"Warum darf ich nicht sterben?"

Bietet Pflegebedürftigen, Angehörigen, Mitarbeitern, ehrenamtlich Engagierten, Berufsbetreuern und allen die Zeuge von Verletzungen der Menschenwürde sind, die Möglichkeit darüber zu berichten sowie Rat und Unterstützung einzuholen. Positive Beispiele und Vorbildhaftes kann hier ebenfalls hervorgehoben werden.
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Marot
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Registriert: Mi 14. Mär 2012, 11:49

"Warum darf ich nicht sterben?"

Beitrag von Marot »

Hallo liebes Forum,
ich will mich kurz etwas vorstellen. Im Netz nennt man mich Marot , ich bin ende zwanzig und habe letztes Jahr die Altenpflege als meine neue große Liebe entdeckt. Nie zuvor habe ich eine Tätigkeit ausgeübt, die mir eine vergleichbare Befriedigung verschafft hätte. Ich gehe zur Arbeit (im Moment noch Teilzeit) kümmere mich um meine Bewohner und merke meistens gar nicht, wie die Zeit verstreicht. Wenn es dann so weit ist und ich Feierabend habe, bin ich völlig KO aber auch durch und durch glücklich. Es ist das warme Gefühl etwas sinnvolles, etwas schlicht weg Gutes getan zu haben. Nun ist es aber so, dass dieser Beruf alles andere als einfach ist. Neben der enormen körperlichen Belastung sind hohe emphatische Fähigkeiten und eine Menge Phantasie und Vorstellungsvermögen von Nöten und das ganze nebenher an den Wochenenden zu betreiben ist einfach nicht genug. Man kommt nicht tief genug in die Materie herein um den Bewohnern dauerhaft helfen zu können. Deshalb habe ich beschlossen jetzt noch einmal eine Ausbildung zu beginnen und das Ganze von der Pike auf zu lernen.
Eine so wichtige gesellschaftsprägende Tätigkeit will ich richtig können.
Ich fange im Mai also die Ausbildung an, aber das ändert nichts daran, dass ich jetzt schon viele Gedanken zum Beruf und seinen philosophischen Problematiken habe, die ich gerne mit jemandem besprechen würde.
Deshalb bin ich hier. Ich werde sicher auch einen Blog anfangen ( auch wenn ich mich da nicht so gut auskenne) aber die Forenwelt ist mir durch meine lange Tätigkeit auf gedichteforen vertrauter. Ich werde also meine Gedanken und Überlegungen regelmäßig hier posten und hoffe auf regen austausch.

Eine erste Frage will ich gleich zur Debatte stellen. Sie beschäftigt mich schon seit ich angefangen habe. Es handelt sich um den Umgang mit der Frage, die oft von alten Leuten gestellt wird und die mich jedes Mal ratlos zurück lässt.

„ Warum darf ich nicht einfach sterben?“

Möglichweise wurde das hier im Forum schon oft besprochen, dann verweise man mich bitte auf einen Link, wenn aber nicht dann jetzt mein Problem:
Was antwortet man auf eine solche Frage? Ich meine, sie ist an sich nicht völlig unberechtigt. Man hat es mit alten Menschen zu tun die sich teilweise nicht mehr bewegen können, oft noch dement sind und sich in ihren wenigen klaren Moment fragen, was das alles noch soll.
Wie reagiere ich darauf?
Ich kann schweigen und so tun als habe ich nichts gehört, diese Reaktion beobachte ich fast immer bei den Pflegekräfte, oder ich kann ein resolutes „ Das steht nicht in unserer Macht“ zurückgeben und auf Gott verweisen. Aber beide Reaktionen kommen mir wie Ausflüchte vor. Immerhin haben wir es hier mit einem hochemotionalen Ausbruch zu tun. Ein Mensch sagt nicht einfach so dass er sterben will, eine tiefe Unzufriedenheit treibt ihn, eine Verzweiflung am Leben und an sich selbst. Jemanden der so aus sich herausgeht, sich derartig offenbart einfach mit Schweigen oder Religion abzuspeisen scheint mir zu wenig zu sein.
Klar der religiöse Ansatz ist nicht unberechtigt und hat durchaus etwas für sich. Wenn es Gott gibt, ist es seine Sache, wann wir sterben und nicht unsere. Seine Pläne zu verstehen ist unsere Aufgabe sicher nicht. Aber jetzt mag der fragende alte Mensch nicht religiös sein, vielleicht glaubt er nicht an Gott oder Gottes Wille ist ihm in dem Moment des Leides schlicht egal. Er ist unglücklich und einsam und verzweifelt und will einen einfachen Ausweg aus seiner gefühlten Hölle. Dass Gott einen Plan hat, kann ihn nicht trösten.
Also was tun? Gehe ich drauf ein, versuche ich das Problem des leidenden Lebens philosophisch zu erörtern? In den meisten Fälle kann der alte demente Mensch diese Gedanken gar nicht mehr fassen, zumindest nicht so viele auf einmal, und der orientierte Mensch mag es eventuell nicht wollen. Lenke ich vielleicht lieber hab? Weise auf die schönen Dinge hin , versuche ich an die gute Vergangenheit zu erinnern? Oder Stimme ich vielleicht sogar zu, weil Zustimmung ja gerade bei dementen oft Einlassen auf die jeweilige Gedankenwelt bedeutet und Trost spenden kann. ( Mir ist völlig klar das dieser letzte Vorschlag höchst diskutabel und schwierig ist)

Wie geht ihr damit um, was sagt ihr diesen armen Leuten , wie helft ihr ihnen diese depressiven Gedanken , diesen allgegenwertigen Weltschmerz zu verarbeiten?

Liebe Grüße
Marot
Zuletzt geändert von Marot am Mo 19. Mär 2012, 13:25, insgesamt 1-mal geändert.



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Knöpfchen
Beiträge: 61
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AW: "Warum darf ich nicht sterben?"

Beitrag von Knöpfchen »

Hallo Marot,

das ist in der Tat ein schwieriges Thema, das du da ansprichst. Und eine Universallösung kenne ich leider auch nicht. Nur ein paar Anregungen:

Wenn demente Bewohner dir diese Frage stellen, könntest du versuchen, validierend darauf einzugehen, zumindest wenn du die Validation nach Naomi Feil anwendest, denn dort wird viel mit Fragen gearbeitet, und man soll dort auch polarisieren. So könntest du z.B. fragen "Was ist so schlimm, dass Sie nicht mehr leben wollen?" oder "Was ist das Schlimmste in ihrem Leben?" Selbst wenn du im Voraus schon meinst, dass dir die Antwort klar ist (Bewohner ist dement, kommt ohne Hilfe nicht mehr zurecht, bekommt kaum Besuch von den Angehörigen, ist inkontinent...), gibst du dem Bewohner so die Möglichkeit, seine Gefühle auszudrücken, und Gefühle, die man anderen mitteilen kann, werden schwächer.

Allerdings ist Validation - weder nach Feil noch nach Richard - in wenigen Sätzen zu erklären, geschweige denn schnell zu lernen. Aber wenn du die Ausbildung machst, wirst du sehen, dass es Teil des Lernplans ist.

Bei nicht-dementen Bewohnern kann ich aus meiner Erfahrung nur berichten, dass man nicht immer auf alles eine Antwort haben muss. Wenn diese Bewohner mir solche Fragen stellen, dann versuche ich durch vorsichtiges Fragen, dass sie mir mehr erzählen, was sie so sehr bedrückt, und sage, dass ich verstehen kann, dass es für sie unerträglich ist. Und ich sage auch ehrlich, dass ich ihnen keine Antwort geben kann, denn wie du schon selbst erkannt hast: selbst wenn ich meine, es zu wissen, heisst das noch lange nicht, dass es demjenigen in dieser Situation hilft. Und wenn man - gerade im religiösen Bereich - womöglich mit Floskeln kommt wie z.B. "Das entscheidet der liebe Gott, wann er uns erlöst" oder (sehr oft von meiner Oma gehört) "Unseren Feierabend gibt der Herrgott bekannt" , dann entsteht beim Bewohner schnell der Eindruck, dass man ihn gar nicht ernst nimmt und seine Sorgen abtut.

Bedenke aber bitte auch, dass sich im religiösen Bereich auch immer wieder am Ende des Lebens noch etwas umkehrt. Jemand, der bis dahin mit Religion, Kirche, Gott... nicht viel am Hut hatte, besinnt sich gerade jetzt vielleicht doch noch darauf, sucht Antworten, sucht Kontakt zu Seelsorgern o.ä. Genauso können Menschen, die bisher eigentlich immer fest im Glauben standen, auch plötzlich ins Zweifeln kommen, alles in Frage stellen. Also bitte nicht denken, Fr. X wollte bisher nichts von Religion wissen, dann brauch ich ihr damit nicht zu kommen, oder Hr. Y ist sehr religiös und alles, was ich ihm antworte, muss dann auch einen religiösen Bezug haben.

Ich bin ziemlich erledigt heute und kann, glaube ich, nicht mehr alles genau so ausdrücken, wie ich es im Kopf habe, aber ich wollte die Gedanken heute noch loswerden. Vielleicht ist es ja zumindest eine kleine Hilfe.

LG Knöpfchen



Marot
Beiträge: 5
Registriert: Mi 14. Mär 2012, 11:49

AW: "Warum darf ich nicht sterben?"

Beitrag von Marot »

Ich danke für diese differenzierte Antwort. Validation hatte ich komischerweise hier gar nicht auf dem Schirm. Gerade die Technik der Übertreibungsfrage, die du ja vorschlägst, scheint mir sinnig. Allerdings tut sich für mich hier dann doch die Frage auf, ob das Herumbohren im eigenen Elend wirklich immer sinnvoll ist. Ich meine, für einen Menschen, der seine eigenen Gefühle selten verbalisiert, ist es sicher befreiend durch diese Frage eine Plattform bereitet zu bekommen, auf der er jetzt die angestauten Gefühle freisetzten kann, aber wie ist das bei jemandem der ständig im eigenen Elend badet. Es gibt ja durchaus Menschen, die dieses Elend zu ihrer Hauptbeschäftigung machen, die sich nur noch mit ihrem Leiden und ihren Wehwehchen beschäftigen und daraus den Schluss ziehen sterben zu wollen. Diese mit validierenden Fragen zu füttern scheint mir eher unproduktiv. Währe da dann Ablenkung oder positive Anregung sinnig? ( eben zum bespiiel Erinnerung an Gutes)
Aber du sagtest ja selbst deine Anregungen sind eben dass und keine Universallösungen. Wahrscheinlich muss man einfach wach sein und den gegenüber einschätzen lernen.
Hm, Fragen über Fragen, ich danke dir jedenfalls sehr für deinen Beitrag er hilft mir weiter.
Liebe Grüße
Marot



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Monchichi
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AW: "Warum darf ich nicht sterben?"

Beitrag von Monchichi »

Hi Marot,

ja das kennen wir wohl alle.Ich nehme den alten Menschen in den Arm und frage direkt nach,warum dieser sterben möchte(Wichtig:In gleicher Augenhöhe mit dem Bew. sprechen,hinsetzen,evtl die Hand nehmen).
Vielleicht gibt es etwas,worunter er leidet,vielleicht kann man helfen,seine Lebensqualität zu erhöhen.
Wenn es da nichts gibt,lasse ich den Menschen erzählen aus seinem Leben,frage auch nach,was derjenige denkt,ob es nach dem Tode ein Leben gibt,was einen da erwartet,ob er glaubt,von verstorbenen abgeholt zu werden.
Frage nach Wünsche,Ängste,Sorgen bzl. dem Thema sterben/Tod.

Eine erzählte mir,wie ihre Beerdigung ablaufen wird,sie hatte alles im voraus geplant und das war sogar ein ziemlich lustiges Gespräch,wobei wir viel gelacht haben.

Mit den meisten kann man ziemlich offen darüber reden,die Bew. sind da sehr dankbar dafür,erlebe es auch mitunter,das Angehörige sich wundern,was die mir erzählen,wo dann gesagt wird,Mensch,das hat die mir nie erzählt oder sagen"Wenn ich frage,ich kriege keine Antwort"etc.-das hatte ich letztens--nach einer Aussegnung kamen wir darüber ins Gespräch,daß die alte Dame das Thema bei der Familie ausklammerte und ich wußte da ganz viel-vermutlich wolllte sie ihre Familie mit dem Thema nicht belasten...

Die Angehörigen waren dann aber sehr dankbar von mit zu erfahren,daß sie zufrieden mit allem war,daß es nichts mehr zu regeln gab,daß sie keine Angst vor dem sterben,vor dem Tod hatte,daß sie dies herbeigesehnt hat,Tag für Tag,einfach weil sie beschlossen hatte-es ist gut jetzt,mir reicht es---die Angehörigen redeten dann immer,Du mußt so und so alt werden und das schaffst Du auch noch :) .
Nein,das war nicht ihr Ziel...

Was man sagt,in welche Richtung das Gespräch geht,da muß man seiner inneren Stimme folgen und individuell entscheiden.

LG,Monchi


"Du bist wichtig, weil du du bist und wir werden alles für dich tun, damit du nicht nur in Frieden sterben, sondern leben kannst bis zuletzt"Cicely Saunders

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*Angie*
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Beruf: Mensch & ex. AP

AW: "Warum darf ich nicht sterben?"

Beitrag von *Angie* »

Hallo Marot,
bitte nimm das, was ich Dir schreibe nicht als "böse gemeint" auf, sondern als Anregung zum Nachdenken.
Währe da dann Ablenkung oder positive Anregung sinnig? ( eben zum bespiiel Erinnerung an Gutes)
Ein klares und großes NEIN.

Wen willst Du da ablenken ;o)? ... gar Dich selbst?
Hast Du mal darüber nachgedacht, dass vielleicht Du selber mit dem Thema noch gar nicht umgehen kannst und nach einer Lösung suchst, diesem unangenehmen Thema irgendwie zu entkommen, wenn der Bewohner es anspricht?

Aus meiner Arbeit im Hospiz weiß ich, dass viele bis alle Menschen irgendwann an einen Punkt kommen, wo sie diese Fragen stellen - sich ENDLICH trauen, zu verbalisieren worüber sie sich Sorgen machen und worüber sie nachdenken.
Und wenn sie sich ENDLICH trauen - was ihnen sicher nicht leichtfällt -
willst Du sie ablenken??? Denkst Du, damit würden sie sich in ihrer Not ernstgenommen fühlen? Ich denke nicht.
Sie würden gezeigt bekommen, dass auch "hier" kein Raum für ihre Angst
und ihre Gedanken ist und sie allein damit fertig werden müssen.
Das aber gerade wollen wir doch nicht!?

Wäre es nicht ehrlicher, Du würdest Dich zu ihnen setzen, ihre Hand nehmen und ihnen sagen, dass Du ihre Not verstehen kannst, weil Du selber auch manchmal darüber nachdenkst - aber dass auch Du nicht weißt, wie es sich anfühlt, wie es sein wird und ob da noch etwas kommt? Und dass Du aber berechtigt hoffst, dass da noch was Schönes kommt, weil Du schon (wenn es denn so ist ... bei mir ist es so) so viele Menschen gesehen hast, die ein Lächeln im Gesicht hatten oder einfach nur friedlich aussahen?

Sterbende nennen "die Dinge" oft entwaffnend ehrlich beim Namen.

Empathie wäre hier wichtig, zeigen, dass ihre Fragen wichtig und berechtigt sind - dass Traurigkeit und all diese Gedanken ihre Berechtigung haben und SEIN dürfen.
Der Mensch verliert schließlich sein Leben und alles was ihm wichtig war und ist. Entgegen zu denen, die mit dem Tode dieses Menschen EINEN Menschen verlieren, verliert dieser Mensch ALLE, ALLES und nicht zuletzt sein Leben - trägt also viele viele Abschiede in sich, mit denen er fertig werden muss.

Und irgendwann - ja: dann kannst Du langsam einlenken und die Dinge die schön waren und noch sind mit ins Gespräch fließen lassen und dem Menschen etwas Mut machen, dass ja vielleicht MORGEN wieder ein besserer Tag ist, an dem er sich wohler fühlt als heute - und dass Du ihm genau das wünscht.

Und wichtig wäre auch noch, da dieser Mensch ja zu DIR besonderes Vertrauen zu haben scheint, ihm zu sagen, dass er Dich immer, wenn ihm danach ist und Du im Dienst bist, ansprechen darf und Du versuchst, die Wegstrecke so gut wie möglich gemeinsam mit ihm zu meistern.

LG, Angie
Zuletzt geändert von *Angie* am Do 12. Apr 2012, 00:39, insgesamt 1-mal geändert.


» Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich. Man wird ja auch kein Auto, wenn man in einer Garage steht. « (Albert Schweitzer)

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johannes
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AW: "Warum darf ich nicht sterben?"

Beitrag von johannes »

Hallo Marot, vielleicht kannst Du auch meinem Bericht, den ich anläßlich des Todes eines unserer Bewohner verfasst habe, Anregungen entnehmen. Hier der Bericht:
Als Martha hörte, dass Jesus auf dem Wege zu ihnen war, lief sie ihm entgegen. Maria aber blieb zu Hause.

Traurig sagte Martha zu Jesus: „Herr, wärst du hier gewesen, würde mein Bruder noch leben. Aber auch jetzt weiß ich, dass Gott dir alles geben wird, worum du ihn bittest.“

„Dein Bruder wird wieder leben!“ versicherte ihr Jesus.

„Ja, ich weiߓ, sagte Martha, „am letzten Tag, am Tag der Auferstehung.“

Darauf erwiderte ihr Jesus: „Ich bin die Auferstehung, und ich bin das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, selbst wenn er stirbt. Und wer lebt und an mich glaubt, wird niemals sterben. Glaubst du das?“

„Ja, Herr“, antwortete ihm Martha, „ich glaube, dass du Christus bist, der Sohn Gottes, auf den wir so lange gewartet haben.“
Johannes 11,20 – 27


Wir haben uns heute hier eingefunden, um Abschied zu nehmen von Herrn V. G.

Herr G. wurde am ......1927 in Michelstadt im Odenwald geboren. Am Sonntag, den ......2006 wurde er so, wie er es sich immer gewünscht hat, aus dem Leben gerufen. Am frühen Sonntagmorgen fanden wir ihn vor dem Fernseher sitzend, als wenn er schliefe.

Seine Kindheit verbrachte Herr G. in Michelstadt und studierte anschließend in Jugenheim und Darmstadt. Herr G. war von 1952 bis 1973 verheiratet. Aus seiner Ehe gingen drei Kinder hervor, ein Sohn und zwei Töchter sowie fünf Enkelkinder.
Herr G. war bis 1963 an verschiedenen Volksschulen als Lehrer tätig. Nicht immer verstehen wir die Wechselhaftigkeit des Lebens. Wir sehen häufig nur ihre Auswirkungen. Nicht alles ist eitel Sonnenschein. So auch im Leben des Herrn G. Schließlich konnten doch wieder zerbrochene Kontakte hergestellt werden.

Herr G. kam zu uns als erster Bewohner des Hauses Maranatha. Sein Schicksal hatte wohl so viel Aufsehen erregt, dass selbst die Rhein-Neckar-Zeitung darüber berichtete. Mit der neu gewonnenen Orientierung verbesserte sich sein Leben soweit, dass er das Pflegeheim verlassen konnte und wieder ein eigenes Zuhause bekam.

Er freute sich seines „neuen“ Lebens, vor allem, dass seine Tochter ihn hin und wieder besuchte, dass er noch einmal sein Elternhaus sehen konnte. Sein Leben wurde erfüllt mit langen Spaziergängen rund um Heddesbach. Am Samstag ließ sich Herr G. zu seiner Wohnung fahren. Seine letzten Worte waren: „Ich spüre meine 78 Jahre!“ So ist er von uns gegangen.

-

Wir lieben das Leben. In vollen Zügen wollen wir es genießen. Mit beiden Händen halten wir es fest. In jedem Menschen liegt der unbändige Wunsch, das Leben zu meistern. In Krankheitstagen ist der Wille zum Leben der Motor, dass wir wieder genesen. Selbst oder gerade dann, wenn uns der Arzt diagnostiziert, dass wir eine tödliche Erkrankung haben, wird dieser Lebenswille übermächtig und wir kämpfen mit allen Mitteln gegen die Erkrankung an.

Ist es nicht seltsam? Wir reden die länge und die breite über unsere und die Krankheiten unserer Bekannten frei und ungezwungen. Krankheiten und Wetter sind die Standardthemen vieler Unterhaltungen. Wir sind entsetzt, wenn wir vom Tod eines Nachbarn oder Angehörigen erfahren. Wir wissen wohl, dass wir sterben müssen, aber wahrhaben wollen wir es nicht. Und doch werden wir von der Frage um Tod und Sterben mehr bedrängt, als wir uns oft eingestehen wollen.

Wie oft ertappen wir uns dabei, dem Tod auch noch etwas Selbstverständliches, Natürliches abgewinnen zu wollen, wo wir ihn schließlich nicht verhindern können? Alle Kreatur fürchtet sich vor dem Tod und doch suchen wir nach einer Rechtfertigung für ihn. Ist es deshalb, weil wir mit dem scheinbar Unabänderlichen sonst nicht zurechtkommen? Ist es deshalb, weil wir sonst die Frage nach dem Sinn allen Lebens stellen müssten in dem Wissen, dass wir keine Antwort dafür haben?

Immer wieder stehen wir hilflos und fassungslos vor dem Tod. Sei es, wenn Kinder in einem sinnlosen Krieg ihr Leben verlieren. Sei es, wenn ein Mensch gerade eine schwere Krankheit überstanden hat und auf dem Weg zur Besserung ist. Sei es, wenn durch Naturkatastrophen Hunderttausende ihr Leben verlieren. Der Tod bleibt immer der Sieger. So scheint es jedenfalls.

Doch halt! Es scheint so – auf den ersten Blick! Wir haben dabei die Rechnung ohne Gott gemacht.

Als Gott den Menschen schuf, hat er ihn für das Leben bestimmt, weil er selbst das Leben ist. Der Tod war nicht vorgesehen. Auch nicht seine Vorboten, die Krankheit, das Altern und Welken. Diese sind erst in das Leben der Menschen – und damit in das Leben aller Geschöpfe – eingetreten, als der Mensch sich von der Quelle des Lebens, von Gott, losgesagt hatte.

Wie viel versteckte Angst wir vor dem Tode haben erkennen wir unter anderem daran, dass wir es meisterhaft verstehen, ihn aus unserem Bewusstsein zu verdrängen. Ob das in Umschreibungen geschieht, die den Tod harmlos erscheinen lassen oder dadurch, dass er ins Krankenhaus, das Pflegeheim, das Hospiz verlagert wird. Um die ganze Trostlosigkeit nicht über sich zusammenbrechen zu lassen, greifen wir sogar zum Mittel der Verherrlichung des Todes.

Ganz anders Jesus. Betrachten wir die Begebenheit um den Tod des Lazarus einmal von einem etwas früheren Zeitpunkt als unserem Eingangswort. Dort wird uns beschrieben, dass Lazarus schwer erkrankt war und seine Schwestern nach Jesus schickten um ihm dies mitzuteilen. Sie hofften, dass Jesus schnell kommen würde und ihren Bruder, der ein Freund Jesu war, wieder gesund machen würde. Das hat er doch schon so oft gemacht. Warum also nicht auch bei Lazarus.

Weder heilte Jesus seinen Freund durch ein Wort, wie er dies schon bei dem Diener eines römischen Offiziers gemacht hatte, noch hatte er es besonders eilig, zu seinem Freund zu kommen, um ihm die Hand aufzulegen. Nein, Jesus wartet, bis Lazarus gestorben war und teilte dann seinen Freunden mit, wie es um ihn stand. Er bezeichnete den Tod des Lazarus als einen Schlaf. Warum ließ er sich so viel Zeit? Später erfahren wir, dass Jesus schließlich in Bethanien eintraf – als Lazarus bereits vier Tage im Grabe lag.

Welchen Grund hatte Jesus, solange zu warten? Wer dort in Palästina bereits vier Tage im Grabe lag, hatte bereits begonnen, zu verwesen. Jesus kündigte an: „Durch diese Krankheit soll die Macht Gottes sichtbar werden und der Sohn Gottes verherrlicht werden.“ (Joh. 11,4) Der Tod ist also nicht der letzte Sieger in dieser Welt! Auch der Tod findet seinen Bezwinger. Dieser Bezwinger des Todes ist Jesus Christus!

Zweifler und Kritiker Jesu konnten bei der Erweckung des Jünglings zu Nain oder der Tochter des Jairus vielleicht noch Zustimmung finden, dass die Erweckungen nur vorgetäuscht waren. Bei Lazarus war das nicht mehr möglich. Selbst seine Feinde machten dies deutlich, als sie sich zuflüsterten: „Einen Blinden hat er sehend gemacht. Hätte er nicht verhindern können, dass Lazarus starb?“ (Joh. 11,37)

Da sind sie, die anklagenden Worte der Menschen. Immer wieder werden sie vorgebracht. Nicht nur damals. Wir können das heute genau so gut. Kennen wir nicht ebenso diese vielen Warum-Fragen, die sowohl von gläubigen wie ungläubigen Menschen gestellt werden? „Warum konnte Gott die Kreuzzüge, den Dreißigjährigen Krieg, den ersten und den zweiten Weltkrieg, Hiroshima, das Massensterben in den Konzentrationslagern mit den unvorstellbaren Gräueln nicht verhindern? Warum lässt Gott die vielen Kriege der Neuzeit zu? Hat Gott keinen Sinn für die vielen tausend Menschen, die in Erdbeben und Flutwellen umkommen?“

Wenn wir so fragen, klagen wir Gott an und machen ihn für alles verantwortlich: „Angeklagter, Gott, wie kannst du das alles zulassen? Warum schweigst du?“

Wer so fragt, fragt falsch! Er fragt zwar nach dem Warum, ohne aber nach einer wirklichen Antwort zu suchen. Der Unterton in der Frage selbst soll schon Antwort sein: „Es gibt keinen Gott, schon gar keinen Gott der Liebe, sonst könnte es nicht all das furchtbare Geschehen geben.“ Weil wir uns aber unserer Sache doch nicht so sicher sind, erfinden wir ständig neue Warum-Fragen, um uns gleichsam selbst einzureden, Gott kann es nicht geben.

Lassen wir uns auch nicht von jenen täuschen, die den Tod nur als das Ergebnis eines chemischen Zerfallsprozesses betrachten. Als solchen kann man den Vorgang des Sterbens genau beobachten und wissenschaftlich auswerten. Der menschliche Organismus verfällt durch jahrzehntelangen Verschleiß oder im Abwehrkampf mit Krankheitserregern und eines Tages hört das Herz auf zu schlagen. Nimmt es da Wunder, wenn allenthalben versucht wird, jene Gene zu entschlüsseln, die für das Altern und schließlich den Tod verantwortlich zeichnen sollen?

Ist der menschliche Organismus etwa mit einer Maschine vergleichbar, die gepflegt, gespeist und manchmal überholt werden muss, wenn sie lange in Betrieb war? Die schließlich ausrangiert wird, wenn sie verbraucht ist? Warum folgen wir dann nicht dem Motto derer, die da sagen: „Lasst uns essen und trinken; morgen sind wir sowieso tot!“? Mit derartigen Gedanken über den Tod kann man nur auskommen, solange uns der Tod in Ruhe lässt. Steht er aber vor uns selber, bricht unser Gleichmut wie ein Kartenhaus zusammen.

Ist das etwa alles am Tod? Wenn dem so wäre, warum wagt man dann so oft nicht, einem Sterbenden zu sagen, was für ein natürlicher Vorgang ihm bevorsteht? Warum dann Verschleierung und Ablenkungsmanöver? Warum nimmt man den Tod dann nicht als etwas Selbstverständliches hin? Wenn der Tod „natürlich“ ist, ist das Aufbäumen dagegen doch höchst „unnatürlich“! Warum dann die Angst vor dem Tod, das verzweifelte Anklammern an das Leben, das selbst bei jenen zu finden ist, die sich ihr Leben lang mit rein sachlichen Aussagen über den Tod begnügten?

Es gibt auch solche, die den Tod als Befreier feiern. Er befreit eine imaginäre Seele aus dem Gefängnis des Körpers. Er ist ihnen der Übergang in ein glücklicheres Leben. Der Tod nimmt uns nichts, sondern gibt uns etwas – den Übergang in ein besseres Leben. Sie machen den Tod zu einem Paradiesbringer für den müden Menschen, zum Erlöser. Unversehens wird der Tod in Leben umgefälscht. Sein Ernst und seine Gerichtsbarkeit werden ihm genommen. Er ist ihnen der Ersatz für den Erlöser Jesus Christus.

Ja, Jesus hätte verhindern können, dass Lazarus starb. Er hätte den Tod des Lazarus auch verharmlosen können. Aber er wollte nicht! Hier und heute sollte die Macht Gottes auch über den Tod sichtbar werden. Kein Leugner sollte mehr ein Argument in der Hand haben, sich ganz auf Gott zu verlassen. War es nicht die Schlange, die dem Menschen eingeredet hat, dass er Gott nicht braucht, um zu leben? Die Wirklichkeit ist eine andere. Der Tod ist der letzte Feind des Menschen. Er nimmt, zerstört, bricht Herzen und raubt die Besinnung, er gaukelt etwas vor, das es nicht gibt. Mit all dem räumt Jesus auf.

Martha hat er es als erster gesagt:

„Dein Bruder wird wieder leben!“ versicherte ihr Jesus.

Mit dem Tod ist nicht alles vorbei. Es gibt einen Neuanfang! Keinen Übergang in eine bessere Welt – einen Neuanfang! Was der Mensch Adam zerstört hat, wurde mit Jesus Christus wieder hergestellt. Das Vertrauensverhältnis zu Gott. Wie viel Trost liegt in diesen wenigen Worten:

„Dein Bruder wird wieder leben!“

Keine Angst mehr, keine Verzweiflung, kein Bangen mehr. Auch wenn wir es uns nicht vorstellen können. Gott handelt manchmal schneller, als wir erwarten. Martha wusste von der Auferstehungshoffnung am Jüngsten Tage. Wurde sie doch seit Jahrtausenden immer wach gehalten. Vor allem in ihrem Volke. Alle Propheten sprachen davon. Und diese Hoffnung brachte sie zum Ausdruck mit ihren Worten:

„Ja, ich weiߓ, sagte Martha, „am letzten Tag, am Tag der Auferstehung.“

Aber war das nicht nur eine Vertröstung auf die Zukunft? Sie rechnete nicht damit, dass Jesus sofort handeln würde. Bisher hatte man nur von wenigen gehört, die wieder ins Leben zurück fanden. Und auch diese waren schließlich gestorben. Die Erfüllung dieser Hoffnung sollte noch auf sich warten lassen. Jesus macht Martha aber klar, dass sie heute etwas erleben soll, das nach ihrer Vorstellung erst in ferner Zukunft Wirklichkeit werden soll.

„Ich bin die Auferstehung, und ich bin das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, selbst wenn er stirbt. Und wer lebt und an mich glaubt, wird niemals sterben. Glaubst du das?“

Die Verheißung an Adam und Eva ist Wirklichkeit geworden. Der Retter aus der Verlorenheit ist da. Der Herr des Lebens selbst steht vor ihr. Vertrauen in ihn ist die Grundlage für ein ganz neues Lebensgefühl. Wir leben nicht mehr auf den Tod hin. Die Ewigkeit ist das neue Ziel. Statt Traurigkeit herrscht Freude. Statt Trauer der Friede. Keine Rede mehr vom Ende des Lebens. Neues Leben erwächst nicht aus dem Tod, wie so mancher uns heute glauben machen will. Es quillt aus der Beziehung zu Jesus Christus, der den Tod besiegt hat.

„Ich bin die Auferstehung, und ich bin das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, selbst wenn er stirbt. Und wer lebt und an mich glaubt, wird niemals sterben. Glaubst du das?“

Neuanfang ist das Motto eines Menschen, der Jesus Christus gefunden hat. Dieser Neuanfang ist losgelöst vom Tod. Er beginnt mit dem Glauben an Jesus Christus. Niemand wird ausgeschlossen bei diesem Neuanfang. Für alle jene, die bereits gestorben waren, sagt Jesus, dass er die Auferstehung ist. Sie sind nicht ohne Sinn gestorben. Sie haben nicht ohne Sinn gelitten. Und für alle Lebenden gibt er die Zusicherung, das Leben zu sein. Damit wird deutlich, dass das Leben weit über das hinausgeht, was wir hier und jetzt erleben.

Jesus schlägt die Brücke über das Diesseits hinaus in die Ewigkeit. Leben heißt Gemeinschaft mit Gott – bereits vor dem Tod und über den Tod hinaus. Aber er zeigt uns noch mehr. Das, was wir mit dem Sterben eines Menschen erleben ist nicht das entscheidende Ereignis. Weit tragischer in seiner Auswirkung ist die Loslösung von Gott. Jesus sagt:
„Ich bin das Leben“.

Die Schlange wollte dem Menschen weismachen, dass Leben ohne Gott möglich ist. Einen Vorgeschmack von dieser Lüge erhält der Mensch seitdem durch Krankheit, Altern und Tod, die uns auf Schritt und Tritt begleiten. Leben aus sich selber kann der Mensch nicht erlangen. Alle Versuche in diese Richtung sind bisher fehlgeschlagen. Ob wohl jene Menschen, die sich vor Jahren in den USA haben einfrieren lassen, wieder lebendig werden, wenn sie aufgetaut werden? Ob unsere Wissenschaftler wirklich ein „Lebensgen“ entdecken, dass uns ewiges Leben von eigenen Gnaden beschert?

Schon ein Pharao fragte: „Wer ist der Gott, dem ich gehorchen müsste?“ Wo ist er geblieben? Immer dann, wenn Menschen meinten, in die Natur eingreifen zu müssen, richteten sie mehr Schaden an, als dass sie Nutzen hervorbrachten. Ob sich das wohl je ändern wird? Ich denke, an Jesus Christus kommen wir nicht vorbei, wenn wir den Tod besiegen wollen. Er ist das Leben und er kann es verschenken. Wir müssen dieses Geschenk nur im Glauben annehmen. Nicht Leistung wird von uns verlangt, sondern einfach Vertrauen.

Dann wird auch der Tod keine Macht mehr über uns haben. Martha hat sich entschieden.

„Ja, Herr“, antwortete ihm Martha, „ich glaube, dass du Christus bist, der Sohn Gottes, auf den wir so lange gewartet haben.“

Die Erwartung der Jahrhunderte, der verheißene Retter ist da. Endlich! Wie viel Vertrauen spricht aus diesen Worten. Ein gläubiger Mensch stirbt anders als ein ungläubiger Mensch. Das wurde in der Vergangenheit immer wieder beobachtet. Liegt es daran, dass der Gläubige eine Gewissheit hat, die dem Ungläubigen fehlt? Liegt es daran, dass der Ungläubige seinen Träumen hinterherläuft in der Ungewissheit? Wer ist schon zurück gekommen aus der vermeintlichen „besseren“ Welt nach dem Tod, die er sich ausgemalt hat?

Christus hat Tote auferweckt. Er hat den Beweis geliefert, dass er Herr des Lebens ist. Selbst seine Widersacher mussten seine Fähigkeiten neidvoll eingestehen. Er selbst ist auferstanden von den Toten. Seine Feinde mussten zu Bestechungsmitteln greifen, um seine Auferstehung in Frage zu stellen. Es ist ihnen nicht gelungen. Der Auferstandene ist mehr als 500 Menschen begegnet, bevor er in den Himmel fuhr. Jesus brachte uns die Zeitenwende. Während vor seinem Leben alles in Richtung Tod und Vergänglichkeit zeigte, zeigt seit seinem Erdenleben alles in Richtung Leben.

Millionen von Menschen schöpfen wieder Hoffnung, wo eigentlich Hoffnungslosigkeit zu erwarten war. Er gibt Millionen die Gewissheit der Auferstehung. Mit Jesus Christus beginnt das neue Leben! Dieses Angebot gilt allen Menschen.

Was machen wir mit dem Angebot Gottes?


Ein Mensch existiert nicht - er lebt!
Keiner ist so blind wie der, der nicht sehen will.
Ich vertrete nicht immer die herrschende Meinung - aber ich habe eine Meinung!
Einer sucht für ein Problem eine Lösung - ein Anderer sucht für eine Lösung ein Problem

nein
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AW: "Warum darf ich nicht sterben?"

Beitrag von nein »

Also ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Leute von dieser Frage wegkommen wenn man Ihnen Ihre Erfolge (solange diese Vorhanden sind) aufzeigt. Wir hatten z.B. eine Dame die aufgrund eines Bruches nichtmehr laufen konnte... außerdem hatte Sie MRSA (für 1-2 monate weiß nichmehr genau). Zu dieser Zeit stellte sie häufig diese Frage... Ich habe sie motiviert, z.B. gesagt, dass Sie nicht die einzige ist die das hat, wir kriegen das wieder hin und ihr vor die Augen geführt was Leben bedeutet und welche Möglichkeiten Sie nach der Abheilung noch hat. Inzwischen kann die Dame wieder gehen und bekommt wöchentliche KG, MRSA ist natürlich auch weg... Jetzt sage ich zu ihr "Wissen Sie noch dass sie vor einigen Monaten noch sterben wollten?" Meinen Sie nicht das war zu voreilig? und Sie stimmt mir immer wieder zu und ist froh, dass Sie nicht aufgegeben hat!



Stupsi
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AW: "Warum darf ich nicht sterben?"

Beitrag von Stupsi »

Das mag vieleicht in diesem Falle funktioniert haben, aber viele Menschen die diese Frage stellen befinden sich in einer Aussichtslosen Situation , in der es lächerlich zu sagen wäre : " Das kriegen wir wieder hin "
Und wenn ich voller Metastasen bin oder voll mitbekomme das ich an Demenz erkranke und es immer weiter fortschreitet interessieren mich meine Erfolge doch meist herzlich wenig :-/
Trotzdem schön das einige noch die Eigenschaft haben zu motivieren ... wenn es angebracht ist ansonsten : Ernst nehmen und authentisch bleiben und vorallem ehrlich
LG


Wenn du wüsstest was ich denke, wäre das Gespräch längst beendet

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doedl
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AW: "Warum darf ich nicht sterben?"

Beitrag von doedl »

Hallo Alle

wir werden unser Leben lang mit Veränderungen konfrontiert; immer müssen wir uns auf die Situation einstellen und für uns entscheiden, ob wir unserem Leben noch Wert beimessen.

Alter bedeutet auch- Einschränkungen in vielen Bereichen, Verluste von sozialer Beziehung, vielleicht sogar Schmerzen, unheilbare Erkrankung usw.

Die Frage: warum grad ich, was soll ich noch ertragen, warum darf ich nicht sterben ist m. E. keine Frage an den Gegenüber; deshalb ist es wohl so schwierig, darauf angemessen zu reagieren.

Der Mensch stellt sich in diesem Moment die Frage der Sinnhaftigkeit seines Lebens. Sinn für andere finden kann wohl keiner; aber dem anderen signalisieren, dass man seine Sorge ernst nimmt, das geht.

Ich überlege gerade, wie ich mich verhalten würde (habe); es hängt wohl stark davon ab, wie gut ich die Person kenne, wie meine Beziehung zu demjenigen ist. Verallgemeinernd würde ich so vorgehen:

Rückfrage- geht es Ihnen (heute) so schlecht? Kann ich etwas tun, dass es Ihnen ein bißchen besser geht? Damit habe ich Anteil genommen, Hilfsbereitschaft signalisiert, die Möglichkeit für ein tiefer gehendes Gespräch eröffnet.

Gruß Doedl


Wir müssen die Änderung sein, die wir in der Welt sehen wollen- Mahatma Gandhi

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