzte Zitat hat meine MAV hervorgehoben - siehe Hervorhebung.Auszug AVR
§ 6 Regelmäßige Arbeitszeit
(1) 1Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen für die Beschäftigten des Bundes durchschnittlich 39 Stunden wöchentlich,
(2) 1Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zugrunde zu legen. 2Abweichend von Satz 1 kann bei Beschäftigten, die ständig Wechselschicht- oder Schichtarbeit zu leisten haben, ein längerer Zeitraum zugrunde gelegt werden.
Ergänzend zu § 6 Abs. 2 wird bestimmt:
Beginn und Ende des Zeitraums für die Berechnung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist im Voraus festzulegen.
Auszug Verdi
Grundsätzlich gilt, Krank ist wie gearbeitet
Es sind die Zeiten gutzuschreiben wie ich nach Dienstplan gearbeitet hätte.
Auszug Haufe Arbeitsrecht
Diese Betrachtung, die der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Entgeltfortzahlung entspricht, führt in der Konsequenz zu einer veränderten Betrachtung des Arbeitszeitkontos: Das Zeitkonto ist danach nicht "Überstundenspeicher", sondern Verrechnungsinstrument für die regelmäßige Arbeitszeit. Das Zeitkonto drückt damit den für die regelmäßige Arbeitszeit bestehenden Entgeltanspruch des Mitarbeiters aus nur eben in anderer Form, nämlich als Anspruch auf Freistellung bei fortlaufendem Entgelt ("Plusstunden") oder Anspruch des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer auf Nachleistung von Arbeitszeit ("Minusstunden"). Für die Einbeziehung solcher Plus- und Minusstunden in die zu leistende Entgeltfortzahlung hat das BAG den Begriff des "Zeitfaktors" der Entgeltfortzahlung geprägt.
Die bei Krankheit ausgefallene regelmäßige Arbeitszeit entspricht also der Arbeitszeit, die der Arbeitnehmer bei Gesundheit geleistet bzw. auf dem Zeitkonto gutgeschrieben bekommen hätte. Im Ergebnis führt das dazu, dass auch bei Krankheit grundsätzlich nach dem Ausfallprinzip zu verfahren ist. Bei betriebsseitig geplanten verlängerten oder verkürzten Arbeitszeiten hat also der kranke Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung in Höhe der geplanten Arbeitszeit. Bei verlängerter Arbeitszeit erwirbt er dementsprechend auch Zeitguthaben; bei verkürzter Arbeitszeit wird auch im Krankheitsfall Zeitguthaben abgebaut, wenn dies auch bei Gesundheit erfolgt wäre.
Mir erscheint diese Sichtweise meiner MAV jedoch falsch.
Gibt es hier jemanden, der sich in diesem Sachverhalt auskennt??
Gruß
christ.ai