Bettgitter angeordnet aber nicht hoch gemacht

Pflege- und Sozialrecht.
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koernchen
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Bettgitter angeordnet aber nicht hoch gemacht

Beitrag von koernchen »

Guten Abend,

Ich hoffe mir kann jemand weiterhelfen. Habe schon viel gesucht, aber irgendwie komme ich nicht weiter.

Folgender Fall:

Ein Bewohner hat einen richterlichen Beschluss, welcher Bettgitter zur Nachtzeit gestattet.
PFK macht das Bettgitter aber nicht hoch, Bew. stürzt und bricht sich den Arm.
Was kann eingeklagt werden? Wer kann haftbar gemacht werden?
Wie sieht es mit Garantenstellung aus?

Vielleicht kann mir der ein oder andere einen Tipp geben.
Vielen Dank
koernchen



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johannes
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AW: Bettgitter angeordnet aber nicht hoch gemacht

Beitrag von johannes »

Völlig richtig, dass zunächst ein richterlicher Beschluss vorliegt, dass Bettgitter zur Nachtzeit gestattet ist.

Dennoch - auch wenn gestattet, ist dies kein Muss!

Es muss abgewogen werden, ob im konkreten Fall ein Bettgitter erforderlich ist, oder nicht. Kommt es bei Genehmigung zu einem Sturz, wird sich die Krankenkasse das wohl sehr genau ansehen. Sie verlangt in der Regel ein Sturzprotokoll und Einsicht in die Pflegedokumentation.

Es kann sein, dass die Einrichtung in die Haftung genommen wird (deren Haftpflichtversicherung). Hierbei wird allerdings nicht geprüft, ob ein Verschulden vorliegt oder nicht. Das ganze verläuft im Sande, wenn ein sog. Teilungsabkommen zwischen Krankenkasse und Haftpflichtversicherer vorliegt!

Ob in einer zivilen Schmerzensgeldklage gegen die Einrichtung Recht gesprochen wird, ist mir unbekannt. Hab noch nichts davon gehört.


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doedl
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AW: Bettgitter angeordnet aber nicht hoch gemacht

Beitrag von doedl »

Nun, wie Johannes beschrieben hat, gibt es zwei juristische Wege; das eine wäre die strafrechtliche Verfolgung- da müsste jemand Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung erstatten. Da der Sturz- gottlob- nicht tödlich ausging, wird die Staatsanwaltschaft den Fall nicht von sich aus aufgreifen.

Die zivilrechtliche Klage steht dem Geschädigten natürlich offen; hier greift dann die Beweisumkehr, heißt, ihr müsst nachweisen, dass euch kein Verschulden trifft.

Ich habe gerade in meinen Unterlagen ein Gerichtsurteil gefunden, welches den Vorfällen bei Euch ähnelt:

Haftung einer Kurzzeitpflegeeinrichtung bei Nichtanbringung eines Bettgitters
Für die Folgen eines Sturzes aus dem Bett muss ein Heim dann nicht eintreten, wenn auf ausdrücklichen Wunsch einer orientierten Bewohnerin ein Bettgitter nicht aufgestellt wurde und eine Veranlassung für eine Maßnahme, gegen den Willen der Bewohnerin zu handeln, nicht gegeben war.
AG Bielefeld, Urt. vom 07.04.97, AZ: 4 C 689/95 aus: AH 97

Da es sich um einen richterlichen Beschluss handelt, dürfte Eure Bewohnerin wohl nicht orientiert sein. Ob der Fall wirklich vergleichbar ist, hängt auch noch von anderen Faktoren ab, die mit deiner Kurzbeschreibung nicht gelöst werden können.

Gruß Doedl


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koernchen
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AW: Bettgitter angeordnet aber nicht hoch gemacht

Beitrag von koernchen »

Hallo zusammen,

vielen Dank für die Antworten.

In dem konkreten Fall wäre das Bettgitter erforderlich gewesen.
Der Bewohner hat das Bettgitter nicht verweigert (ist kognitiv nicht in der Lage dazu) deshalb ist der Fall leider nicht vergleichbar.

Liebe Grüße



Benutzer 10209 gelöscht

AW: Bettgitter angeordnet aber nicht hoch gemacht

Beitrag von Benutzer 10209 gelöscht »

Hhhhhmmmm........

Wie sah die Pflegeplanung (zum Zeitpunkt des Sturzes) aus?
Was gerichtlich erlaubt ist, ist keine Anordnung für den konkreten Einsatz.
Die Pflegeplanung ist die Dienstanweisung (das "Maß der Dinge"): "Jetzt machst oder unterlässt du dieses oder jenes."
Hat der MA nicht entsprechend der Pflegeplanung gehandelt, und hat er die Abweichung nicht im Pflegebericht dokumentiert und begründet, steht er am dümmeren Ende.
War die Pflege- oder Maßnahmenplanung nicht eindeutig, so sehe ich hier betriebliche Defizite, die schleunigst abzustellen sind.



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doedl
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AW: Bettgitter angeordnet aber nicht hoch gemacht

Beitrag von doedl »

Nun, ich glaube eine Pflegeplanung kann man sich hier schenken:

Das Bettgitter war erforderlich; es wurde nicht hochgezogen, die Bewohnerin ist kognitiv nicht in der Lage, das Hochziehen zu verweigern.

Heißt für mich fahrlässige Körperverletzung, was aber nicht bedeutet, dass das juristisch auch korrekt ist.

Gruß Doedl


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