Demenz und Fernseher/Musik

Das Diskussionsforum für alle Themen, die die Pflege betreffen, Fragen Tipps, Anregungen etc alles ist willkommen...
Antworten
Soleille
Beiträge: 88
Registriert: Do 22. Sep 2005, 12:37

Demenz und Fernseher/Musik

Beitrag von Soleille »

Hallo,

es gibt etwas, was mich ziemlich nervt auf unserer Station.
Inzwischen habe ich schon fast kapituliert.

Der Fernseher im Tagesraum läuft fast den ganzen Tag, oft auch noch während der Mahlzeiten.
Morgens , wenn BW, die gewaschen und angekleidet sind, zum Warten aufs Frühstück in den Speiseraum gesetzt werden, wird Musik angemacht , Blasmusik oder Volkslieder und zwar laut.
Eine demente Bewohnerin sitzt den ganzen Tag vor dem eingeschalteten Fernseher, auch während der Mahlzeiten.
In einem anderen Aufenthatlstraum geht das Radio den ganzen Tag.
Die meisten Kollegen schalten auch während der Grundpflegen in den Zimmern einen Radiosender ein, der ihrem Musikgeschmack entspricht.

Mich stört es sehr.
Aber ich habe nicht einen Kollegen davon überzeugen können, darüber mal nachzudenken, ob das so gut ist für unsere Bewohner , die zum größten Teil auch noch recht unruhig sind.
Und ich finde es auch irgendwie achtlos, im Bewohnerzimmer, in dem womöglich noch ein sterbender Mensch gepflegt wird, währendessen Musik und Geplapper zu hören.
Und ich kann mir nicht vorstellen, daß es für Menschen, denen es immer schwerer fällt, Reize zu verarbeiten ,gut ist, den ganzen Tag dem Geflimmer auf dem Bildschirm ausgesetzt zu sein.

Was meint Ihr?



Techno-Junky
Beiträge: 21
Registriert: Di 13. Dez 2005, 09:15

AW: Demenz und Fernseher/Musik

Beitrag von Techno-Junky »

Hallo!

Natürlich ist deine Schilderung grausam. So ist es ja kein Wunder das die Altenpflege bzw. die Pflegekräfte einen so schlechten Ruf bekommen.

Wenn der Bew. es morgens in der Grundpflege wünscht Musik zu hören (natürlich seine Lieblingsmusik) dann sollte man es akzeptieren, weil es Gewohneit ist. Aber seine Lieblingsmusik zu hören sollte man doch unterlassen, weil man dadurch doch den Bew. im Verhalten ändert und bei der Arbeit nur abgelenkt wird.
Gerade bei der Grundpflege hat man die meiste Zeit sich mit den Bew. zu unterhalten über die Familie, sein Wohlbefinden, seine Wünsche und Bedürfnisse. Wenn man den Bew. z.B. nicht gut kennt könnte man so ein biografisches Gespräch durchführen um über ihn mehr zu erfahren.

Beim den Mahlzeiten finde ich sollte auch kein Fernseher oder Radio laufen, denn man möchte sich mit anderen Bew. unterhalten, die Bew. untereinander oder die Bew. möchten in Ruhe speisen.

Wenn ein Bew. nach der morgendlichen Pflege z.B. schon in den Tagesraum geht um auf das Frühstück zu warten, finde ich es okay, wenn man das Radio oder Fernseher anstellt, weil es noch eine halbe Std. oder so dauert bis es was gibt. Ansonsten sitzt er/sie da wie auf einen Präsentierteller.


DER BEWOHNER SOLLTE IMMER IM MITTELPUNKT STEHEN UND AKZEPTIERT WERDEN.



Benutzeravatar
johannes
Beiträge: 3704
Registriert: Sa 17. Nov 2001, 23:53
Kontaktdaten:

AW: Demenz und Fernseher/Musik

Beitrag von johannes »

Gast schrieb: Im Bereich des AEDL 9 sich beschäftigen können haben wir individuell definiert 2-3 mal täglich für ca 20 Min Lieblingsmusik anstellen, mehr bringt nur weniger.

Meine Erfahrung hat mir gezeigt, daß ein himmelweiter Unterschied besteht zwischen Konservenmusik und -unterhaltung gegenüber live. Beobachten Sie einmal nicht nur demente Bewohner, wenn sie von der Konserve berieselt werden und dann, wenn vor ihnen jemand steht, der Musik macht und singt. Selbst bei der Lieblingsmusik werdet ihr eine Überraschung erleben.

Es ist etwas anderes, wenn ich Geschichten vorlese so, als ob ich in der Geschichte lebe oder ob sie die gleiche Geschichte im Fernsehen vorgesetzt bekommen. Ich glaube, die meisten Pflegekräfte haben Angst, sich einmal selbst einzubringen, weil sich kein Vertrauen in ihre Fähigkeiten haben. Auch hier gilt: probieren geht über studieren!

Gruß

Johannes



Benutzer 1685 gelöscht

AW: Demenz und Fernseher/Musik

Beitrag von Benutzer 1685 gelöscht »

Hallo Gast,

bei uns läuft, bei den BW die es wollen SWR 4, wir haben zwar einen TV aber der ist meist aus. Die BW die öfter fernsehen, schauen meist auf ihrem Zimmer fern.

Ich persönlich singe viel mit den BW, um sie tages- und jahreszeitlich zu orientieren (oder auch zur Pneumonieprophylaxe ??? ) und einfach um mit dem BW in eine Interaktion zu kommen. Nun ist natürlich singen nicht jedermanns Ding. Aber kleine Sprichwörter mit denen man anfängt und der BW bringt sie zu ende, verbinden auch.

Was du in deinem Falle tun kannst. Sprich deine Kollegen im Teamgespräch drauf an, frage deine PDL wie sie dazu steht.

Bei uns ist es so, dass manchmal in der Mittagszeit leise am Stationszimmer swr 3 oder sowas läuft, den macht unsere Chefin, grundsätzlich aus, wenn sie auf Station kommt.



Soleille
Beiträge: 88
Registriert: Do 22. Sep 2005, 12:37

AW: Demenz und Fernseher/Musik

Beitrag von Soleille »

Danke für eure Antworten.
Ich werde mir wohl in Zukunft mehr Bestätigung hier im Forum holen.
Etwas bei uns verändern zu wollen, habe ich endgültig aufgegeben.
Meine Meinung und Einstellung ist total abweichend von der im Haus vorherrschenden.
Manchmal kaum erträglich.

Bei uns sind die dementen Bewohner den ganzen Tag auf dem Gang unterwegs
oder im Aufenthaltsraum.
Sind also ständig der Unruhe durch das Personal (lautes Rufen und Reden, auch über die Bewohner reden und lachen) und Besucher, Handwerker und andere ausgesetzt.
Und dann jammern und stöhnen die Kollegen, weil die Bewohner unruhig oder aggressiv sind.
Wenn ich ab und zu sage, daß dies auch eben daran liegen könnte, weil sie den ganzen Tag Unruhe ausgesetzt sind, wird das nur angezweifelt.

Jedenfalls ist es gut, mal wieder mit der eigenen Meinung ernstgenommen und bestätigt zu werden.



Benutzeravatar
schnitte
Beiträge: 893
Registriert: Mi 31. Aug 2005, 12:02

AW: Demenz und Fernseher/Musik

Beitrag von schnitte »

bei uns wurden viele fernseher abgeschafft, da sie nicht unserem demenzmodell entsprechen.



Benutzeravatar
Lena V.
Beiträge: 307
Registriert: Mi 30. Mär 2005, 13:46

AW: Demenz und Fernseher/Musik

Beitrag von Lena V. »

Ist echt schlimm, wie manche Aps ihre MAcht ausnutzen, und ihren Klienten etwas vorsetzten, was diese gar nicht wollen, und sich nicht wehren können dagegen, also ich meine wenn jmd fit ist, kann er sich dieser Geräuschkulisse entziehen, aber der der im Rollstuhl sitzt etc muss sich diesem Unsinn aussetzten, wenn das nciht depressiv macht...Vor allem denke ich an die Leute mit Hörgerät, was ist mit denen, die verstehen doch gar nichts, wenn nebenher das Radio oder Fernseher läuft. Die hören hören doch alles gleich laut, das würde sogar unser eins verrückt machen. Ich denke das ist totale scheiße was da in manchen Heimen abläuft, bloß nicht mit den Bew. beschäftigen, einfach hingstellt nch dem Motto satt und sauber wie vor 10, 20 Jahren, soviel zum Thema Professionalisierung der Pflege!!!!!!!
Es macht mich echt traurig, was würden wir sagen, wenn wir einmal so im Altenheim sind... Grade Demente Bew. die können doch TV Bilder gar nicht mehr zuordnen. Es ist jammer schade evtl gegebene letzte Ressourcen der Bew. durch son Blödsinn einschlafen zu lassen.
Wir haben z.B. eine Bew. bei uns die a. G. Morbus Huntington(man sagt nicht mehr Chorea Huntington) im Endstadium nicht mehr mobilisiert wird, sprich sie liegt im Einzelzimmer den ganzen Tag, ihr zr. liegt direkt neben unserem Essensbereich, da lasse ich ihre Türe hin und wieder mal auf(man kann von außen nicht reinschaun) das sie sog Alltagsgeräusche noch mitbekommt, wie lachen der BEw., Geschirr klappern, reden der Bew. etc Ich weiß ja nicht wie viel sie noch mitbekommt, spricht nicht mehr, keine Gestik mehr möglich, wahrscheinlich Dement...
Und es gibt noch so viele andere Möglichkeiten unseren Klienten einen würdevollen letzten Lebensabschnitt zu gewähren.

Ich musste einfach mal Dampf ablassen! :confused:


Lebe Liebe Strahle :D

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 9 Gäste